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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §18 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in U, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. September 1993, Zl. 4.330.204/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Oktober 1991 wurde festgestellt, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls vom 31. Jänner 1967, BGBl. Nr. 78/1974, beim Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 6. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am darauffolgenden Tag den Asylantrag gestellt hat - nicht zutreffen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, die allerdings in serbokroatischer Sprache verfaßt war. Nachdem der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit in den Sprengel der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg verzogen war, erging an ihn die mit 23. April 1992 datierte, der Aktenlage nach von ihm selbst am 24. April 1992 übernommene "Ladung" dieser Behörde für den 6. Mai 1992, 10,00 Uhr. Die Angelegenheit, an der der Beschwerdeführer beteiligt und die von der Behörde zu bearbeiten sei, wurde mit "Asylverfahren - Berufung - nicht in deutscher Sprache abgefaßt" angegeben, wobei der Beschwerdeführer ersucht wurde, "hiezu persönlich in unser Amt zu kommen". Hinzugefügt wurde, daß der Beschwerdeführer, sollte er der deutschen Sprache nicht mächtig sein, einen Dolmetsch mitnehmen möge, und abschließend wurde darauf hingewiesen, daß, sollte der Beschwerdeführer unentschuldigt fernbleiben, "Desinteresse am Asylverfahren angenommen und das Verfahren ohne weitere Anhörung" des Beschwerdeführers "fortgeführt werden wird". Da der Beschwerdeführer der "Ladung" nicht Folge geleistet hat, wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 17. September 1993 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 (Z. 1) Asylgesetz 1991 ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat richtig erkannt, daß gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991 das bei ihr am 1. Juni 1992 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen war. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, es wäre die belangte Behörde auf Grund des § 18 Abs. 3 Asylgesetz 1991 verpflichtet gewesen, seine Berufung in die deutsche Sprache zu übersetzen, so ist damit für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen. Diese Bestimmung lautet, daß Asylwerber den Asylantrag sowie Rechtsmittel gegen Bescheide schriftlich auch in einer der Amtssprachen der Organisation der Vereinten Nationen stellen können und, soweit solche Anbringen nicht in deutscher Sprache gestellt werden, sie von Amts wegen in die deutsche Sprache zu übersetzen sind. Der Beschwerdeführer übersieht, daß es sich bei der von ihm verwendeten Sprache um keine "Amtssprache der Organisation der Vereinten Nationen" (und nur eine solche wird vom Gesetzgeber als eine "andere international übliche Sprache" im Sinne der Erläuterungen zur Regierungsvorlage 270 BlgNR 18. GP verstanden) handelte, sodaß die Voraussetzungen für eine derartige Vorgangsweise der belangten Behörde schon aus diesem Grunde nicht gegeben waren, ohne daß noch zu erörtern gewesen wäre, ob diese Bestimmung überhaupt auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingebrachte Rechtsmittel Anwendung findet.
Dessenungeachtet hätte aber die belangte Behörde von der Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, wonach Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen sind, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist, nicht Gebrauch machen dürfen. Die gegenständliche "Ladung" hatte nämlich weder den Zweck der Vernehmung des Beschwerdeführers noch den, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Vielmehr kommt darin zum Ausdruck, daß sie ausschließlich der Verbesserung der nicht in deutscher Sprache verfaßten Berufung durch den Beschwerdeführer dienen sollte. Der vorliegende Mangel der Berufung stellte einen nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Mangel dar (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1984, Slg. Nr. 11.556/A, und sein Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 90/01/0043), weshalb dem Beschwerdeführer die Behebung dieses Formgebrechens mit der Wirkung aufzutragen gewesen wäre, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Es kann demnach überdies nicht im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG davon die Rede sein, daß das Erscheinen des Beschwerdeführers "nötig" gewesen ist (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0215). Das (wenn auch unentschuldigt gebliebene) Nichterscheinen des Beschwerdeführers zum Termin der "Ladung" konnte daher nicht die im § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 normierte Sanktion nach sich ziehen.
Da somit die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994010294.X00Im RIS seit
20.11.2000