TE Vfgh Beschluss 1992/6/17 B743/91

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Veröffentlicht am 17.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
Krnt G über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften §6

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Bescheidcharakter einer Mitteilung über die Ernennung eines (anderen) Bewerbers zum Bezirkshauptmann

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.a) Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er bewarb sich - neben sechs weiteren Personen - um die Planstelle des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, die auf Grund des Beschlusses der Kärntner Landesregierung vom 16. Oktober 1990 am 25. Oktober 1990 in der "Kärntner Landeszeitung" zur Neubesetzung ausgeschrieben worden war.

b) Nach Durchführung eingehender Ermittlungen nahm die im Amt der Kärntner Landesregierung eingerichtete "Objektivierungskommission" eine Reihung der fünf nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen bestqualifizierten Bewerber vor, wobei der Beschwerdeführer an erster und der in der Folge zum Bezikshauptmann ernannte Bewerber an zweiter Stelle gereiht waren. Die Kärntner Landesregierung beschloß in ihrer Sitzung am 30. April 1991, den Zweitgereihten mit dem der Beschlußfassung folgenden Monatsersten (befristet auf die Dauer von fünf Jahren) zum Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zu ernennen.

c) In der Folge richtete das Amt der Kärntner Landesregierung an den Beschwerdeführer ein mit 3. Mai 1991 datiertes, "Für die Kärntner Landesregierung" gefertigtes Schreiben folgenden Wortlauts:

"Unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 20. November 1990 um die öffentlich ausgeschriebene Planstelle des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt teilen wir Ihnen mit, daß die Kärntner Landesregierung in ihrer 44. Sitzung am 30. April 1991 nachstehenden Beschluß gefaßt hat:

    'Gemäß §6 Abs1 des Gesetzes über die Organisation der

Bezirkshauptmannschaften, LGBl. Nr. 19/1982, in der Fassung des

Gesetzes LGBl. Nr. 28, wird Herr . . . (es folgt der Name des von

der 'Objektivierungskommission' an zweiter Stelle gereihten

Bewerbers) . . ., geboren am . . ., mit dem der Beschlußfassung

folgenden Monatsersten, befristet auf die Dauer von fünf Jahren, zum Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt ernannt.'

Unter einem senden wir Ihnen die vorgelegten Bewerbungsunterlagen zurück."

2. Gegen diese, vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Erledigung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf gleiche Zugänglichkeit der öffentlichen Ämter und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung begehrt wird.

3. Die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der belangten Behörde in einer Replik entgegengetreten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art144 Abs1 erster Satz B-VG ist unter anderem das Vorliegen eines Bescheides (s. etwa VfSlg. 4903/1965, 5731/1968, 6140/1979, 6252/1970, 6603/1971, 6821/1972, 7158/1973; vgl. etwa auch VfSlg. 7436/1974, 8861/1980, 10892/1986, 11077/1986).

Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur die äußere Form, sondern auch der Inhalt maßgebend; eine Erledigung, die nicht die Form eines Bescheides aufweist, ist dann ein Bescheid, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Gehalt eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (s. etwa VfSlg. 5918/1969, 6187/1970, 9247/1981, 11415/1987, 11420/1987; s. etwa auch VwSlgNF 9458 A/1977; VwGH 14.9.1981, 81/17/0133, 22.2.1991, 90/12/0277). Insbesondere könnte unter Umständen auch in einer an einen Bewerber um eine Stelle ergehenden Verständigung, diese Stelle sei anderweitig besetzt worden, eine normative Ablehnung der Bewerbung liegen (so VfSlg. 6806/1972, 720).

2. Diese Voraussetzungen sind bei der bekämpften Erledigung nicht gegeben:

a) Sie weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da sie weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch und Begründung gegliedert ist.

b) Damit die Erledigung dennoch als Bescheid gewertet werden kann, müßte der Wille der Behörde, einen Bescheid zu erlassen, deutlich objektiv erkennbar sein (VfSlg. 6806/1972, 720, 9444/1982, 9520/1982). Ob dies der Fall ist, kann sich allenfalls auch daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen (VfSlg. 9520/1982; vgl. etwa auch VfSlg. 9383/1982, 10119/1984, 10270/1984, 10368/1985).

c) Die bekämpfte Erledigung ist ihrem Wortlaut nach als - bloße - Mitteilung abgefaßt (arg. "Unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung . . . teilen wir Ihnen mit . . ."). Ihr Inhalt beschränkt sich auf die Mitteilung, daß die öffentlich ausgeschriebene Planstelle des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, um die sich (auch) der Beschwerdeführer beworben hatte - durch einen vorausgegangenen Akt - mit einem anderen Bewerber besetzt wurde. Die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der Erledigung bieten somit keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Wille der Behörde auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet war (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 6527/1971; VwGH 21.6.1983, 83/07/0160).

d) Eine Deutung dieser Erledigung als normative Abweisung der Bewerbung des Beschwerdeführers kommt nicht in Betracht: Nach der hier maßgeblichen Rechtslage war die belangte Behörde nämlich nicht verpflichtet, über die Bewerbung des Beschwerdeführers mit Bescheid abzusprechen.

aa) Gemäß §6 Abs1 des (Krnt.) Gesetzes über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften, LGBl. 19/1982 idF des §6 Abs2 des Gesetzes LGBl. 29/1988, ist für jede Bezirkshauptmannschaft ein rechtskundiger Landesbediensteter zum Bezirkshauptmann zu "ernennen". Unter "Ernennung" ist nach §3 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. 35/1985, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. 79/1991, die bescheidmäßige Verleihung einer Planstelle zu verstehen. Ungeachtet der Verwendung des Begriffes "ernennen" bzw. "Ernennung" ist es aber möglich, daß es sich bei dem so bezeichneten Rechtsakt nicht um die bescheidmäßige Verleihung einer Planstelle, sondern bloß um die Betrauung mit einer Funktion handelt (s. etwa VwSlg. 7909 A/1970).

Dies trifft im gegebenen Fall zu. In der "Ernennung" zum Bezirkshauptmann liegt lediglich die Betrauung mit einer Funktion (s. etwa Pernthaler, Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Verwaltunsorganisation (1976), 41 f.;

vgl. zB VfSlg. 5296/1966, 333 f.; s. etwa auch VwSlgNF 7909 A/1970;

s. dazu etwa Jabloner, Verfassungsrechtliche Fragen des Dienstvertragsrechtes, in: FS Schnorr (1988), 489 ff., hier 503 ff.; Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung (1990), 61 ff.). Der Betrauung mit einer Funktion kommt, wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9294/1981 ausgesprochen hat, kein Bescheidcharakter zu; ihr hat kein mit einer Partei (oder mit mehreren Parteien) durchzuführendes Verwaltungsverfahren vorauszugehen. Den Bewerbern kommt weder ein Anspruch auf eine solche Betrauung (vgl. etwa VfSlg. 8210/1977, 448) noch Parteistellung zu (zB VfSlg. 9294/1981).

Bei dieser Rechtslage besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die belangte Behörde die Absicht hatte, gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid zu erlassen.

3. Die bekämpfte Erledigung weist somit weder die äußere Form eines Bescheides auf noch stellt sie sich ihrem Inhalt nach als normativer Abspruch rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Art dar (vgl. etwa VfSlg. 8560/1979, 9125/1984, 11415/1987). Sie ist somit kein Bescheid. Damit fehlt es aber an einem tauglichen Beschwerdegegenstand.

Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis war auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit einer Bestimmung der Geschäftsordnung der Kärntner Landesregierung nicht einzugehen (vgl. dazu etwa VfSlg. 6751/1972, 496 f., 11388/1987, 635).

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Dienstrecht, Ernennung, Bezirksverwaltungsbehörde, Bezirkshauptmann, Parteistellung Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B743.1991

Dokumentnummer

JFT_10079383_91B00743_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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