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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. April 1994, Zl. VI/4-Fo-140, betreffend Wiederbewaldungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 15. Oktober 1985 wurde A. L. die Bewilligung zur Rodung von Teilflächen der Parzellen 1176/24, 161/1 und 162/1, im Gesamtausmaß von 11.811 m2 erteilt. Im Spruch dieses Bescheides heißt es:
"Die Rodungsbewilligung ist an folgende Bedingungen und Auflagen gebunden:
1. Die Rodungsbewilligung ist ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke zulässig und beschränkt sich auf den Bereich 25 m südlich und nördlich der bestehenden
ÖBB 110 kV Leitung.
2. .... "
In der Folge erwarb der Beschwerdeführer eine Teilfläche dieser Rodungsfläche (nunmehrige Parzelle Nr. 161/3) im Ausmaß von 340 m2. Unter dem Datum des 14. März 1994 erließ die BH dem Beschwerdeführer gegenüber einen Bescheid mit folgendem Spruch:
"Die Bezirkshauptmannschaft verpflichtet Sie zur Wiederbewaldung einer Teilfläche der Parz. 161/1 - nunmehr
Gst. Nr. 161/3 - welche jeweils 25 m südlich und nördlich der
Achse der 110 kV-Leitung liegt und für welche mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 15. Oktober 1985, Zl. 14-H-8527, Herrn Ing. A. L. eine befristete Rodungsbewilligung erteilt worden war.
Diese Wiederaufforstung ist unter Berücksichtigung standortlicher Verhältnisse mit der Baumart Grauerle durchzuführen. Die Pflanzung ist nach forstfachlichen Gesichtspunkten vorzunehmen, wobei der Pflanzverband maximal 2 x 2 m betragen darf.
Die Wiederbewaldung ist bis längstens 31. Mai 1994 durchzuführen.
Die Aufforstung ist bis zur Kultursicherung zu pflegen. Für einen geeigneten Wildschutz ist Sorge zu tragen.
Pflanzenausfälle sind spätestens im darauffolgenden Frühjahr zu ersetzen".
In der Begründung wird festgestellt, daß der vom Beschwerdeführer erworbene Teil der Rodungsfläche nicht landwirtschaftlich genutzt wird. Als Käufer dieser Teilfläche habe der Beschwerdeführer alle Rechte, aber auch alle Pflichten, welche auf diesem Grundstück lasteten, übernommen. Die quasi-dingliche Wirkung einer Rodungsbewilligung sei nach ständiger Rechtsprechung und Lehre unzweifelhaft. Nach dem dem Rodungsbescheid der BH vom 15. Oktober 1985 zugrundeliegenden Antrag sollten die Rodeflächen "in landwirtschaftlicher Nutzung als Wiese bleiben". In Anwendung des § 18 Abs. 1 lit. b des ForstG 1975 (ForstG) sei die Gültigkeit dieser Bewilligung an die Verwendung der Grundstücke für landwirtschaftliche Zwecke gebunden worden. Mit der Nichterfüllung dieser Bedingung falle daher die Bewilligung als Ganzes weg. Der Beschwerdeführer habe selbst in einer Berufung gegen einen eine Grundverkehrsangelegenheit betreffenden Bescheid der BH vom 12. August 1992 ausgeführt, daß die Parzelle 161/3 mit einzelnen Ziergehölzen bepflanzt und mit einer regelmäßig geschnittenen Hainbuchenhecke umgeben sei. Außerdem befinde sich auf dem Grundstück eine Werkzeughütte aus Metall. Zur Art der tatsächlichen Verwendung dieser Fläche werde in der Berufung weiters ausgeführt, daß diese regelmäßig mit einem Rasenmäher gemäht werde, das gemähte Gras aber für eine landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet sei und daher kompostiert werde. Den Berufungsangaben zufolge werde das Grundstück als Erholungsfläche, Spielplatz für Kinder und Liegewiese genutzt. Die Leistungsfrist sowie die Festsetzung der Baumart bzw. der Pflanzverbände sei nach schlüssigen gutächtlichen Ausführungen der Bezirksforstinspektion, an deren fachlicher Richtigkeit kein Grund zu zweifeln bestehe, erfolgt. Der Wiederaufforstungsauftrag stütze sich in forstfachlicher Hinsicht auch auf die schlüssigen Ausführungen der Bezirksforstinspektion vom 2. März 1994. Gestützt auf die vorliegenden geographischen Grunddaten werde darin im Kern ausgeführt, daß "die überwirtschaftliche Bedeutung" der örtlich stockenden Waldfläche groß sei. Laut Waldentwicklungsplan seien die gegenständlichen Waldteile mit der Kennzahl 223 ausgewiesen, was bedeute, daß die Schutz- und Wohlfahrtswirkung des Waldes erhöhte Bedeutung genieße. Die Erholungswirkung des Waldes sei sogar mit der höchsten Wertziffer ausgewiesen. Auch stehe die Lage im Trassenbereich der Hochspannungsleitung der getroffenen Entscheidung nicht entgegen. In einem nachweislich relativ hoch mit Luftschadstoffen belasteten Bereich komme der Walderhaltung auf Grund der vom Wald ausgeübten Filterwirkung erhöhte Bedeutung zu. Auch im Kurzumtrieb bewirtschaftete Waldflächen mit geringer Wuchshöhe könnten so einen wesentlichen Beitrag zur Luftreinhaltung leisten. Diese Aussage könne im übrigen auch dadurch gestützt werden, daß seit einigen Jahren im Leitungsbereich von Starkstromleitungen nicht mehr befristete Rodungsbewilligungen, sondern (lediglich) Ausnahmebewilligungen von der Hiebsunreife erteilt würden.
Der Beschwerdeführer berief.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. April 1994 wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung wird ausgeführt, die Vorschreibung einer bestimmten Zweckbindung im Falle einer Rodungsbewilligung sei als auflösende Bedingung anzusehen, weil die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes der Rodungsbewilligung zunächst eintrete, mit dem Abgehen von der Zweckbindung jedoch ende, ohne daß es eines weiteren Bescheides (Rücknahme der Rodungsbewilligung) bedürfte. Die vom Beschwerdeführer behauptete Unmöglichkeit dieser Bedingung hätte der einstige Rodungsbewilligungswerber im Rechtsweg nach Erteilung der Rodungsbewilligung geltend machen müssen. Als nicht gesetzt könne sie nicht gewertet werden, weil sie nicht den Denkgesetzen widerspreche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 172 Abs. 6 lit. a ForstG hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung, dem Verpflichteten diesen Bescheid aufzutragen. Ein solcher forstpolizeilicher Auftrag hat zur Voraussetzung, daß es sich bei der betreffenden Fläche um Wald im Sinne des ForstG handelt. Diese Voraussetzung kann im Beschwerdefall nur dann zutreffen, wenn die mit dem Rodungsbescheid aus dem Jahre 1985 erteilte Rodungsbewilligung erloschen ist.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auflage im Punkt 1 des Rodungsbescheides der BH vom 15. Oktober 1985 sei nicht so bestimmt, daß sich daraus die Verpflichtung ableiten ließe, die Rodungsfläche nach der Rodung nur für landwirtschaftliche Zwecke zu verwenden. In diesem Zusammenhang sei auch noch von Bedeutung, daß der damalige Eigentümer A. L. Landesbediensteter und nicht Landwirt sei. Eine Verwendung der im Rodungsbescheid genannten Grundstücke im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes sei für ihn schon damals nicht möglich gewesen.
Punkt 1 der Nebenbestimmungen des Rodungsbescheides der BH vom 15. Oktober 1985 sieht vor, daß die "Rodungsbewilligung ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke zulässig ist". Mit dieser Nebenbestimmung wurde im Sinne des § 18 Abs. 1 lit. b ForstG die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zu einem bestimmten Zweck gebunden. Die Rodungsbewilligung gilt nur, solange die Rodungsfläche zu dem in der Bewilligung angeführten Zweck verwendet wird. Erfolgt eine andere Verwendung, dann erlischt die Rodungsbewilligung, ohne daß es einer Aufhebung des Rodungsbescheides bedarf.
Durch den Erwerb einer Teilfläche der Rodungsfläche durch den Beschwerdeführer ist auch die Rodungsbewilligung für diese Teilfläche auf ihn übergegangen; sie galt jedoch, wie oben ausgeführt, nur für eine landwirtschaftliche Nutzung der Rodungsfläche.
Nach den Feststellungen der Forstbehörden wird die Parzelle 161/3 nicht landwirtschaftlich genutzt. Die Rodungsbewilligung für diese Fläche ist daher erloschen.
Ob der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Rodungsflächen landwirtschaftlich nutzen konnte, ist angesichts der Rechtskraft des Rodungsbescheides nicht mehr zu prüfen.
Der Beschwerdeführer wendet ein, ihm sei eine landwirtschaftliche Nutzung und damit die Einhaltung der Nebenbestimmungen des Rodungsbescheides nicht möglich. Eine unmögliche "Bedingung" aber gelte als nicht gesetzt. Die Auffassung der belangten Behörde, die angebliche Unmöglichkeit der Erfüllung hätte der seinerzeitige Rodungswerber geltend machen müssen, sei nicht richtig. Der Rodungswerber A. L. habe die Rodungsbewilligung für 11.811 m2 erhalten. Ein Grundstück in dieser Größe sei landwirtschaftlich nutzbar. Der Rodungswerber habe daher weder einen Anlaß noch einen Rechtsgrund gehabt, Punkt 1 des Rodungsbescheides zu bekämpfen und die Unmöglichkeit der Erfüllung dieser "Bedingung" zu behaupten. Heute lägen die Dinge ganz anders. Es gehe um die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung einer Grundstücksfläche von 250 m2. Sie sei landwirtschaftlich nicht nutzbar, weil der Beschwerdeführer kein Landwirt sei und weil eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung einer solchen Fläche gar nicht möglich sei.
Die Rodungsbewilligung ist einschließlich der ihr beigefügten Nebenbestimmung durch den Kauf der Parzelle 161/3 auf den Beschwerdeführer übergegangen. Für die Annahme, diese Nebenbestimmunmg gelte für den Beschwerdeführer nicht, weil ihm ihre Einhaltung unmöglich sei, fehlt es an jeglicher normativer Grundlage. Es war Sache des Beschwerdeführers, zu entscheiden, ob er ein Grundstück kauft, das mit einer derart eingeschränkten Rodungsbewilligung versehen ist.
Der Beschwerdeführer bringt vor, das Grundstück werde - soweit es möglich sei - ohnehin landwirtschaftlich genutzt. Die mögliche und landwirtschaftlich sinnvolle Nutzung dieses Grundstückes bestehe darin, daß das Gras regelmäßig gemäht werde. Anschließend werde das Gras kompostiert, weil eine landwirtschaftliche Nutzung durch Verfütterung an Stalltiere nicht möglich sei. Dies sei im konkreten Fall die einzige Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung. Die landwirtschaftliche Nutzung könne auch darin bestehen, daß das Gras als Hasenfutter verwendet werde. Wenn 250 m2 Wiese, nachdem das Gras gemäht worden sei, als Liegewiese oder Spielplatz für Kinder verwendet würden, tue das der landwirtschaftlichen Nutzung keinen Abbruch.
Im Verfahren wurde - aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers - festgestellt, daß die 340 m2 große Parzelle 161/3 mit Ziersträuchern bestockt und von einer Hainbuchenhecke umgeben ist, daß sich auf ihr eine Werkzeughütte befindet und daß die Fläche als Erholungsfläche, Liegefläche und Kinderspielplatz verwendet wird. Eine auf solche Art genutzte Fläche ist keine landwirtschaftlich genutzte und wird es auch nicht durch das regelmäßige Mähen des Grases ebensowenig wie durch die Möglichkeit, daß dieses Gras an Hasen verfüttert wird.
Der Beschwerdeführer macht geltend, schon im Rodungsbescheid aus dem Jahr 1985 habe die Forstbehörde richtig erkannt, daß im unmittelbaren Trassenbereich der Starkstromleitung auf Grund der erforderlichen elektrizitätsrechtlichen Sicherheitsbestimmungen eine sinnvolle forstliche Bewirtschaftung nicht möglich sei. Weiters habe sie richtig erkannt, daß eine wirtschaftliche Verwertung des anfallenden Materials praktisch nicht möglich sei. Umso unverständlicher und umso weniger gerechtfertigt sei die dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid auferlegte Verpflichtung der Wiederaufforstung mit der Baumart Grauerle, einer Baumart, die rasch und hoch wachse, ganz abgesehen davon, daß das ForstG keine Rechtsgrundlage dafür abgebe, die Wiederaufforstung mit einer ganz bestimmten Baumart vorzuschreiben.
Im erstinstanzlichen Bescheid wurde festgestellt, daß die Lage der Rodungsfläche im Trassenbereich einer Hochspannungsleitung einer forstwirtschaftlichen Nutzung nicht entgegensteht. Dies blieb vom Beschwerdeführer in der Berufung unbekämpft.
Gleiches gilt für die Vorschreibung der Aufforstung mit Grauerlen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Wiederaufforstungsbescheid die zu verwendende Baumart konkret zu bezeichnen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. März 1981, Zl. 2769/1980, vom 11. Mai 1987, Zl. 87/10/0044 und vom 25. Mai 1987, Zl. 87/10/0046). Dies hat die Forstbehörde erster Instanz getan, wobei sie sich auf ein - allerdings nicht näher erläutertes - Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen berufen hat. Aus der Formulierung "die Wiederaufforstung ist unter Berücksichtigung standörtlicher Verhältnisse mit der Baumart Grauerle durchzuführen" ergibt sich, daß die Vorschreibung der Aufforstung mit dieser Baumart aus Gründen der Standortgemäßheit erfolgte. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, diese Vorschreibung in der Berufung zu bekämpfen und darzulegen, warum sie seiner Meinung nach unzulässig sei. Er hat aber in der Berufung dagegen nichts vorgebracht und nicht erläutert, daß und aus welchen Gründen diese Vorschreibung nicht dem ForstG entspreche. Da die Vorschreibung nicht von vornherein als unzulässig zu erkennen ist und der Beschwerdeführer nichts dagegen vorgebracht hat, hatte die belangte Behörde keinen Anlaß, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Vorschreibung der Wiederaufforstung mit einer bestimmten Baumart habe im ForstG keine Grundlage, ist, wie bereits dargelegt, unrichtig. Daß diese Baumart nicht standortgemäß sei, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, die Grauerle sei für eine Wiederaufforstung wegen der Besonderheiten des Standortes (Hochspannungsleitung) nicht geeignet, stellt eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/19994.
Schlagworte
Inhalt des Spruches DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994100097.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
10.03.2017