Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):93/04/0070Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des H in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. März 1993, Zl. 365-GR/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht und
2. den Bescheid des Präsidenten des Österreichischen Patentamtes vom 10. Februar 1993, Zl. 2648/Präs. 92, betreffend Auskünfte in Markensachen,
Spruch
a) zu Recht erkannt:
Der unter 1. genannte Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
b) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde gegen den unter 2. genannten Bescheid wird zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Jeweils mit Schriftsatz vom 25. Mai 1992 begehrte der Beschwerdeführer beim Österreichischen Patentamt unter Hinweis "auf die Bestimmungen des BAG (BGBl. Nr. 287/1987 i.d.F. BGBl. Nr. 357, 447/1990), insbesondere auf die Frist des § 3 leg. cit." die Auskunft, ob zwei näher dargestellte Wort-Bild-Marken "da" eingetragen seien. Im Falle des Ablaufes der genannten Frist beantragte er weiters "schon jetzt die Erlassung eines Bescheides (§ 4 leg. cit.)." Auf Grund des Hinweises des Patentamtes, daß die beiden Auskunftsbegehren von der in § 22 Markenschutzgesetz geregelten Auskunftspflicht erfaßt seien und daher nicht unter das Auskunftspflichtgesetz fielen, führte der Beschwerdeführer in einem weiteren Schriftsatz vom 8. Juli 1992 aus, daß die Auskunftsfrist nach § 3 des Auskunftspflichtgesetzes bereits abgelaufen sei und er verwies auf das bereits gestellte Ersuchen um bescheidmäßige Erledigung nach § 4 des Auskunftspflichtgesetzes. Schließlich wandte sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25. Jänner 1993 an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Er führte aus, daß bis dato weder die begehrte Auskunft, noch ein diese verweigernder Bescheid ergangen sei, weshalb er gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Erlassung dieses Bescheides (§ 4 BAG) durch den Bundesminister beantrage. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. März 1993 gemäß den §§ 4 und 5 des Auskunftspflichtgesetzes in Verbindung mit den §§ 22, 35 und 42 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes 1970 zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß gemäß § 5 des Auskunftspflichtgesetzes dieses Bundesgesetz nicht gelte, sofern in anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten angeordnet seien, was im vorliegenden Fall zufolge der in § 22 des Markenschutzgesetzes 1970 vorgesehenen besonderen Auskunftspflicht zutreffe. Für die Erteilung der vom Beschwerdeführer begehrten Auskunft sei daher das Markenschutzgesetz 1970 anzuwenden, das allerdings einen Übergang der Entscheidungspflicht an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht vorsehe, sodaß der gegenständliche Antrag zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 93/04/0070 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Gleichzeitig mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten erließ der Präsident des Österreichischen Patentamtes den Bescheid vom 10. Februar 1993, mit dem die Auskunftsanträge des Beschwerdeführers gemäß § 22 des Markenschutzgesetzes in Verbindung mit § 4 des Auskunftspflichtgesetzes abgewiesen wurden. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß gemäß § 5 des Auskunftspflichtgesetzes dieses Bundesgesetz nicht gelte, sofern in anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten angeordnet seien. Eine solche Auskunftspflicht sehe § 22 des Markenschutzgesetzes vor, wobei diese Auskunft gemäß § 22 Abs. 3 leg. cit gebührenpflichtig sei. Da das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers vom Anwendungsbereich des § 22 des Markenschutzgesetzes umfaßt, die dafür erforderliche Gebühr jedoch nicht entrichtet worden sei, wären die begehrten Auskünfte auf Grund des § 22 des Markenschutzgesetzes nicht zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 93/04/0069 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
1. Zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht "auf Bescheiderlassung (§ 4 Auskunftspflichtgesetz;
BGBl. Nr. 187/287 i.d.g.F.) durch die sachlich zuständige Behörde (§ 6 AVG; Walter-Mayer, Grundriß des Verwaltungsverfahrens5, Rz 82 ff)" verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, sein Auskunftsbegehren sei nicht unter § 22 Markenschutzgesetz zu subsumieren, da er keine Auskunft darüber begehrt habe, ob ein bestimmtes Zeichen bereits registrierten Marken gleich oder ähnlich sei, sondern, ob bestimmte Marken überhaupt eingetragen seien. Es seien daher das Auskunftspflichtgesetz und das AVG anzuwenden gewesen.
§ 4 Auskunftspflichtgesetz vermittle dem Auskunftswerber einen Anspruch auf Erlassung eines Bescheides binnen sechs Monaten nach Einlangen des Antrages. Über einen Devolutionsantrag gehe die Zuständigkeit hiefür auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, sodaß durch den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers die Zuständigkeit des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Erlassung dieses Bescheides begründet worden sei.
Die Beschwerde ist berechtigt:
Gemäß § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes, BGBl. Nr. 287/1987 i.d.F. BGBl. Nr. 447/1990, haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist gemäß § 4 leg. cit. auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG 1950, soferne nicht für die Sache, in der die Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist. Gemäß § 5 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. gilt dieses Bundesgesetz, wenn in anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten angeordnet sind, hiefür nicht.
Der belangten Behörde ist zwar darin zuzustimmen, daß die Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes zufolge seines § 5 Abs. 2 zweiter Satz für die Auskunftserteilung nach § 22 Markenschutzgesetz nicht gelten, sodaß diese ausschließlich den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes unterliegt. Das bedeutet aber nicht, daß ein Antrag, mit dem der Antragsteller einen Anspruch (auf bescheidmäßige Verweigerung der Auskunft) nach dem Auskunftspflichtgesetz geltend macht, in einem solchen Falle unbeachtlich wäre und darüber nicht entschieden werden müßte. Vielmehr hat das gemäß § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes angerufene Organ diesen Antrag, soweit es die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. als gegeben erachtet, zurückzuweisen, und zwar im Grunde der §§ 4 und 5 Abs. 2 zweiter Satz Auskunftspflichtgesetz. Wird daher in einem solchen Fall ein Bescheid über die Zurückweisung des Antrages nicht innerhalb von sechs Monaten nach dessen Einlangen erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG - weil auf das Verfahren nach § 4 Auskunftspflichtgesetz das AVG anzuwenden ist -, über schriftlichen Antrag des Auskunftswerbers die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist nach ständiger hg. Judikatur (vgl. die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I (1987), 787, referierte hg. Judikatur) jene Verwaltungsbehörde, die - sei es auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde, sei es im Wege der Erteilung von Weisungen oder in Ausübung einer Funktion als Aufsichtsbehörde - auf den Inhalt der von der zunächst zuständigen Behörde unterlassenen Entscheidung hätte bestimmend einwirken können. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall auf die belangte Behörde - unter deren Leitung im Sinne des Art. 20 Abs. 1 B-VG das (gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz angerufene) Organ tätig ist - zutrifft, hätte diese, zumal auch die übrigen Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AVG erfüllt waren, über den nach § 4 Auskunftspflichtgesetz gestellten Antrag zu entscheiden, gegebenenfalls diesen - wie ausgeführt - zurückzuweisen gehabt. Indem die belangte Behörde jedoch in Verkennung der Rechtslage den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht zurückgewiesen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, zumal der zweitangefochtene Bescheid - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - auch nicht vor, sondern gleichzeitig mit dem erstangefochtenen Bescheid erlassen wurde. Dieser war daher - ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen eingegangen werden müßte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. Zur Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht "auf gesetzmäßige Auskunft (§ 1 Abs. 1 und 3 des Auskunftspflichtgesetzes; BGBl. Nr. 1987/287 i.d.g.F.), und auf Entscheidung durch die sachlich zuständige Behörde (§ 6 AVG; Walter-Mayer, Grundriß des Verwaltungsverfahrens5, Rz 82 ff)" verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, sein Auskunftsbegehren sei nicht unter § 22 Markenschutzgesetz subsumierbar, da er keine Auskunft darüber begehrt habe, ob ein bestimmtes Zeichen bereits registrierten Marken gleich oder ähnlich sei, sondern, ob bestimmte Marken überhaupt eingetragen seien. Da das Auskunftspflichtgesetz auf Auskunftsbegehren, die über in anderen Bundesgesetzen normierten Auskunftspflichten hinausgingen, anzuwenden sei, wäre dem Beschwerdeführer die Auskunft zwar nicht nach § 22 Markenschutzgesetz, wohl aber nach dem Auskunftspflichtgesetz zu erteilen gewesen. Im übrigen sei das Patentamt zufolge des eingebrachten Devolutionsantrages unzuständig gewesen, die angefochtene Entscheidung zu erlassen.
Vorweg ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer den Bescheid insoweit, als darin ausgesprochen wird, es würden ihm die begehrten Auskünfte gemäß § 22 des Markenschutzgesetzes nicht erteilt, nicht bekämpft. Vielmehr richtet sich die Beschwerde gegen diesen Bescheid lediglich insoweit, als dieser ausspricht, die begehrten Auskünfte seien - weil von § 22 Markenschutzgesetz umfaßt - dem Beschwerdeführer nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht zu erteilen, bzw. insoweit dieser Abspruch durch eine - nach Auffassung des Beschwerdeführers - unzuständige Behörde erfolgt sei.
Soweit mit dem angefochtenen Bescheid jedoch über einen Anspruch des Beschwerdefühers nach dem Auskunftspflichtgesetz abgesprochen wurde, steht einer sich gegen diesen Bescheidabspruch wendenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof die Nichterschöpfung des Instanzenzuges gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG entgegen. Gegen die in Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes ergangene Entscheidung steht nämlich - im Gegensatz zur Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides - die Berufung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten offen, da der Instanzenzug in der unmittelbaren Bundesverwaltung grundsätzlich, d.h. soferne gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, bis zum zuständigen Bundesminister geht, und das Auskunftspflichtgesetz diesbezüglich - anders als etwa § 69 Patentgesetz - keine Ausnahme vorsieht. Soweit nämlich über einen Anspruch des Beschwerdeführers nach dem Auskunftspflichtgesetz abgesprochen wurde, stellt dieser Bescheid keine Entscheidung nach § 69 Patentgesetz in Verbindung mit § 42 Abs. 1 Markenschutzgesetz dar und kann daher der dort normierte Ausschluß eines Rechtsmittels auch nicht zum Tragen kommen. Die sich somit als unzulässig erweisende Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DiversesAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideAnspruch auf Sachentscheidung AllgemeinIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040069.X00Im RIS seit
01.02.2002Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017