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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art18 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/02/0171Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des C in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Mai 1993, Zl. UVS-01/19/00068/93 (hg. Zl. 94/02/0170), und vom 7. Juni 1993, Zl. UVS-01/11/00087/93 (hg. Zl. 94/02/0171), beide betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er befand sich seinen Angaben zufolge seit September 1992 in Österreich und war im Besitz eines bis 30. September 1993 gültigen Sichtvermerkes.
Am 23. April 1993 wurde er wegen Verdachtes der Beteiligung an Suchtgiftdelikten festgenommen. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. April 1993 wurde gegen ihn gemäß § 41 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) die Schubhaft verhängt.
Mit dem erstangefochtenen (fälschlich als Berufungsbescheid bezeichneten) Bescheid der belangten Behörde vom 12. Mai 1993 wurde die auf § 51 FrG gestützte Beschwerde vom 7. Mai 1993 als unbegründet abgewiesen. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1993 wurde eine - nicht im vorgelegten Verwaltungsakt erliegende - Schubhaftbeschwerde insoweit als unbegründet abgewiesen, als sie "sich gegen die noch andauernde Schubhaft ab dem 13. Mai 1993 bis zum Tage der Bescheidausfertigung richtet"; die Freiheitsentziehung durch die anhaltende Schubhaft wurde insoweit für rechtmäßig erklärt.
(Der Beschwerdeführer wurde der Aktenlage nach am 19. Juni 1993 nach Nigeria abgeschoben, ist in der Folge abermals - unter falschem Namen - nach Österreich eingereist, wurde wegen eines Suchtgiftdeliktes rechtskräftig verurteilt und nach Verbüßung der Haftstrafe neuerlich abgeschoben).
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 28. Februar 1994, B 1159, 1160/93, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und mit weiterem Beschluß vom 11. April 1994 die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend und beantragt deren kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet die Rechtmäßigkeit der gegen ihn verhängten Schubhaft, weil er an seiner Wohnadresse polizeilich gemeldet gewesen sei. Er sei auch im Besitz eines bis 30. September 1993 gültigen Sichtvermerkes gewesen.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. April 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt; einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Damit ist gemäß § 11 Abs. 2 FrG der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Sichtvermerk ungültig geworden. Die Schubhaft konnte gegen den Beschwerdeführer auch schon vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes verhängt werden, weil dies gemäß § 41 Abs. 1 FrG auch zulässig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern. In Ansehung des Beschwerdeführers lagen im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft ausreichende Anhaltspunkte vor, die die künftige Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sogar als wahrscheinlich erscheinen ließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0063), sodaß die in Rede stehende Maßnahme zur Sicherung dieses Verfahrens gesetzt werden durfte.
Die aufrechte polizeiliche Meldung des Beschwerdeführers ist schon deshalb ohne Bedeutung, als die belangte Behörde ausführt, eine Nachschau an der angegebenen Anschrift habe ergeben, daß "keinerlei Wahrnisse des Beschwerdeführers vorhanden" gewesen seien.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Verhängung der Schubhaft sei zur Erreichung des angestrebten Zieles seiner Abschiebung unverhältnismäßig, und damit offenbar Art. 1 Abs. 3 bzw. Art. 5 Abs. 2 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit anspricht, ist ihm zu entgegnen, daß die Ausführung dieses Verfassungsgrundsatzes dem einfachen Gesetzgeber obliegt. Im FrG ist dem durch die Normierung der Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft Rechnung getragen worden. Im Rahmen dieser Voraussetzungen kann ohne gesetzliche Grundlage von einem ausreichenden gelinderen Mittel zur Sicherung der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Abschiebung keine Rede sein.
Die Annahme der belangten Behörde, die Schubhaft sei zur Sicherung der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sowie der Abschiebung notwendig, ist durch den Inhalt der Verwaltungsakten gedeckt.
Die Beschwerde gegen beide angefochtenen Bescheide erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020170.X00Im RIS seit
03.04.2001