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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §19 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde
1. des FD, 2. der ED, 3. des AF, sämtliche in R, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juni 1992, Zl. R/1-V-92060, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. JS in R, 2. Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 27. März 1990 suchte der mitbeteiligte Bauwerber unter Vorlage einer Baubeschreibung und entsprechender Pläne um die Bewilligung des Umbaues eines Stalles in ein Lokal für 30 Sitzplätze auf dem Grundstück Nr. 133 (L-Straße 1) samt Schaffung von 5 Stellplätzen an. Dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin gehört das benachbarte Grundstück L-Straße 3. Die Gesamtliegenschaft des Bauwerbers - aber nicht der vom Bauvorhaben betroffene Teil - befindet sich an der Einmündung der L-Straße in die D-Straße; der Drittbeschwerdeführer ist gegenüberliegender Nachbar mit der Anschrift D-Straße 30.
Die Beschwerdeführer wurden zur Bauverhandlung vom 26. April 1990 geladen; die Ladung enthielt den Hinweis, daß der Bauwerber um die Baubewilligung für den Umbau eines Stalles in ein Lokal für 30 Sitzplätze angesucht habe und daß gemäß § 92 der Bauordnung für Niederösterreich die mündliche Verhandlung angesetzt werde, auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG wurde hingewiesen. Der Drittbeschwerdeführer erklärte in der Verhandlung, daß er durch das Offenhalten des Lokales in den Abendstunden eine unzumutbare Lärmbelästigung durch Mopeds, Motorräder und Kraftfahrzeuge, die nicht alle auf dem Grundstück des Lokales parken können und daher in den umgrenzenden Straßenteilen parken werden, befürchte. Dies gelte vor allem für das Zu- und Abfahren vorgenannter Fahrzeuge, außerdem werde eine Vergrößerung des Lokales bei gutem Geschäftsgang erwartet. Dieser Erklärung schlossen sich der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin an und ergänzten, daß durch Parkplatzmangel ihre Einfahrten verstellt würden und eine zusätzliche Verschmutzung des öffentlichen Gutes befürchtet werde.
In der Folge holte die Baubehörde erster Instanz verschiedene Gutachten ein. Der Gemeindearzt der mitbeteiligten Gemeinde, Dr. A.M., erklärte in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 1991: "Hiermit gebe ich, Dr. ... die vom
Bürgermeister ... gewünschte Stellungnahme zum Bau und
anschließender Weiterführung als Restaurant des (Bauwerbers) bekannt. Sofern keine ungebührliche Belästigung der Umgebung eintritt, ist vom gemeindeärztlichen Standpunkt aus kein Einwand gegen die Errichtung zu erheben". Ein Amtssachverständiger des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung schlug in seinem lärmtechnischen Gutachten vom 11. Dezember 1991 eine Reihe von Auflagen vor. Bezugnehmend darauf teilte der Gemeindearzt mit Schreiben vom 20. Dezember 1991 mit, daß, sollten die im Lärmschutzgutachten geforderten Auflagen erfüllt werden, von seiner Seite als Gemeindearzt keinen weiteren Einwendungen gegen das oben genannte Projekt bestünden.
In ihren Stellungnahmen erklärten die Beschwerdeführer, daß es ihnen insbesondere um die zu erwartende Lärmimmissionen ginge.
Mit Bescheid vom 2. Jänner 1992 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz die Bewilligung zum Umbau des bestehenden Stallgebäudes in ein Lokal mit 30 Sitzplätzen, zur Errichtung von
6 Kraftfahrzeugabstellplätzen, sowie zur Aufstellung einer Lärmschutzwand. Aufgetragen wurde insbesondere auch die Erfüllung der zusätzlichen Auflagen aufgrund des lärmtechnischen Gutachtens vom 11. Dezember 1991. Im Spruch des Bescheides befindet sich weiters folgender Absatz:
"Gemäß § 198 Abs. 3 Gewerbeordnung 1973 in der gegenwärtigen Fassung wird die Aufsperrstunde mit 8.00 Uhr u. die Sperrstunde mit 2.00 Uhr festgelegt."
Die Einwendungen der Nachbarn hinsichtlich der befürchteten Verschmutzung des öffentlichen Gutes und des Verstellens von Hauszufahrten wurden wegen "sachlicher Unzuständigkeit" zurückgewiesen; hinsichtlich der Lärmbelästigung durch das Offenhalten des Lokales in den Abendstunden, der unzumutbaren Lärmbelästigung durch Mopeds, Motorräder und andere Kraftfahrzeuge, die in angrenzenden Straßenteilen parken, wurden die Einwendungen im Hinblick auf die im Bescheid enthaltenen Vorschreibungen abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Begrenzung der Öffnungszeiten sei wegen der im lärmtechnischen Gutachten gemachten Aussagen erforderlich gewesen.
In der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde geltend gemacht, daß das eingeholte lärmtechnische Gutachten auf unzureichenden Grundlagen basiere, die zu erwartende Lärmbelästigung in den Nachtstunden die Gesundheit der Anrainerschaft beeinträchtige und die Vorschreibungen unzureichend seien. Gegen die Sperrstundenregelung richten sich die Berufungsausführungen nicht. Mit Bescheid vom 28. Februar 1992 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters zur Gänze. Durch die erteilten Auflagen würden im Sinne des § 62 Abs. 2 der Nö BauO 1976 (LGBl Nr 8200-6; im folgenden: BO) Belästigungen, die das örtlich zumutbare Ausmaß überschreiten, hintangehalten werden.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung rügten die Beschwerdeführer, daß es sich bei der Festlegung der Öffnungszeiten im Bescheid des Bürgermeisters um eine gewerberechtliche Angelegenheit handle, über die im Bauverfahren nicht zu entscheiden sei. Da in der Ladung kein Hinweis enthalten gewesen sei, daß über die Öffnungszeiten bzw. über gewerberechtliche Fragen mitverhandelt werde, sei den Anrainern die Möglichkeit genommen worden, Einwendungen hinsichtlich der Öffnungszeiten vorzubringen. Diese Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides hätte im Berufungsbescheid aufgegriffen werden müssen. Der beigezogene Gemeindearzt sei kein Sachverständiger im Sinne des § 99 Abs. 2 Nö BauO und nicht befugt und kompetent, der Baubehörde sachliche Grundlagen für deren Entscheidung zu liefern. Die Beschwerdeführer legten ein Attest des Gemeindearztes über Auswirkungen von Lärmbelästigungen bei der Zweitbeschwerdeführerin vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Die Baubehörde müsse nur prüfen, ob eine Betriebstype mit der im Flächenwidmungsplan vorgesehenen Flächenwidmung vereinbar sei. Wenn dies wie im gegebenen Fall bejaht wird, so sei nur zu prüfen, ob Auflagen im Sinne des § 62 Abs. 2 der Nö BauO 1976 notwendig seien, um Gefahren bzw. unzumutbare Belästigungen der Nachbarn hintanzuhalten. Während der Bauverhandlung hätten die Beschwerdeführer Belästigungen durch die außerhalb des Abstellplatzes, also im Straßenbereich befindlichen Fahrzeuge aufgezeigt; Anrainer besäßen aber im baubehördlichen Bewilligungsverfahren kein Recht darauf, daß sich durch dieses Vorhaben die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen und die daraus resultierende Lärm- und Geruchsbelästigung nicht verschlechtere. Mit allem weiteren Vorbringen seien die Beschwerdeführer präkludiert. Das Vorstellungsvorbringen hinsichtlich der Öffnungszeiten bzw. Festsetzung der Sperrstunde unterliege nicht der Beurteilung im Bauverfahren und hätte dieser Teil des Bescheides des Bürgermeisters allenfalls mit einer Berufung an die Gewerbebehörde zweiter Instanz bekämpft werden müssen. (Hiezu ist anzumerken, im eigenen Wirkungsbereich wäre dies der Gemeinderat gewesen; die Vorstellung gegen einen Berufungsbescheid wäre an den Landeshauptmann zu richten.)
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof die bestimmte Bezeichnung des Rechtes zu enthalten, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt). Diese Bestimmung steht in enger Beziehung zu Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, wonach derjenige Beschwerde erheben kann, der behauptet, IN SEINEN RECHTEN verletzt zu sein. Die Angabe des Beschwerdepunktes steckt den Prüfungsrahmen des Verwaltungsgerichtshofes verbindlich ab; nach § 41 Abs. 1 VwGG hat der Gerichtshof nicht zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in irgendeinem subjektiven Recht verletzt wird, sondern nur, ob jenes Recht verletzt wird, dessen Verletzung er behauptet (vgl. Lehne, Bemerkungen zu den Begriffen: Beschwerdepunkt, Beschwerdegründe, bestimmtes Begehren und zu häufig vorkommende Mängel der Beschwerde, AnwBl. 1980, 12 ff).
Die Beschwerdeführer haben nun nur geltend gemacht, der Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil im Zuge des Bauverfahrens nicht über die rein gewerberechtliche Frage der Öffnungszeiten zu verhandeln gewesen wäre. Die belangte Behörde sei trotz Hinweises in der Vorstellung nicht darauf eingegangen, daß im Bauverfahren eine gewerberechtliche Entscheidung gefällt worden sei. Hinsichtlich der Verfahrensrüge wird ausgeführt, daß dann, wenn anstelle des Gemeindearztes ein medizinischer Amtssachverständiger beigezogen worden wäre, die Bewilligung der Sperrstunde nicht erst um zwei Uhr hätte erfolgen können.
Die Beschwerdeführer berufen sich also auf ein Recht darauf, daß der Bürgermeister im Baubewilligungsbescheid nicht gleichzeitig über die Sperrstunde abspricht und daß die Sperrstunde mit zwei Uhr früh festgelegt wurde.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist ganz allgemein entgegenzuhalten, daß keine Rechtsnorm besteht, die den Bürgermeister verpflichtet, eine gewerbebehördliche und eine baubehördliche Angelegenheit in zwei getrennten Bescheiden zu erledigen, wenngleich dies üblich und zweckmäßig ist. Der Umstand, daß die Sperrstunde im selben Bescheid festgelegt wurde, vermag sohin eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides nicht herbeizuführen, zumal dadurch, daß die Sperrstundenregelung nicht in einem gesonderten Bescheid erfolgte, eine Beeinträchtigung der sich aus § 118 Abs. 9 BO ergebenden Rechte der Nachbarn im Bauverfahren nicht erkennbar ist.
Daß die Ladung zur Bauverhandlung keinen Hinweis auf die spätere in dem Bescheid aufgenommene Regelung enthielt, konnte Rechte der Beschwerdeführer gleichfalls nicht schmälern, weil sie dadurch ja nicht gehindert waren, Einwendungen im Bauverfahren zu erheben.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob das Bauverfahren durch Beiziehung eines möglicherweise nicht ausreichend fachkundigen Gutachters mangelhaft blieb. Mit der Behauptung, durch ein weiteres Amtsachverständigengutachten wäre eine für die Beschwerdeführer günstigere Sperrstundenregelung erzielt worden, kann eine Rechtswidrigkeit des Bescheides der belangten Behörde, die nur die Rechtmäßigkeit der erteilten Baubewilligung zu prüfen hatte, nicht dargetan werden. Daß durch den Vorstellungsbescheid in die sich aus der Bauordnung ergebenden Nachbarrechten der Beschwerdeführer eingegriffen worden wäre, behaupten die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch nicht.
Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992050231.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009