TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/18 94/04/0163

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Veröffentlicht am 18.10.1994
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z1 lita;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des M in I, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Juli 1994, Zl. 91.508/2216-III/7/94, betreffend Verweigerung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom 5. Juli 1994 gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Ansuchen des Beschwerdeführers um die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 des Ingenieurgesetzes 1990 nicht statt. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung der Rechslage aus, der Beschwerdeführer habe die Reifeprüfung an der Höheren Lehranstalt für Berufstätige - Bautechnik-Hochbau am 25. Juni 1994 abgelegt. Er habe ferner bei der Unternehmung F Bau am 1. März 1988 eine Lehre als technischer Zeichner begonnen und diese im Februar 1991 durch die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung beendet. Mit 31. Oktober 1991 sei er aus diesem Unternehmen ausgeschieden und in die Dienste des Architektenteams P eingetreten. Zu seinen Aufgaben habe "die Einreich-, Polier- sowie Detailplanung, die Kontrolle und Korrektur der Pläne und Angaben der Sonderprojektanten" gezählt. Nach den Angaben des Dienstgebers habe dieses Aufgabengebiet höhere Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Hochbaus erfordert. Damit diese Tätigkeiten als im Verfahren anrechenbare Berufspraxis für eine stattgebende Erledigung des Antrages ausreichten, hätte der Beschwerdeführer bereits ab Juli 1991 höhere Fachkenntnisse aufweisen müssen. Zu diesem Zeitpunkt habe er aber wenig vorher gerade die Berufsausbildung als technischer Zeichner beendet (Februar 1991). Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, anzunehmen, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Berufsausbildung im Verlauf einer Lehre in der Lage gewesen sei, eine Tätigkeit auszuüben, die höhere Fachkenntnisse, die er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gehabt habe, vorausgesetzt habe. Es finde sich im übrigen auch im Dienstzeugnis der F-Bau kein Hinweis auf eine gehobene Tätigkeit. Es sei aber auch bemerkenswert, daß auch der jetzige Dienstgeber nicht behaupte, der Beschwerdeführer habe von Beginn an eine solche Tätigkeit ausgeübt; er beschränke sich vielmehr darauf, das gegenwärtige Aufgabengebiet (27. Juni 1994) zu beschreiben und zu werten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Verleihung der in Rede stehenden Standesbezeichnung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt er unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Feststellung der belangten Behörde, er habe am 1. März 1988 eine Lehre als technischer Zeichner begonnen und in der Folge durch erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung beendet, sei unrichtig. Richtigerweise habe er den Lehrberuf "bautechnischer Zeichner" erfolgreich abgeschlossen. Hätte die belangte Behörde die richtige Feststellung getroffen, so hätte sich ergeben, daß dem Beschwerdeführer sowohl bereits bei seiner Tätigkeit bei der Firma F Bau als auch bei seiner Tätigkeit im Architekturbüro P höhere Fachkenntnisse zur Verfügung gestanden seien. Auch sei es unzulässig, auf die Erfahrungen des täglichen Lebens zurückzugreifen, um Feststellungen hinsichtlich der konkreten Tätigkeit des Beschwerdeführers zu treffen. Die belangte Behörde hätte sich vielmehr eingehend mit der konkreten Tätigkeit des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen gehabt und gegebenenfalls eigene Ermittlungen anstellen müssen, um den konkreten Tätigkeitsbereich des Klägers festzustellen. Die pauschale Feststellung, die nicht einmal konkret festgestellten Tätigkeiten des Beschwerdeführers setzten keine höheren Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Ingenieurgesetz voraus, sei unzulässig. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, da die belangte Behörde selbst die Feststellung treffe, der Beschwerdeführer habe am 27. Juni 1991 die Lehrabschlußprüfung absolviert, hätte sie davon ausgehen müssen, daß er ab diesem Zeitpunkt Tätigkeiten im Sinn des § 4 Ingenieurgesetz verrichtet habe. Dies hätte sich auf Grund der vorgelegten Bestätigungen der Dienstgeber ergeben, die den Tätigkeitsbereich des Klägers jedenfalls als solchen eingestuft hätten, der höherer Fachkenntnisse bedurft hätte. Die Annahme der belangten Behörde, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Berufsausbildung einer Lehre in der Lage gewesen wäre, eine Tätigkeit auszuüben, die höhere Fachkenntnisse voraussetze, sei unrichtig. Sinn und Zweck der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b Ingenieurgesetz 1990 sei es, für den Fall der abgeschlossenen Reifeprüfung und einer dreijährigen Berufspraxis die Verleihung des Titels Ingenieur zu ermöglichen. Im gegenständlichen Fall sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer sogar den einschlägigen Lehrberuf erlernt und nach seiner Lehre ausgeübt habe. Ein solches Erfordernis stelle nicht einmal die gesetzliche Bestimmung auf. Es sei daher davon auszugehen, daß der Abschluß einer Lehre als "bautechnischer Zeichner" bei anschließendem Abschluß der Reifeprüfung den Beschwerdeführer jedenfalls in die Lage versetzt habe, unmittelbar nach Abschluß der Lehre Tätigkeiten auszuüben, die höhere Fachkenntnisse voraussetzten. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer geradezu den Idealfall im Sinne des Gesetzes darstelle, da nach dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes in die dreijährige Berufspraxis sogar Zeiten eingerechnet würden, die durch eine Berufstätigkeit gedeckt seien, denen keine einschlägige Lehre vorausgegangen sei. Gerade die absolvierte Lehre befähige allerdings den Beschwerdeführer zu Tätigkeiten, welche höhere Fachkenntnisse erforderten.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer Höherer technischer oder Höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnise auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 5. Juni 1991, Zl. 91/18/0020, zu der diesbezüglich vergleichbaren Bestimmung des § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 ausgeführt hat, kann als Praxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte. Auch kann es, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang ergibt, keinem Zweifel unterliegen, daß als höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nur solche Kenntnisse verstanden werden können, über die Absolventen der in lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst im Hinblick auf den systematischen Aufbau der Berufsausbildung in Österreich in der Annahme der belangten Behörde, die durch den Abschluß einer Lehre erworbenen Fachkenntnisse reichten nicht an jene heran, die durch die Absolvierung einer der im § 4 Abs. 1 lit. a Ingenieurgesetz 1990 genannten Lehranstalten vermittelt werden, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Es bildet daher im Lichte der oben dargestellten Rechtslage auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde die nach erworbenem Lehrabschluß vom Beschwerdeführer zurückgelegten Praxiszeiten nicht als solche im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b leg. cit. anerkannte.

Mit Rücksicht auf dieses Ergebnis bedeutet es auch keinen Verfahrensverstoß, wenn sich die belangte Behörde mit den durch den Lehrabschluß des Beschwerdeführers vermittelten Kenntnissen und Fähigkeiten nicht im Detail auseinandersetzte. Daß der Beschwerdeführer zum fraglichen Zeitpunkt aber bereits auf anderem Wege höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 erworben hätte, wurde von ihm nicht einmal behauptet.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040163.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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