TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/3 92/15/0180

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Veröffentlicht am 03.11.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
98/04 Wohnungsgemeinnützigkeit;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
KStG 1988 §5 Z10;
StGG Art2;
WGG 1979 §7 Abs2;
WGG 1979 §7 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der X-GenmbH in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 30. September 1992, Zl. 3/13-GA4-DP/88, betreffend Feststellung gemäß § 5 Z. 10 KStG 1988 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, kaufte im Jahre 1975 vom Österreichischen Gewerkschaftsbund eine bebaute Liegenschaft in der Stadt Salzburg. In diesem Gebäude befanden sich nicht nur Wohnungen, sondern im Erd- und Kellergeschoß auch ein Cafe-Restaurant, welches im Jahr 1977 von der Beschwerdeführerin ausgebaut wurde und seither eine Nutzfläche von ungefähr 550m2 aufweist. Die Beschwerdeführerin hat dieses Gastlokal "samt einer Konzession in der Betriebsform eines Cafe-Restaurants" verpachtet. Die Gesamtnutzfläche des in Rede stehenden Gebäudes beträgt 1236 m2.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1988 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde unter Bezugnahme auf § 5 Z. 10 KStG 1988 den Antrag, festzustellen, daß sie u.a. durch die geschilderte Geschäftstätigkeit nicht gegen den für gemeinnützige Wohnbaugesellschaften zugelassenen Geschäftskreis verstoße, hilfsweise, daß die unbeschränkte Steuerpflicht bescheidmäßig auf das einzelne Geschäft unter der Auflage beschränkt werde, daß von der Beschwerdeführerin ein eigener Rechnungskreis eingerichtet wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß die Vermietung des genannten Gastlokals nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG falle und daß die unbeschränkte Steuerpflicht unter der Auflage, daß dafür ein gesonderter Rechnungskreis bestehe, auf dieses Geschäft eingeschränkt werde; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß der Begriff "Geschäftsräume und Büroräume" im § 7 Abs. 2 WGG mit dem Begriff "Geschäftsräume" im Abs. 3 Z. 2 dieser Gesetzesstelle identisch sei. Um einen begünstigten Geschäftsraum handle es sich somit nur dann, wenn die Nutzfläche aller Geschäftsräume ein Drittel der Gesamtnutzfläche nicht übersteige. Da im Beschwerdefall das Ausmaß der zu beurteilenden Geschäftsräumlichkeiten die Bedingungen des § 7 Abs. 3 Z. 2 WGG nicht erfülle, könne auch ihre Verwaltung und somit auch ihre Vermietung nicht dem begünstigten Geschäftskreis gemeinnütziger Bauvereinigungen gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 leg. cit. zugerechnet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Z. 10 KStG 1988 in der Fassung vor der im Beschwerdefall noch nicht anzuwendenden Novelle BGBl. Nr. 253/1993 lautet wie folgt:

"§ 5. Von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht sind befreit:

...

10. Bauvereinigungen, die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als gemeinnützig anerkannt sind, wenn sich der Betrieb auf Geschäfte im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes beschränkt. Tätigen sie Geschäfte außerhalb der im § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bezeichneten Art, ausgenommen die verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die entgeltliche Überlassung unbeweglichen Vermögens, hat die Finanzlandesdirektion auf Antrag die unbeschränkte Steuerpflicht bescheidmäßig auf diese Geschäfte unter der Auflage zu beschränken, daß für diese Geschäfte ein gesonderter Rechnungskreis besteht. Weiters hat die Finanzlandesdirektion im Zweifelsfall auf Antrag festzustellen, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes fällt oder nicht. § 35 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bleibt unberührt. Der jeweilige Antrag ist vor Aufnahme dieser Geschäfte zu stellen."

Die maßgebenden Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes BGBL. Nr. 139/1979 - WGG in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung lauten wie folgt:

"§ 1. ...

(3) Die nach diesem Bundesgesetz als gemeinnützig anerkannten Bauvereinigungen gelten insoweit als gemeinnützig im Sinne der §§ 34 ff. der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, als sie

1. Geschäfte der in § 7 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Art tätigen, wobei diese Geschäfte wie ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 45 Abs. 2 der BAO zu behandeln sind, oder

2. außerhalb der unter Z. 1 fallenden Geschäfte Kapitalvermögen verzinslich anlegen oder unbewegliches Vermögen vermieten, verpachten oder in sonstige Nutzung geben.

...

Geschäftskreis

§ 7. (1) Die Bauvereinigung hat sich nach ihrem Genossenschaftsvertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit einer Nutzfläche von höchstens 150 m2 mit normaler Ausstattung, von Eigenheimen mit höchstens zwei Wohnungen dieser Art und von Heimen im eigenen Namen im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diesen Zweck einzusetzen. Die Verwaltung schließt die Instandhaltung und Instandsetzung samt der Einrichtung von Hauswerkstätten zur Durchführung laufender kleinerer Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten im Umfang des nötigen Bedarfs sowie die Verbesserung mit ein. Die Bauvereinigung kann sich ferner mit Sanierungen größeren Umfanges befassen.

(2) Die Verwaltung erstreckt sich auch auf Wohnhäuser, Eigenheime, Wohn-, Geschäfts- und Büroräume, Gemeinschaftseinrichtungen, Einstellplätze (Garagen), Abstellplätze oder Heime, welche von einer gemeinnützigen Bauvereinigung, einer Gebietskörperschaft oder einem Unternehmen, das mindestens zu 50 v.H. im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, errichtet oder erworben wurden.

(3) Die Bauvereinigung hat überwiegend die im Abs. 1 und 2 genannten Geschäfte zu betreiben. Neben diesen Geschäften darf die Bauvereinigung unbeschadet des Abs. 4 nachfolgende Geschäfte im Inland betreiben:

....

2. die Errichtung von Geschäftsräumen im eigenen oder fremden Namen im Zuge der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen oder Heimen, sofern die Nutzfläche (§ 16) aller Geschäftsräume eines Bauvorhabens ein Drittel der Gesamtnutzfläche nicht übersteigt oder, falls ein dieses Maß übersteigender Anteil an Geschäftsräumen baubehördlich vorgeschrieben ist, die Nutzflächen der Wohnungen überwiegen;

..."

Die tragende Begründung des angefochtenen Bescheides, bei der Anwendung des § 7 Abs. 2 WGG spiele die in Abs. 3 Z. 2 dieser Gesetzesstelle enthaltene Regelung eine Rolle, wonach die Nutzfläche (§ 16) aller Geschäftsräume eines Bauvorhabens ein Drittel der Gesamtnutzfläche grundsätzlich nicht übersteigen dürfe, findet im Gesetz keine Deckung. Der Wortlaut des Gesetzes erlaubt es nicht, eine nur für ein "NEBENgeschäft" im Sinne des § 7 Abs. 3 WGG aufgenommene Bedingung auf ein "HAUPTgeschäft" im Sinne des Abs. 2 leg. cit. zu übertragen; dies umsoweniger, als die Unterschiede im Tatsächlichen dem Gesetzgeber eine Gleichbehandlung wegen des auch ihn bindenden Sachlichkeitsgebotes nicht zur Pflicht machten. Weiters ist im Fehlen einer an das Nutzflächenverhältnis anknüpfenden Regelung in § 7 Abs. 2 WGG auch keine (im Wege der Analogie mit Abs. 3 Z. 2 leg.cit. zu schließende) Gesetzeslücke zu erblicken. Da die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 und 2 und die des Abs. 3 WGG unterschiedliche Arten von Geschäften betreffen, trifft es auch nicht zu, daß nur bei der Auslegung der belangten Behörde "die Systematik des § 7 WGG gewährleistet werden" kann.

Ein Sachverhalt, dessentwegen darauf geschlossen werden müßte, daß im Beschwerdefall der Tatbestand des § 7 Abs. 2 WGG aus anderen als den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ins Treffen geführten Gründen nicht erfüllt ist, wurde im Beschwerdefall nicht festgestellt. Insbesondere läßt sich aus der auch eine Konzession für den Betrieb eines Cafe-Restaurants betreffenden Vertragsregelung noch nicht darauf schließen, die Beschwerdeführerin habe deswegen eine Tätigkeit außerhalb ihres durch § 7 Abs. 1 bis 3 WGG umschriebenen Geschäftskreises ausgeübt.

Ob es sich schließlich beim sogenannten "Harrerstüberl" um eine Gemeinschaftseinrichtung im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 WGG handelt, ist im Hinblick auf das Gesagte für das Schicksal der Beschwerde nicht von Bedeutung und wird wegen des in der Beschwerde hiezu erstatteten Neuvorbringens erst im fortzusetzenden Verfahren abschließend zu beurteilen sein.

Da somit die belangte Behörde das Gesetz verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Stempelgebührenersatz war nur für die zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992150180.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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