TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 94/08/0217

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.1994
beobachten
merken

Index

L08010 Vereinbarungen nach Art 15a;
L08014 Vereinbarungen nach Art 15a B-VG Oberösterreich;
L08017 Vereinbarungen nach Art 15a B-VG Tirol;
L08018 Vereinbarungen nach Art 15a B-VG Vorarlberg;
L92050 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe;
L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;
L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg;
L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;
L92058 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
SHG Slbg 1975 §29;
SHG Slbg 1975 §53;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art7;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid der Slbg LReg vom 11. März 1992, Zl. 3/01-41.631/389-1992, betreffend einen Rückersatzanspruch gemäß Art. 3 der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, Salzburger LGBl. Nr. 95/1975 (mP: Land Salzburg, vertreten durch den LH), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde unter Bezugnahme auf Art. 7 der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 95/1975 (in der Folge: Vereinbarung) festgestellt, daß das Land Salzburg als Sozialhilfeträger gemäß Art. 3 Abs. 2 lit. b dieser Vereinbarung nicht verpflichtet ist, die der beschwerdeführenden Stadt Linz durch die Unterbringung einer näher bezeichneten Pflegebedürftigen im Pflegeheim S entstehenden Kosten zu ersetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind beim Verwaltungsgerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich § 53 des Gesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Sozialhilfe im Lande Salzburg (Salzburger Sozialhilfegesetz), Salzburger LGBl. Nr. 19/1975, und die Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 12. September 1975, mit der der Beitritt des Landes Salzburg zur Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe verlautbart wird, LGBl. Nr. 95/1975, (idF: Sozialhilfekundmachung) entstanden. Mit Beschlüssen vom 17. November 1992 und 8. Februar 1994, A 45/92, hat der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG sowie Art. 139 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 und 3 B-VG zusammengefaßt die Anträge gestellt, § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes und die Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 12. September 1975, LGBl. Nr. 95/1975, als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 17. Juni 1994, G 231/92, G 30/94 und V 105/92, hat der Verfassungsgerichtshof (im Hinblick auf die mit 30. März 1994 in Kraft getretene Änderung dieser Gesetzesstelle durch das Gesetz vom 15. Dezember 1993, Salzburger LGBl. Nr. 27/1994) ausgesprochen, daß § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 27/1994, verfassungswidrig war und das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der in Beschwerde gezogene Bescheid stützt sich in mehrfacher Weise auf die im Salzburger Landesgesetzblatt unter LGBl. Nr. 95/1975 kundgemachte Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, unter anderem auf Art. 7 dieser Vereinbarung, wonach über die Verpflichtung zum Kostenersatz im Streitfall die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat im vorzitierten, im Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren ergangenen Erkenntnis ausgeführt, daß die Feststellung, § 53 (alt) des Salzburger Sozialhilfegesetzes sei verfassungswidrig gewesen, für den Anlaßfall (dort: für das zu V 105/92 eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren) den Wegfall der Eigenschaft der Salzburger Sozialhilfekundmachung, LGBl. Nr. 95/1975, als Rechtsnorm bewirke. Auch die in der Kundmachung zitierte und eine Anlage hiezu bildende Vereinbarung habe damit ihre rechtliche Wirkung gegenüber Dritten (etwa den Sozialhilfeträgern) verloren (Hinweis des Verfassungsgerichtshofes auf sein früheres Erkenntnis vom 12. März 1984, VfSlg. 9992).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im anhängigen Beschwerdeverfahren weder § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 27/1994, noch die als Anlage zur Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom 12. September 1975 in LGBl. Nr. 95/1975 kundgemachte Ländervereinbarung als RECHTSNORM anzuwenden. Dies ergibt sich hinsichtlich der als verfassungswidrig festgestellten Bestimmung des § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes unmittelbar aus Art. 140 Abs. 7 B-VG, hinsichtlich der Kundmachung LGBl. Nr. 27/94 ebenfalls aus der Überlegung, daß diese Kundmachung sich als eine Norm darstellt, die als Rechtsquelle in der Bundesverfassung keine Grundlage hat und die daher (nur) durch § 53 SHG (verfassungswidrigerweise) die Eigenschaft hatte, der erwähnten Ländervereinbarung normative Wirkung zu verleihen; die Aufhebung der Gesetzesvorschrift des § 53 SHG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1994 bewirkte daher zugleich den Wegfall der Eigenschaft der Sozialhilfekundmachung als Rechtsnorm (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 1984, Slg. Nr. 9992). Diese Wirkung trat mit der Erlassung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ein und führte nicht nur zur Einstellung des Verordungsprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof, sondern auch dazu, daß die mehrfach genannte Kundmachung rechtens nicht mehr Grundlage des angefochtenen Bescheides sein kann.

Damit hat der Verwaltungsgerichtshof auch Art. 7 dieser Vereinbarung, welcher die Zuständigkeit der belangten Landesregierung zur Entscheidung über den Kostenersatz aufgrund der genannten Ländervereinbarung begründet, nicht mehr anzuwenden. § 29 Abs. 1 des Salzburger Sozialhilfegesetzes ordnet für die Vollziehung der in diesem Gesetz geregelten behördlichen Aufgaben die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde an, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine Entscheidung der Landesregierung ist im Gesetz nur für die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde (§ 29 Abs. 2 leg. cit.) sowie bei der Untersagung von Heimen und ähnlichen Einrichtungen im Sinne der §§ 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3 SHG angeordnet. Daneben ist die Landesregierung zur Erlassung von Verordnungen berufen (vgl. §§ 12 Abs. 8, 15 Abs. 2, 17 Abs. 1 und 4 und 19 Abs. 2 des Salzburger Sozialhilfegesetzes). Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als von einer unzuständigen Behörde erlassen; er war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen in der Sache bedarf.

Auf die Änderung des § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes durch die Novelle Salzburger

LGBl. Nr. 27/1994 hatte der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nicht Bedacht zu nehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994080217.X00

Im RIS seit

13.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten