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44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. August 1994, Zl. 177 509/5-IV/10/94, betreffend Befreiung von der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, der angeschlossenen Kopie des angefochtenen Bescheides und den übrigen Beilagen ergibt sich, daß mit diesem Bescheid der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Oktober 1993 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz (ZDG) abgewiesen wurde.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes auf dessen Antrag zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß sich der Beschwerdeführer 1981 der Stellung unterzogen habe, daß ihm wegen eines Hochschulstudiums der Antritt des ordentlichen Präsenzdienstes bis Oktober 1991 aufgeschoben worden und daß er in der Folge zwecks Abschlusses des Studiums bis 15. Mai 1992 von der Präsenzdienstpflicht befreit worden sei. Ein Antrag auf weitere Befreiung aus diesem Grund sei abgewiesen worden. Aufgrund seiner Zivildiensterklärung vom 23. Mai 1993 sei der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. September 1993 von der Wehrpflicht befreit worden. Laut vorgelegtem Lebenslauf helfe der Beschwerdeführer seit ca. 1988 im Unternehmen seiner Mutter mit und sei er dort seit 18. Juni 1990 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Die belangte Behörde anerkannte im Hinblick auf die geltend gemachte Unabkömmlichkeit des Beschwerdeführers im Unternehmen seiner Mutter (Vermittlung von Dentalverbrauchsmaterialien, von zahnärztlichen Instrumenten und Einrichtungen sowie von Einrichtungen für zahnärztliche Labors), in welchem der Beschwerdeführer und sein Vater als Angestellte beschäftigt sind, und im Hinblick auf die gesundheitliche Beeinträchtigung seines Vaters ein familiäres Interesse des Beschwerdeführers an seiner Befreiung. Die Behörde hielt dieses Interesse aber nicht für besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes. Es sei Sache des Betriebsinhabers, bei seinen Dispositionen auf die zu erwartende Zivildienstleistung eines zivildienstpflichtigen Mitarbeiters entsprechend Bedacht zu nehmen. Eine solche Dispositionspflicht bestehe auch in Ansehung des vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstandes der eingeschränkten Arbeitsfähigkeit seines Vaters seit dessen Operation im Jahre 1991. Die Mutter habe seither 3 Jahre lang Zeit für entsprechende Dispositionen gehabt. Ein Nachweis, daß es aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen wäre, eine entsprechende Vorsorge für die Dauer der Zivildienstleistung des Beschwerdeführers zu treffen, sei nicht erbracht worden.
Der Beschwerdeführer bringt unter Hinweis auf der belangten Behörde vorgelegte fachärztliche Befunde vor, sein Vater sei schwer krank und nahezu arbeitsunfähig. Damit sei die schwierige Lage des kleinen Familienbetriebes erwiesen. Die für das Unternehmen lebenswichtige Reisetätigkeit zur Betreuung des Kundenkreises könne "sinnvollerweise fast nur (vom Beschwerdeführer) wahrgenommen werden, da sonst niemand finanziell tragbar und mit den Marktverhältnissen ausreichend vertraut zur Verfügung steht". Die Heranbildung und Bereithaltung von Ersatzkräften sei unerfüllbare Theorie. Die besondere Rücksichtswürdigkeit des Interesses an seiner Befreiung liege auch deshalb auf der Hand, da der Familienbetrieb später vom Beschwerdeführer weitergeführt werden solle.
Im Beschwerdefall kommt in Hinblick darauf, daß die Mutter des Beschwerdeführers Inhaberin des Unternehmens ist, der Beschwerdeführer in diesem nur als Angestellter tätig und die Mutter auf seine Mithilfe angewiesen ist, ein familiäres Interesse des Beschwerdeführers an seiner Befreiung in Betracht. Die erwartete künftige Übernahme des Unternehmens durch ihn vermag schon deshalb kein wirtschaftliches Interesse des Beschwerdeführers an seiner Befreiung zu begründen, weil es sich dabei um ein ungewisses künftiges Ereignis handelt (vgl. das zur inhaltsgleichen Befreiungsbestimmung des Wehrgesetzes ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1988, Zlen. 88/11/0157, 0246, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft neben dem Wehrpflichtigen auch dessen Familienangehörigen, der in seinen Angelegenheiten der Unterstützung des wehrpflichtigen Sohnes bedarf, die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des Sohnes einzurichten bzw. die dafür erforderlichen Dispositionen zu treffen. Verletzt er diese Harmonisierungs- und Dispositionspflicht, so können die daraus abgeleiteten familiären Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes angesehen werden (vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 1988, Zl. 88/11/0040, vom 4. Juni 1991, Zl. 90/11/0231, und vom 25. Jänner 1994, Zlen. 93/11/0209, 0210). Diese Rechtsprechung kommt in Ansehung der inhaltsgleichen Befreiungsbestimmung des Zivildienstgesetzes bei Anwendung dieses Gesetzes in gleicher Weise zum Tragen.
Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß es Sache der Mutter des Beschwerdeführers als Betriebsinhaberin war, die erforderlichen Vorkehrungen für die Zeit der bevorstehenden Präsenz- bzw. Zivildienstleistung zu treffen. Das Unterlassen entsprechender Dispositionen wie die mangelnde Bedachtnahme auf die Wehr- bzw. Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers überhaupt bewirkt zwangsläufig das Fehlen der besonderen Rücksichtswürdigkeit des geltend gemachten familiären Interesses an seiner Befreiung. Dies gilt sowohl für die Zeit, als der Beschwerdeführer - noch während eines Aufschubes bzw. einer befristeten Befreiung - zur Mitarbeit im Unternehmen der Mutter herangezogen wurde, als insbesondere auch für die im angefochtenen Bescheid erwähnte Zeit nach der Operation seines Vaters im Jahre 1991. Mit der pauschalen Behauptung, die Heranbildung und Bereithaltung von Ersatzkräften sei "unerfüllbare Theorie", vermag die Beschwerde weder die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme zu entkräften, die Mutter des Beschwerdeführers habe in den 3 Jahren seit der Operation des Vaters des Beschwerdeführers nicht die erforderlichen Dipositionen im Hinblick auf die bevorstehende Zivildienstleistung des Beschwerdeführers getroffen, noch die Feststellung der belangten Behörde zu widerlegen, es sei kein Nachweis dafür erbracht worden, daß "Ersatzmaßnahmen" aus finanziellen Gründen unmöglich gewesen wären. Ein solcher Nachweis ist insbesondere auch nicht in dem (der Beschwerde in Kopie angeschlossenen, an die belangte Behörde gerichteten) Schreiben des Beschwerdeführers vom 19. Jänner 1994 zu erblicken, weil darin zwar die Einstellung eines fremden Angestellten als "untragbare finanzielle Belastung unseres Betriebes" bezeichnet wird, aber konkrete Darlegungen, die diese Behauptung stützen könnten, fehlen.
Die Verfahrensrügen lassen keinen wesentlichen Verfahrensmangel erkennen. Insbesondere ist mangels näherer Ausführung nicht ersichtlich, welcher andere, im Lichte der aufgezeigten Rechtslage maßgebende Sachverhalt sich bei Vermeidung der gerügten Mängel nach Ansicht des Beschwerdeführers ergeben hätte.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den (zu Zl. AW 94/11/0065 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994110270.X00Im RIS seit
20.11.2000