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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 1. Februar 1994, Zl. MA 64-PB/212/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. März 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 19.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von eineinhalb Stunden für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragsteller eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Verwaltungsverfahren damit, daß sie im 1. Bezirk zwei Fotogeschäfte betreibe und ab Anfang 1994 eine weitere Filiale im 1. Bezirk eröffne. Im
9. Bezirk habe sie eine weitere Betriebstätte, wo auch eine Ausarbeitungsmaschine stehe und sich das Warenlager befinde. Da sie Expreßausarbeitungen und Einstundenservice anbiete, sei es erforderlich, das Fahrzeug jederzeit einsatzbereit vor den Geschäften zu haben, um die Abholung und die Zustellung rasch durchführen zu können. Es sei auch notwendig, von diversen Firmen Ware abzuholen. Mit dem Fahrzeug würden täglich zwei oder auch mehr Fahrten durchgeführt, es würden Videokameras, Projektoren, Filme, Spiegelreflexkameras und Ausarbeitungen transportiert und die Parkzeit zwischen den einzelnen Fahrten betrage mehr als eineinhalb Stunden. Es komme zu einem Warenaustausch zwischen sämtlichen von ihr betriebenen Filialen, dies sei deshalb erforderlich, weil die Hochwertigkeit der von ihr vertriebenen Waren es nicht erlaube, in jeder Filiale entsprechende Lager zu halten.
Die Beschwerdeführerin ist zunächst damit im Recht, daß dem Umstand, daß sie vor Inkrafttreten der flächendeckenden Kurzparkzone eine längere Parkplatzsuche bzw. eine Abstellung des Fahrzeuges an einem vom Geschäft weiter entfernten Abstellplatz habe in Kauf nehmen müssen, keine entscheidende Bedeutung für die Abweisung des gegenständlichen Antrages haben kann. Abgesehen davon, daß bei Geltung einer Kurzparkzonenregelung erfahrungsgemäß leichter Parkplätze zu finden sind, ist dies aber kein tragendes Begründungselement des angefochtenen Bescheides (arg.: "Vorerst ist darauf hinzuweisen ...").
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist an das Erfordernis des erheblichen wirtschaftlichen Interesses im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO 1960 ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279). Wenn daher die belangte Behörde in Anwendung dieses Grundsatzes die Beschwerdeführerin darauf verwies, daß sie ihr Fahrzeug auch dann jederzeit zur Verfügung hätte, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu ihren Filialen in einer der zahlreich vorhandenen Innenstadtgaragen einen Abstellplatz miete, entspricht dies der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Daß es die belangte Behörde in ihrer Begründung unterlassen hat, darauf hinzuweisen, welche Garage für die Beschwerdeführerin am günstigsten erreichbar sei und über ausreichend Parkraum verfüge, vermag ebenso keinen Verfahrensfehler zu begründen, wie eine Auseinandersetzung damit, ob es der Beschwerdeführerin als Frau zumutbar wäre, "in diesen normalerweise nur mit Notbeleuchtungen ausgestatteten Parkgaragen äußerst wertvolle Waren zum Geschäftslokal bzw. von diesem zurück zu transportieren". Ohne näher darauf einzugehen, daß und in welchen Garagen "Frauenparkplätze" vorhanden sind, ist es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes einer Geschäftsfrau (die ein Unternehmen mit mehreren Filialen zu organisieren in der Lage ist) zuzumuten, ihren Parkplatz so zu wählen, daß die umschriebenen Gefahrenquellen möglichst gering gehalten werden.
Die Beschwerdeführerin verweist schließlich auf ein Rundschreiben des amtsführenden Stadtrates für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Verkehr und des Bezirksvorstehers vom 1. März 1993 und versucht daraus abzuleiten, daß der Zweck des "Kurzparkverbotes" darin bestehe, den Warenverkehr in der Innenstadt zu erleichtern und den Gewerbebetreibenden eine bestmögliche Versorgung mit Parkplätzen zu gewährleisten. Da auch ein derartiges Rundschreiben kein subjektives Recht der Beschwerdeführerin zu begründen vermag, hat die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung zu Recht verneint.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020113.X00Im RIS seit
12.06.2001