TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/20 94/06/0141

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Veröffentlicht am 20.10.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §29 Abs1 idF 1994/155 ;
AWG 1990 §29 Abs13 idF 1994/155 ;
AWG 1990 §29 Abs16 idF 1994/155 ;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
B-VG Art15 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der K-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 19. Mai 1994, Zl. A 17-K-11.002/1993-3, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. September 1993 erteilte der Magistrat der Stadt Graz gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung den Österreichischen Bundesbahnen den Auftrag, die auf deren Grundstück 2010/1 vorgenommenen Bauarbeiten zur Errichtung einer Pkw-Rückmontagehalle im Ausmaß von ca. 70 m x 51 m x 15 m sofort einzustellen und die ohne baubehördliche Bewilligung hergestellten Bauten binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führten die Österreichischen Bundesbahnen zusammengefaßt aus, daß Adressat für baupolizeiliche Aufträge der Bauwerber bzw. Eigentümer des Gebäudes und nicht der Grundeigentümer sei.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 9. März 1994, wurde sodann der Beschwerdeführerin gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen BauO 1968, LGBl. Nr. 149 in der geltenden Fassung, der Auftrag erteilt, die auf dem Grundstück Nr. 2010 errichtete Halle im Ausmaß von ca. 70 m x 51 m x 15 m, die ohne baubehördliche Bewilligung hergestellt worden sei, binnen vier Wochen zu beseitigen.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, bei der gegenständlichen Anlage handle es sich um eine Abfallbehandlungsanlage, für deren Errichtung gemäß der Verfassungsbestimmung des § 29 Abs. 13 des Abfallwirtschaftsgesetzes eine baubehördliche Genehmigung nicht erforderlich sei. Die Beschwerdeführerin habe bereits mit 28. Mai 1993 ein Bewilligungsverfahren beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung anhängig gemacht. Für die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages sei keinesfalls die Stadt Graz, Baupolizeiamt, zuständig.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 19. Mai 1994 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 9. März 1994 mit der Abänderung abgewiesen, als der Auftrag erteilt wurde, eine ohne baubehördliche Bewilligung errichtete, aber dem Bundes-Abfallwirtschaftsgesetz 1990 i.d.g.F. unterliegende Betriebsanlage zu beseitigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde geht dem Spruch und der Begründung ihres Bescheides zufolge davon aus, daß es sich bei der Anlage, deren Beseitigung sie aufgetragen hat, um eine solche handelt, für deren Bewilligung gemäß § 29 Abs. 13 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, BGBl. 325/1990 i.F. BGBl. 257/1993, eine baubehördliche Genehmigung nicht erforderlich ist. Den vorgelegten Verwaltungsakten können zwar keine näheren Beschreibungen der gegenständlichen Anlage entnommen werden, doch geht auch der Verwaltungsgerichtshof bei seinen Überlegungen von der - im übrigen auch von der Beschwerdeführerin geteilten - Ansicht aus, daß es sich um eine Anlage handelt, für die gemäß § 29 Abs. 13 des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, BGBl. Nr. 325/1990 in der Fassung BGBl. Nr. 155/1994, eine baubehördliche Bewilligungspflicht entfällt.

Gemäß § 70a der Steiermärkischen Bauordnung, LGBl. Nr. 149/1968 i.d.F. LGBl. Nr. 14/1989 (BO) ist bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, die Baueinstellung zu verfügen, erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen.

Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen.

Vorschriftswidrig im Sinne der Bauordnung ist dabei jeder Bau, für den sowohl im Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war bzw. ist, eine solche aber nicht vorliegt (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 1. April 1960, Slg. Nr. 5257/A u.a.). Da im vorliegenden Fall jedenfalls zum Zeitpunkt der Auftragserteilung eine BAUBEHÖRDLICHE Bewilligung nicht erforderlich war, durfte kein auf § 70a BO gestützter Auftrag erteilt werden.

Die Baubehörde war daher, wie die Beschwerdeführerin zutreffend in ihrer Berufung ausführte, zur Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages nicht zuständig.

Das (Bundes)AWG 1990 regelt zwar die Frage nicht abschließend, welche landesrechtlichen Rechtsvorschriften außerhalb des Genehmigungsverfahrens nach § 29 Abs. 1 AWG zu beachten sind. Immerhin enthält aber § 29 AWG nicht nur Regelungen für die Anlagengenehmigung, sondern auch sonstige "anlagenpolizeiliche" Regelungen. Hiebei ist insbesondere auf § 29 Abs. 16 betreffend die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen, die Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen und die Überwachung der Anlage hinzuweisen (vgl. Schmelz, Abfallbehandlungsanlagen im Normenlabyrinth, Ecolex 1991, S. 570). Die zuständige Behörde zur "Durchführung von Maßnahmen" nach § 29 Abs. 16 ist - in Entsprechung des Art. 10 Abs. 1 B-VG - der Landeshauptmann. Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn man Vorschriften über verwaltungspolizeiliche Aufträge aufgrund von baurechtlichen Bestimmungen nach § 29 Abs. 1 AWG als unberührt ansehen wollte, im konkreten Fall des § 70a der Steiermärkischen Bauordnung, der wie dargestellt an der Bewilligungspflicht nach der Bauordnung anknüpft, keinesfalls die Möglichkeit einer Anwendung gegeben, da § 29 Abs. 13 die Bewilligungspflicht beseitigt. Eine Zuständigkeit der Gemeinde, im eigenen Wirkungsbereich einen baupolizeilichen, auf § 70a BO gestützten Auftrag hinsichtlich jener Bauwerke zu erlassen, die dem AWG unterliegen, war somit nicht gegeben, die belangte Behörde hätte daher den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben gehabt; da sie dies nicht erkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren für nicht erforderliche Ausfertigungen der Beschwerde war abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060141.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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