TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/18 94/04/0083

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Veröffentlicht am 18.10.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1994, Zl. 316.287/1-III/5a/94, betreffend Konzessionsentziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1994 wurde der Beschwerdeführerin die Konzession für das Gewerbe: Baumeister (§ 157 GewO 1973), Reg. Zl. 9681/k/3, mit dem Standort in Wien, S-Gasse 1, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. In der Begründung führte der Bundesminister hiezu aus, mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom Oktober 1991 sei der Antrag der Wiener Gebietskrankenkasse auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe in ihrem Antrag auf Eröffnung des Konkurses eine Forderung in der Höhe von S 104.308,42 samt Nebengebühren geltend gemacht. Obwohl die Beschwerdeführerin diesen Beitragsrückstand bezahlt habe, hätten die Beitragsrückstände am 19. März 1993 bereits wiederum S 134.917,24 und am 12. Juli 1993 S 206.131,19 betragen. Im Jahre 1993 seien bis 9. Juli 15 Exekutionen gegen die Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien bewilligt worden. Die Steuerrückstände der Beschwerdeführerin hätten beim Finanzamt für Körperschaften in Wien am 9. Februar 1994 S 454.909,50 betragen. Auf Grund der ihr nachweislich gebotenen Möglichkeit, ein Vorbringen zu erstatten, wonach auf Grund ihrer nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, daß sie den mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, und hiefür Beweismittel anzubieten, habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. März 1994 eine Äußerung dahingehend erstattet, daß die Aktenlage der Wirklichkeit entspreche und sie bemüht sei, ihre Verbindlichkeiten sobald als möglich abzubauen und sie hiezu ihren Beschäftigtenstand reduzieren werde. Auf Grund der Tatsache, daß die Beitragsrückstände der Beschwerdeführerin trotz Zahlungen kontinuierlich angewachsen seien und ein erheblicher Steuerrückstand beim Finanzamt für Körperschaften bestehe, obwohl die Beschwerdeführerin vom 18. Oktober 1985 bis 23. März 1994 mangels eines bestellten und von der Gewerbebehörde genehmigten Geschäftsführers zur Ausübung des gegenständlichen Baumeistergewerbes gar nicht befugt gewesen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, die offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verfüge, geordnet seien. Es könne daher nicht erwartet werden, daß ein Tätigwerden der Beschwerdeführerin als selbständige Gewerbetreibende den Gläubigern insgesamt nützlich sein könnte, da gegen sie gerichtete Forderungen nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit, wie die Vielzahl von Exekutionen in einem kurzen Zeitraum zeige, beglichen werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich "durch die Verletzung der Manuduktionspflicht und Unterlassung der amtswegigen Wahrheitspflicht im Sinne der Offizialmaxime des § 39 AVG" in ihren Parteienrechten und ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, das vor der belangten Behörde bzw. vor der Behörde erster Instanz durchgeführte Verfahren sei mangelhaft geblieben, da das "schlichte Einräumen einer Möglichkeit, ein Vorbringen zu erstatten, keinesfalls der den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens entspringenden Manuduktionspflicht im Rahmen der Offizialmaxime entspricht". Gemäß § 39 AVG sei es Sache der Behörde, ein Verfahren einzuleiten, es fortzuführen und zum Abschluß zu bringen. Auch im Rahmen der Fortführung des einmal eingeleiteten Verfahrens habe die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und dabei das Verfahren voranzutreiben. Die Behörde habe - trotz der Mitwirkungspflicht der Partei - den objektiven Sachverhalt festzustellen. Im Rahmen dieser Amtswegigkeit hätte der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit geboten werden müssen, ein Vorbringen zu erstatten, vielmehr hätte die Beschwerdeführerin angeleitet werden müssen, "sachdienliches Vorbringen zu erstatten, Statusberichte vorzulegen, die Auftragslage zu bescheinigen, allenfalls Stundungsvereinbarungen mit der Finanzverwaltung, der Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse und allfälligen Gläubigern vorzuweisen". Wenn die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde in ihrem Schreiben vom 23. März 1993 (gemeint offensichtlich 23. März 1994) ein nur unzureichendes Vorbringen erstattet habe, wäre es Sache der Behörde gewesen, hier entsprechend manuduzierend tätig zu werden. Durch die Unterlassung der Manuduktion der im Verwaltungsverfahren unvertretenen Beschwerdeführerin sei diese in ihren Rechten erheblich beeinträchtigt worden; das Verfahren sei somit in beiden Instanzen erheblich mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde wäre im Sinne des § 13a AVG verpflichtet gewesen, die zuständigen Organe der Beschwerdeführerin über die von ihr gesetzten Handlungen bzw. Unterlassungen zu belehren und auf die Rechtsfolgen aufmerksam zu machen. Bei entsprechender Rechtsbelehrung hätte in die Begründung des angefochtenen Bescheides die Feststellung Eingang gefunden, daß mit Baumeister Leister nunmehr ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt worden sei. Die belangte Behörde habe dem Vorbringen, daß die Löschung der Firma der Beschwerdeführerin im Firmenbuch nicht durchgeführt worden sei, kein entsprechendes Augenmerk geschenkt. Das verwaltungsbehördliche Verfahren sei daher in beiden Instanzen derart mangelhaft geblieben, daß eine erschöpfende Erörterung und abschließende Beurteilung der Rechtssache gar nicht möglich gewesen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Zunächst ist festzuhalten, daß das Vorliegen der Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 in der Beschwerde nicht bestritten wird und sich auch aus der Aktenlage kein Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, daß dies nicht der Fall wäre. Der Beschwerdeführerin geht es im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich darum, daß die belangte Behörde - bei Durchführung eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens - die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 anzunehmen gehabt hätte.

Gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung kann die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" sein, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Es muß die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten bei Fälligkeit erwartet werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 93/04/0030 mit weiteren Nachweisen).

Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid vermag daher der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der vorbeschriebenen Rechtslage in der Annahme der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 lägen im vorliegenden Fall nicht vor, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Rechtsbelehrungspflicht der Behörden geltend macht, ist darauf zu verweisen, daß nach § 13a AVG die Behörden Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren haben.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist es aber nicht Aufgabe der Behörde, inhaltliche Mängel von Parteiangaben aus der Welt zu schaffen. Auch eine Beratung von Verfahrensparteien oder anderen Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht zählt nicht zu den Pflichten der Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 94/04/0002). Die auf Verletzung der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG gerichtete Verfahrensrüge ist daher - abgesehen von der mangelnden tatbestandsmäßigen Relevanz des vordargestellten Beschwerdevorbringens - schon vom Ansatz her verfehlt.

Ausgehend von den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof mangels einer entsprechenden Konkretisierung in der Beschwerde nicht zu erkennen, welche Feststellungen die belangte Behörde in Erfüllung ihrer aus § 39 AVG ableitbaren Verpflichtung zur amtswegigen Durchführung des Ermittlungsverfahrens treffen hätte sollen, um die im § 87 Abs. 2 GewO 1994 genannten Tatbestandsvoraussetzungen als erfüllt ansehen zu können.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040083.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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