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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des G in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 29. Juli 1993, Zl. 2/9/4-BK/Kd-1993, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1988, 1989 und 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erwarb im November 1988 ein altes, an der Stadtmauer gelegenes Gebäude, das er in ein Bürogebäude für seine Steuerberatungskanzlei umbaute. Der Betrieb in dieser wurde Ende September 1989 aufgenommen. Der Beschwerdeführer begehrte zuletzt für das Bürogebäude die Berechnung der AfA auf Grund einer Nutzungsdauer von 25 Jahren. Das Gebäude diene zu 100 % dem Klientenverkehr, unterliege daher gleich starker Abnützung wie ein Gebäude, das zumindest 80 % dem Kundenverkehr eines Betriebes des Bank- und Versicherungswesens diene. Die behauptete wirtschaftliche Nutzungsdauer gründe sich auf die Rationalisierung durch zunehmenden Maschineneinsatz (EDV-Anlagen), dadurch erhöhten Platzbedarf für Arbeitnehmer, den Konkurrenzkampf der Wirtschaftstreuhänder, die verstärkte Möglichkeit des Einsatzes von Werbemitteln, die verstärkte Bedeutsamkeit des Auftretens am Markt für Wirtschaftstreuhänder, den notwendigen Umbau des Steuerberatungsbüros spätestens nach 25 Jahren, um ein besseres Auftreten am Markt sicherzustellen und den technischen Anforderungen zu entsprechen. Für die zur Liegenschaft gehörigen Teile der Stadtmauer beantragte der Beschwerdeführer eine 15-jährige Nutzungsdauer, weil die Mauer generalsaniert werden müsse. Für die Anschlüsse des Altgebäudes (100 Jahre alter Wasserleitungsanschluß, 80 Jahre alter Stromanschluß und 15 Jahre alter Kanalanschluß) begehrte er eine 10-jährige Nutzungsdauer.
Mit ihrem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde AfA nur auf Grund einer 50-jährigen Nutzungsdauer. Entscheidend sei der Inhalt der im Gebäude ausgeführten Tätigkeit. Die Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders stelle keine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG 1988 dar, die eine verstärkte Abnutzung mit sich bringen könne. Der Kundenverkehr bei einer Bank oder Versicherung sei dem Klientenverkehr einer Steuerberatungskanzlei mit den in den Steuererklärungen des Beschwerdeführers ausgewiesenen Umsätzen (rund 3,4 bzw. 5,7 Mio. S) nicht vergleichbar. Die vom Beschwerdeführer angeführten Umstände begründeten keine höhere AfA. Die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens erscheine daher entbehrlich. Die Anschlüsse seien dem Gebäude zuzurechnen, weil für sie nach der Verkehrsauffassung im Rahmen des Gesamtkaufpreises üblicherweise kein besonderes Entgelt angesetzt werde. Die Anschlüsse folgten daher hinsichtlich der AfA dem Gebäude. Die Stadtmauer habe fast ein Jahrtausend überdauert und werde laut dem eingeholten Sachverständigengutachten auch noch ein Jahrhundert überdauern. Auch für die Stadtmauer werde daher eine Nutzungsdauer von 50 Jahren angenommen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid bei ihm erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 28. Februar 1994, B 1805/93-4). Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt habe, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes angesichts der Zulässigkeit typisierender Pauschalierung im Hinblick auf die unterschiedliche Art des Kundenverkehrs (Massenverkehr, Laufkundschaft, Schalterdienst) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als sowenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof anzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "Recht auf Veranschlagung einer vierprozentigen Absetzung für Abnutzung gem. § 8 Abs. 1 zweiter Halbsatz EStG sowie gem. § 7 EStG infolge nachgewiesener Nutzungsdauer von 25 Jahren" verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Nutzungsdauer der Stadtmauer wurde von der belangten Behörde unter Zugrundelegung des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht als zu lang angenommen. Auch gegen die Behandlung der drei alten Anschlüsse als Einheit mit dem Gebäude und nicht als selbständige Wirtschaftsgüter bestehen mit Rücksicht auf die von der belangten Behörde erwähnte Verkehrsauffassung keine Bedenken. Die Richtigkeit dieser Ansicht wird auch durch den Kaufvertrag bestätigt, mit dem der Beschwerdeführer das Gebäude erworben hat. In ihm findet sich nämlich auch kein gesonderter Kaufpreisansatz für die Versorgungsanschlüsse.
Beim Verwaltungsgerichtshof sind - ebenso wie beim Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Ablehnungsbeschluß) - Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 1 EStG 1988 vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles nicht entstanden.
Der Betrieb einer Steuerberatung ist auf dem Gebiet des Bank- und Versicherungswesens mit zumindest 80 % dem Kundenverkehr dienenden Gebäuden in typisierender Betrachtung nicht vergleichbar. Für Banken oder Versicherungen typischer Massenverkehr, Laufkundschaft und Schalterdienst bestehen in einer Steuerberatungskanzlei nicht. Die belangte Behörde hat es daher zu Recht abgelehnt, ohne Nachweis der Nutzungsdauer von einer Absetzung für Abnutzung von 4 % auszugehen. Sie durfte auf Grund des § 8 Abs. 1 EStG 1988 ohne Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer daher nur 2 % AfA anerkennen.
Die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe die allein maßgebliche wirtschaftliche Nutzungsdauer nicht herangezogen, ist unrichtig. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit den vom Beschwerdeführer angeführten Argumenten für eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 25 Jahren auseinandergesetzt und ist ohne ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu belasten zu dem Ergebnis gelangt, daß durch diese Argumente eine (wirtschaftliche) Nutzungsdauer unter 50 Jahren nicht nachgewiesen ist. Der vom Beschwerdeführer behauptete starke Klientenbesuch könnte nur die technische Nutzungsdauer berühren. Er läßt jedoch nicht die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß durch ihn das Gebäude eine kürzere als die von der belangten Behörde zugrundegelegte Nutzungsdauer hat.
Der Einsatz von EDV-Anlagen berührt die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes nicht. Erfahrungsgemäß werden nämlich derartige Anlagen immer kleiner. Sie führen aber auch zu Rationalisierungen im Rahmen des Betriebes und daher - zumindest plangemäß - nicht zu Personalvermehrung. Erhöhter Platzbedarf ist daher entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers durch die elektronischen Entwicklungen nicht zu erwarten.
Aus welchem Grund der zunehmende Wettbewerb zwischen Wirtschaftstreuhändern, der verstärkte Einsatz von Werbemitteln und die verstärkte Bedeutsamkeit des Auftretens am Markt die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Betriebsgebäudes unter 50 Jahre absinken lassen sollte, ist unerfindlich.
Absehbarerweise könnte daher die Büroeinrichtung, allenfalls die Raumunterteilung durch zukünftige Entwicklungen innerhalb von 50 Jahren Veränderungen notwendig machen, nicht aber eine Veränderung des Gebäudes in seiner wesentlichen Substanz. Eine bereits zur Zeit mit der nötigen Verläßlichkeit voraussehbare Ausweitung seines Betriebes, die eine wirtschaftliche Unbrauchbarkeit des Gebäudes für seinen Betrieb vor Ablauf von 50 Jahren erkennen ließe, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht nachvollziehbar dargelegt.
Der Beschwerdeführer hat somit im Verwaltungsverfahren keine durch Sachverständigenbeweis überprüfbaren, für die Entscheidung wesentlichen Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Sein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde daher im Ergebnis zu Recht als ins Leere gehend abgewiesen.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994140052.X00Im RIS seit
20.11.2000