TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 93/08/0128

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Veröffentlicht am 25.10.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §435 Abs1 Z4;
ASVG §448 Abs1;
ASVG §453 Abs1;
ASVG §455 Abs1;
ASVG §455 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Betriebskrankenkasse des Werkes Zeltweg der VOEST-ALPINE Maschinenbau Ges.m.b.H. in Zeltweg, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. März 1993, Zl. 26.515/2-5/93, betreffend Versagung der Genehmigung einer Satzungsänderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Betriebskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 9. Februar 1993 an den Bundesminister für Arbeit und Soziales teilte die beschwerdeführende Betriebskrankenkasse mit, daß im Zuge der gesellschaftsrechtlichen Neuordnung der VOEST-ALPINE Maschinenbau Ges.m.b.H. die einzelnen Unternehmensbereiche mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet worden seien. In der Hauptversammlung der Beschwerdeführerin vom 16. Dezember 1992 sei die Satzungsänderung beschlossen worden, welche die Bezeichnung der Beschwerdeführerin zum Ausdruck bringe. Aufgrund des angeschlossenen Protokolles über die Hauptverhandlung vom 16. Dezember 1992 werde um die Genehmigung folgender Satzungsänderung ersucht:

"1. Änderung des Firmenwortlautes:

Die Seite 1 der Satzung hat wie folgt zu lauten:

Satzung

der Betriebskrankenkasse

der VOEST-ALPINE Eisenbahnsysteme AG

Werk Zeltweg

Der § 1 Abs. 1 und 2 hat zu lauten:

(1) Die Betriebskrankenkasse der VOEST-ALPINE Eisenbahnsysteme AG, Werk Zeltweg (im folgenden kurz Kasse genannt), ist Träger der Krankenversicherung gemäß § 23 des Bundesgesetzes vom 9. September 1955, BGBl. Nr. 189, über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG); sie hat ihren Sitz in Zeltweg.

(2) Der Kasse obliegt die Durchführung der Krankenversicherung im Rahmen ihrer sich aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ergebenden sachlichen und örtlichen Zuständigkeit. Sie ist für die Beschäftigten der VOEST-ALPINE Eisenbahnsysteme AG der VOEST-ALPINE Bergtechnik Ges.m.b.H. und der VOEST-ALPINE Zeltweg Montage G.m.b.H., sowie für die im § 26 Abs. 1 Z. 3 lit. b und c ASVG genannten Personen errichtet.

Ferner für Bezieher von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 2 lit. c und Abs. 5 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, die während ihres letzten Dienstverhältnisses bei der Kasse krankenversichert waren."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag auf Genehmigung der Änderung der Satzung gemäß § 455 Abs. 1 ASVG in bezug auf § 1 Abs. 1 und die ersten zwei Sätze des Abs. 2 der Satzung keine Folge (Spruchpunkt I) und sprach aus (Punkt II), daß über den anderen Teil der Änderung (§ 1 Abs. 2 letzter Satz der Satzung) gesondert entschieden werde. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß nur ein einziger Rechtsträger Betriebsunternehmer der Kasse sein könne und im übrigen eine Rechtsnachfolge der VOEST-ALPINE Eisenbahnsysteme AG, der VOEST-ALPINE Bergtechnik Ges.m.b.H. und der VOEST-ALPINE Zeltweg Montage Ges.m.b.H. nach der Firma VOEST-ALPINE Maschinenbauges.m.b.H. in deren Eigenschaft als Betriebsunternehmer nicht nachgewiesen oder auch nur behauptet worden sei. Über den letzten Satz der zur Genehmigung vorgelegten Änderung habe noch nicht entschieden werden können, weil zunächst festgestellt werden müsse, ob die VOEST-ALPINE Maschinenbauges.m.b.H. nach wie vor Betriebsunternehmer der Kasse sei und welchen Umfang gegebenenfalls ihr Unternehmensbereich einerseits und der Zuständigkeitsbereich der Kasse andererseits derzeit noch habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machend Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 2 ASVG sind Träger einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz (u.a.) die Betriebskrankenkassen. Gemäß § 23 Abs. 3 ASVG bleiben als Betriebskrankenkassen die bei Wirksamkeitsbeginn dieses Bundesgesetzes für einzelne Betriebe errichteten Krankenkassen dieser Art bestehen. Die Betriebskrankenkassen sind gemäß § 26 Abs. 1 Z. 3 ASVG zur Durchführung der Krankenversicherung für Beschäftigte in Betrieben, für die sie errichtet sind, und für die in den Einrichtungen der Betriebskrankenkassen zur Krankenbehandlung Beschäftigten (bzw. in weiterer Folge auch für die Pensionisten) zuständig. Organe ("Verwaltungskörper") der Versicherungsträger (und damit auch der Betriebskrankenkassen) sind gemäß § 419 Abs. 1 ASVG (u.a.) die Hauptversammlung, der Vorstand und der Überwachungsausschuß. Gemäß § 435 Abs. 1 Z. 4 ASVG obliegt der Hauptversammlung die Beschlußfassung über die Satzung und deren Änderung.

Gemäß § 453 Abs. 1 ASVG hat die Satzung aufgrund der Vorschriften dieses Bundesgesetzes, soweit dies nicht der Regelung durch die Krankenordnung überlassen ist, die Tätigkeit der Versicherungsträger zu regeln und insbesondere Bestimmungen über die Vertretung der Versicherungsträger nach außen (Z. 1), über die Form der Kundmachungen und rechtsverbindlichen Akte (Z. 2) und über die Geschäftsführung der Verwaltungskörper (Z. 3) zu enthalten.

Gemäß § 448 Abs. 1 ASVG unterliegen die Versicherungsträger und der Hauptverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Gemäß § 449 Abs. 1 ASVG haben die Aufsichtsbehörden die Gebarung der Versicherungsträger dahin zu überwachen, daß Gesetz und Satzung sowie die darauf beruhenden sonstigen Rechtsvorschriften beachtet werden. Sie können ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit erstrecken; sie sollen sich in diesem Falle auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger nicht unnötig eingreifen.

Gemäß § 455 Abs. 1 ASVG bedarf die Satzung und jede ihrer Änderungen der Genehmigung des Bundesministers für Soziale Verwaltung (nunmehr: des Bundesministers für Arbeit und Soziales); sie sind binnen 4 Monaten nach der Genehmigung in der Fachzeitschrift "Soziale Sicherheit" zu verlautbaren.

In seinem Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/08/0032, hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung dargelegt, daß die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde nicht berechtigt ist, eine von der Hauptversammlung eines Sozialversicherungsträgers (formal) ordnungsgemäß beschlossene, ihr zur Genehmgiung vorgelegte Satzung bzw. Satzungsänderung nur teilweise zu genehmigen oder ihr teilweise die Genehmigung zu versagen; soweit gegen einzelne Bestimmungen der Satzung bzw. der Satzungsänderung (nach Maßgabe des jeweiligen, zur Genehmigung vorgelegten Beschlusses) Bedenken der Aufsichtsbehörde bestehen, welche diese zu einer Versagung der Genehmigung berechtigen würden, so habe sich diese Versagung der Genehmigung auf den gesamten Beschluß des Verwaltungskörpers zu beziehen. Auf die nähere Begründung in diesem Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Im Beschwerdefall beruht die (neue) Satzung der beschwerdeführenden Betriebskrankenkasse auf einem einheitlichen Beschluß der Hauptversammlung vom 16. Dezember 1992.

Die belangte Behörde hat daher schon dadurch, daß sie der Satzung der Beschwerdeführerin (gegebenenfalls) nicht zur Gänze, sondern nur teilweise die Genehmigung versagt hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das auf Ersatz der Stempelgebühren gerichtete Kostenbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit im Sinne des § 110 Abs. 1 ASVG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080128.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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