TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 94/08/0209

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Veröffentlicht am 25.10.1994
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §500 idF 1987/609;
ASVG §502 Abs1 idF 1987/609;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der L in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Juli 1994, Zl. MA 15-II-W 19/94, betreffend Begünstigung gemäß §§ 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit der vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde (in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt) in der Pensionsversicherung der am 9. Juni 1930 geborenen Beschwerdeführerin die Zeit der Auswanderung vom 9. Juni 1945 bis 31. März 1959 gemäß § 502 Abs. 4 in Verbindung mit § 502 Abs. 6 ASVG als beitragspflichtige Beitragszeit begünstigt angerechnet. Die Anerkennung der genannten Zeit als Ersatzzeit gemäß § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG oder als beitragsfreie Beitragszeit sowie eine weiterreichende Begünstigung für die Zeit vom 4. März 1933 bis 8. Juni 1945 wurde abgelehnt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin - wie schon (nach der Begründung des angefochtenen Bescheides) in ihrem Einspruch - vorbringt, daß sie am 25. August 1938 (d.h. im Alter von acht Jahren) nach Palästina bzw. Israel aus Verfolgungsgründen emigriert und im Ausland verfolgungsbedingt arbeitslos gewesen sei. Es stehe ihr daher eine begünstigte Anrechnung für diese Zeiten der Arbeitslosigkeit im Ausland im Sinne des § 502 Abs. 1 zweiter Satz ASVG und - demzufolge - die beitragsfreie Anrechnung der Emigrationszeit vom 4. März 1933 bis 31. März 1959 zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 502 Abs. 1 ASVG sind Zeiten einer aus den Gründen des § 500 (u.a.) veranlaßten Arbeitslosigkeit unter den dort genannten Voraussetzungen Pflichtbeitragszeiten mit der höchstzulässigen Beitragsgrundlage, und zwar in der Pensionsversicherung, in der der Versicherte vor der Arbeitslosigkeit zuletzt Beitrags- oder Ersatzzeiten nachweist. Nach dem zweiten Satz der zitierten Gesetzesstelle gelten als Zeiten der Arbeitslosigkeit auch Zeiten einer nachweisbaren Arbeitslosigkeit im Ausland bis zum ersten Antritt einer Beschäftigung im Ausland, soweit sie nicht das Ausmaß von zwei Jahren übersteigen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Jänner 1990, Zl. 89/08/0075, (unter Hinweis auf Vorjudikatur) ausgeführt hat, liegen Zeiten einer nachweisbaren Arbeitslosigkeit im Ausland im Sinne des zweiten Satzes des § 502 Abs. 1 ASVG, die als aus den Gründen des § 500 veranlaßte Zeiten der Arbeitslosigkeit im Sinne des ersten Satzes gelten, nur dann vor, wenn sie mit einer einen Begünstigungstatbestand bildenden (also aus den Gründen des § 500 veranlaßten) Auswanderung im unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. auch das Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0014).

Wegen dieses Erfordernisses eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen dem Begünstigungstatbestand der Auswanderung und jenem der Arbeitslosigkeit im Ausland muß aber auch die Wendung "bis zum ersten Antritt einer Beschäftigung im Ausland, soweit sie nicht das Ausmaß von zwei Jahren übersteigen" so verstanden werden, daß nur die im unmittelbaren Anschluß an die einen Begünstigungstatbestand bildende Auswanderung liegende Zeit der Arbeitslosigkeit bis zum Höchstausmaß von zwei Jahren und nicht ein beliebiger Zeitraum während der Zeit der Auswanderung begünstigungsfähig ist (vgl. neuerlich das erwähnte Erkenntnis vom 16. Jänner 1990, Zl. 89/08/0075).

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall, daß der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Begünstigungstatbestand der Arbeitslosigkeit im Ausland im Hinblick auf das (unstrittige) Auswanderungsdatum der Beschwerdeführerin vom 25. August 1938 nur in der Zeit vom 26. August 1938 bis 25. August 1940 vorliegen könnte. Die am 9. Juni 1930 geborene Beschwerdeführerin war somit am Ende dieser für den Begünstigungstatbestand der Arbeitslosigkeit im Ausland allein in Betracht kommenden Zeitspanne rund zehn Jahre und zwei Monate alt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0236, ausgeführt hat, steht bei den Bestimmungen der §§ 500 ff ASVG (insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Begünstigungstatbestand der Arbeitslosigkeit) der Wiedergutmachungsgedanke insoweit im Vordergrund, als die in § 500 ASVG genannten und in den folgenden Bestimmungen näher ausgeführten sozialversicherungsrechtlichen Nachteile ausgeglichen werden sollen, das heißt, dem Umstand Rechnung getragen werden soll, daß gerade durch die Verfolgung aus den in § 500 ASVG genannten Gründen die von dieser Verfolgung Betroffenen durch die verschiedensten Umstände dieser Verfolgung im Gegensatz zu jenen, die von dieser Verfolgung nicht betroffen waren, gehindert waren, Versicherungszeiten in der gesetzlichen Sozialversicherung zu erwerben. Dieser auf sozialversicherungsrechtliche Nachteile der genannten Art bezogene Wiedergutmachungsgedanke kommt aber dann nicht zum Tragen, wenn der Erwerb von Sozialversicherungszeiten schon aus Altersgründen im fraglichen Zeitraum von vornherein nicht in Betracht kam, wie dies für das achte bis zehnte Lebensjahr jedenfalls anzunehmen ist.

Ob - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides meint - mit der Beendigung der Schulpflicht die maßgebende Grenzziehung in diesem Zusammenhang vorzunehmen ist, oder mit der Vollendung des 14. Lebensjahres (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0079, und vom 11. Mai 1993, Zl. 92/08/0113), kann im Beschwerdefall auf sich beruhen. Insoweit unterliegt die Beschwerdeführerin einem Mißverständnis, wenn sie ausführt, daß am Ort der Auswanderung damals keine Schulpflicht bestanden habe und die Mittel zur Finanzierung des Besuches einer Privatschule unverschuldet gefehlt hätten, hat doch die belangte Behörde mit dem Hinweis auf das Ende der Schulpflicht lediglich eine altersmäßige Grenzziehung im vorstehenden Sinne vornehmen wollen. Im Hinblick auf die eingangs dargestellte Rechtslage und die im Beschwerdefall gegebene Sachlage bedarf jedoch diese Frage der Grenzziehung keiner näheren Erörterung. Die Anrechnung der Zeit der Auswanderung kommt schon zufolge der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 502 Abs. 6 letzter Satz ASVG nur für Zeiten ab Vollendung des 15. Lebensjahres in Betracht.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994080209.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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