TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 93/08/0033

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Veröffentlicht am 25.10.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §39;
AlVG 1977 §46;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 15. Jänner 1993, Zl. 536.033/7-14/92, betreffend Gewährung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.706,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Zusammenhalt mit den Verwaltungsakten ist im Beschwerdefall von folgendem unbestrittenen Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer bezog vom 17. November 1980 bis 8. Februar 1981 Arbeitslosengeld, (über mehrfachen Antrag) vom 9. Februar 1981 bis 1. Juni 1982 Notstandshilfe und vom 2. Juni 1982 bis 19. Juni 1985 Pensionsvorschuß. Mit dem bundeseinheitlich aufgelegten Formblatt beantragte er am 14. Juni 1985 neuerlich die Gewährung des Pensionsvorschusses. Am 18. September 1985 wurde der Beschwerdeführer vom Arbeitsamt Versicherungsdienste dazu in bezug auf seine Staatsangehörigkeit einvernommen. Am 4. Oktober 1985 langte bei der Poststelle der Arbeitsämter das Schreiben des Beschwerdeführers vom 2. Oktober 1985, gerichtet an das Arbeitsamt Versicherungsdienste, ein, worin er, soweit hier wesentlich, ausführte:

"Ich suche hiermit um die SONDERNOTHILFE an."

Mit dem, dem Beschwerdeführer am 27. Dezember 1985 zugestellten, Bescheid vom 19. Dezember 1985 sprach das Arbeitsamt Versicherungsdienste den Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe an den Beschwerdeführer ab 9. Februar 1981 aus und sah von der Rückerstattung der vom 9. Februar 1981 bis 19. Juni 1985 unberechtigt bezogenen Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ab. Weiters wurde dem Antrag vom 14. Juni 1985 auf Gewährung der Notstandshilfe keine Folge gegeben. Der Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheides des Landesarbeitsamtes Wien vom 26. Februar 1986 keine Folge gegeben. In der Begründung wurde - soweit hier wesentlich - ausgeführt, daß der Antrag vom 14. Juni 1985 auf Gewährung der Notstandshilfe zu Recht mangels Vorliegens der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen worden sei. Das Arbeitsamt Versicherungsdienste werde jedoch aufgrund der ab 3. Dezember 1985 vorliegenden österreichischen Staatsbürgerschaft die Angelegenheit neuerlich in Behandlung nehmen und zu prüfen haben, ob die Fortbezugsfrist für die Notstandshilfe gewahrt ist. Dieser dem Beschwerdeführer am 27. Februar 1986 zugestellte Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Das Arbeitsamt Versicherungsdienste sprach mit Bescheid vom 30. April 1986 aus, daß dem Beschwerdeführer auch ab 3. Dezember 1985 keine Notstandshilfe gewährt werden könne. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungssausschusses des Landesarbeitsamtes Wien ausgefertigten Bescheides vom 27. Juni 1986 keine Folge gegeben. Dieser dem Beschwerdeführer am 2. Juli 1986 zustellte Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 1993 wurde der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht vom 4. September 1992 zurückgewiesen (Punkt 1) und dem Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht vom 8. August 1992 betreffend den "Antrag vom 3.12.1985" auf Gewährung der Notstandshilfe stattgegeben und dem Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe gemäß § 39 in Verbindung mit § 46 AlVG keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe mit dem postalisch übermittelten Schreiben ganz formlos um "Sondernotstandshilfe" angesucht. Da gemäß § 39 AlVG in der 1985 geltenden Fassung Männer keine Sondernotstandshilfe hätten erhalten können, wäre der "Antrag" vom 2. Oktober 1985 schon aus diesem Grunde abzuweisen gewesen. Gemäß § 46 Abs. 1 AlVG könne aber dieses Schreiben nicht als "Antrag" angesehen werden, der geeignet sei, einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz geltend zu machen, weil es sich weder um das "hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular" gehandelt habe, noch der Anspruch persönlich geltend gemacht worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Nach den Beschwerdeausführungen bildet ausschließlich der Punkt 2 des angefochtenen Bescheides den Anfechtungsgegenstand.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Beschwerdeführer regte in seiner Replik zur Gegenschrift an, der Verwaltungsgerichtshof möge, falls er der Rechtsansicht der belangten Behörde zur Frage der Auslegung der Geltendmachung von Notstandshilfe gemäß § 46 AlVG folge, von Amts wegen beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der §§ 15 Abs. 1 lit. m, 37, 22 Abs. 2 und 46 Abs. 1 AlVG wegen Verfassungswidrigkeit stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 21. November 1989, Zl. 88/08/0287) handelt es sich bei der Zuerkennung von Notstandshilfe um einen zeitraumbezogenen Abspruch. Legt die Behörde in solchen Fällen den Endpunkt des Zeitraumes, über welchen sie abspricht, in ihrem Bescheid nicht fest, so ist von dem jeweiligen Bescheid im allgemeinen der gesamte Zeitraum bis zur Erlassung des Bescheides umfaßt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 27. Februar 1990, Zl. 89/08/0200). Dies trifft für die aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheide des Landesarbeitsamtes Wien vom 26. Februar 1986 und 27. Juni 1986 zu und bedeutet zunächst, daß mit dem erstgenannten Bescheid über den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1985 bis 2. Dezember 1985 negativ abgesprochen wurde. Mit dem zweitgenannten Bescheid wurde über den Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1985 ab 3. Dezember 1985 bis zur Erlassung des Bescheides (2. Juli 1986) negativ abgesprochen. Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen. Der belangten Behörde war es daher verwehrt, über diese Zeiträume neuerlich abzusprechen. Selbst wenn man das Schreiben des Beschwerdeführers vom 2. Oktober 1985 als Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe (für einen Zeitraum von 26 Wochen) - in diesem Sinne ist es laut Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1991 zu verstehen - ansähe und nicht als bloße Urgenz einer Entscheidung zum Antrag vom 14. Juni 1985, wäre daher - ohne daß es einer Prüfung der Frage bedürfte, ob es sich hiebei um ein verbesserungsfähiges Anbringen handelt - für den Beschwerdeführer nichts gewonnen.

Dadurch, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ein weiteres mal über den genannten Zeitraum abgesprochen hat, hat sie zwar gegen das Verbot, über eine entschiedene Sache neuerlich eine Entscheidung zu treffen, verstoßen; der Beschwerdeführer wurde durch diese Wiederholung eines bereits in Rechtskraft erwachsenen Abspruchs nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080033.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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