TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 94/05/0007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.1994
beobachten
merken

Index

L82000 Bauordnung;
L85003 Straßen Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
BauRallg;
LStG NÖ 1979 §6 Abs1 idF 8500-1;
LStG NÖ 1979 §6 Abs1 idF 8500-3;
LStG NÖ 1979 §6 Abs3;
LStG NÖ 1979 §6 Abs6 idF 8500-3;
LStG NÖ 1979 §6a Abs1 idF 8500-1;
LStG NÖ 1979 §6a idF 8500-1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der VF und des PF in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom 8. April 1993, Zl. R/1-V-92103/31, betreffend Parteistellung in einem Bewilligungsverfahren nach dem Niederösterreichischen Landesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 8. Jänner 1993 der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Berufung auf § 34 Abs. 2 des NÖ Landesstraßengesetzes die aufsichtsbehördliche Genehmigung zur Erlassung des Bewilligungsbescheides gemäß § 6 leg. cit. erteilt hatte, erging der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Jänner 1993, mit welchem der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 6 leg. cit. "die Bewilligung für den Straßenvollausbau der G-Straße zwischen der Kreuzung mit der L nnnn ... und der nördlichen Straßenflucht der G-Gasse sowie für die Umgestaltung des A-Weges in X" erteilt worden ist. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden "mangels Parteistellung" mit der Begründung "zurückgewiesen", daß deren Liegenschaft G-Gasse zz "weder an die neu zu bauende G-Straße noch an den A-Weg, auf die sich die beabsichtigten Baumaßnahmen beschränken, angrenzt".

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 8. April 1993 wurde die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. November 1993, Zl. B 1017/93-12, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Die Beschwerdeführer haben in der Sachverhaltsdarstellung ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich erwähnt, Eigentümer einer Liegenschaft zu sein, "die etwa 50 Meter von der Einmündung der neuen G-Straße (auf die sich das Straßenbauprojekt der Marktgemeinde X bezieht) entfernt in der G-Gasse liegt".

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des NÖ Landesstraßengesetzes haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 6

Bauverhandlung, Trassenbegehung, Baubewilligung

(1) Vor Inangriffnahme der Bauarbeiten für die Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung einer Landeshaupt- oder Landesstraße ist eine örtliche Verhandlung und Begehung der Trasse zum Zwecke der Begutachtung des Bauvorhabens vom Standpunkt der durch den Bauentwurf berührten Interessen durchzuführen. Hiebei ist insbesondere auch darauf Bedacht zu nehmen, daß sich die geplante Straße unter Schonung bestehender Natur- und Kunstdenkmale dem Landschaftsbild anpaßt und dem Verkehr, einschließlich eines allfälligen besonderen landwirtschaftlichen Verkehrsbedürfnisses gerecht wird. Weiters ist auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.

...

(3) Zu der Amtshandlung, die in den durchzogenen Gemeinden durch Anschlag an der Amtstafel durch acht Tage vor dem Verhandlungstag kundzumachen ist, sind außer den Entwurfsvertretern die Durchzugsgemeinden, die sonstigen beteiligten Behörden und Amtsstellen sowie alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen nachweislich zu laden. Abweichungen vom Bauentwurf, über die bei der Verhandlung eine Einigung erzielt wurde, sind in den der Verhandlung zugrunde liegenden Entwurfsplänen mit blauer Farbe ersichtlich zu machen. Privatrechtliche Einwendungen gegen den Bauentwurf, über die eine Einigung nicht erzielt worden ist, sind zur Austragung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

...

(6) Bei Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen und Wegen ist das vorangeführte Verfahren durch den Gemeinderat durchzuführen. ... Den Baubewilligungsbescheid erläßt der Gemeinderat."

"§ 6 a

Schutz der Nachbarn

(1) Bei der Planung und beim Bau von Landeshaupt- und Landesstraßen ist vorzusorgen, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landeshaupt- und Landesstraßen soweit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Landeshaupt- und Landesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/05/0221, ausgeführt, daß die durch die Novelle LGBl. 8500-1 erfolgte Einfügung des letzten Satzes des § 6 Abs. 1 sowie des § 6 a über den "Schutz der Nachbarn" bewirke, daß nunmehr bei der Begutachtung von Bauvorhaben im Sinne des § 6 Abs. 1 leg. cit. einerseits allgemein "auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen" und andererseits "vorzusorgen sei, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landeshaupt- und Landesstraßen" in dem umschriebenen Maß "herabgesetzt werden".

Aus der Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1 und 6 a Abs. 1 ergibt sich zunächst, daß der Gesetzgeber den näher umschriebenen Schutz der Nachbarn nur beim Bau von Landeshaupt- und Landesstraßen, nicht aber bei Gemeindestraßen vorgesehen hat. Auf die Umweltverträglichkeit hat aber die Behörde auch bei der Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen Bedacht zu nehmen, ohne daß die Nachbarn ein diesbezügliches Mitspracherecht beanspruchen könnten.

Das Niederösterreichische Landesstraßengesetz regelt weder den Begriff des Nachbarn, noch den Parteienbegriff. In § 6 Abs. 1 werden die "durch den Bauentwurf berührten Interessen" angeführt, aus § 6 Abs. 3 ergibt sich, daß zur Amtshandlung alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen zu laden sind. In seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 93/05/0032, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, da das Niederösterreichische Landesstraßengesetz im Gegensatz zu Straßengesetzen anderer Länder keine Trassenverordnung vorsehe, finde auch die Festlegung der Trasse im straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahren statt. Es liege im Wesen einer derartigen Straßenplanung, daß die Berücksichtigung der Interessen des einen in der Regel zur Beeinträchtigung von Interessen anderer führe. Der dem Straßengesetz vorschwebende Zweck könne nur durch eine Abwägung der in Betracht kommenden Interessen, insbesondere in bezug auf den Verlauf der Straße, erreicht werden. In dieser Beziehung müsse den Anrainern, die ja zur Verhandlung zu laden seien, ein Mitspracherecht zuerkannt werden. Zur erforderlichen Abwägung der Interessen bedürfe es der Gegenüberstellung der verschiedenen Möglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen.

Nun sind aber die Beschwerdeführer, deren Liegenschaft nicht an die im bisherigen Straßenbaubewilligungsverfahren bewilligte Straße angrenzt, nicht einmal Anrainer im Sinne des § 6 Abs. 3 des Landesstraßengesetzes. Auf Grund der ausdrücklichen Regelung im letzten Satz des § 6 a Abs. 1 leg. cit. stand ihnen aber kein Mitspracherecht bezüglich des dort genannten Schutzes von Nachbarn zu. Mit Recht hat daher schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Einwendungen der Beschwerdeführer mangels Parteistellung zurückgewiesen (vgl. dazu das dasselbe Straßenbauprojekt betreffende hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1994, Zl. 94/05/0006).

Durch die Abweisung ihrer Vorstellung sind die Beschwerdeführer daher in keinen Rechten verletzt worden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Baurecht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050007.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten