TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/3 94/18/0719

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.1994
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AsylG 1991 §8;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §54;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 12. September 1994, Zl. St 5-5/94, betreffend Ausweisung und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 12. September 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG) ausgewiesen (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides); ferner wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Ghana gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht (Spruchpunkt II).

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 19. Juli 1991 mit einem rumänischen Schlepper, den er in Istanbul kennengelernt habe, zusammen mit einigen anderen Afrikanern von Ungarn her zu Fuß über die grüne Grenze in das Bundesgebiet gelangt. Am 24. Juli 1991 habe er einen Asylantrag gestellt. Im Asylverfahren habe er angegeben, die Polizei habe in seinem Tischlereibetrieb bei einer Hausdurchsuchung Waffen gefunden, von deren Herkunft er nichts gewußt habe. Nach einem Verhör habe ihm ein Nachbar geraten, das Land zu verlassen, da er in der nächsten Zeit mit einer Verhaftung rechnen müsse. Er sei dann nach Libyen gereist, wo er schon früher einmal gearbeitet habe. Von dort sei er am 14. Februar 1990 nach Bulgarien geflogen, wo er einige Tage geblieben sei. In der Folge sei er mit dem Zug nach Istanbul gefahren und nach einigen Tagen nach Japan geflogen, um dort Arbeit zu suchen. Da er keine Arbeitsgenehmigung erhalten habe, sei er nach Istanbul zurückgekehrt, wo er bis zum 1. Juli 1991 gelebt habe. In Istanbul habe er dann jenen rumänischen Schlepper kennengelernt, der ihn nach Österreich gebracht habe.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. Oktober 1991 abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid vom 10. August 1993 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die noch nicht entschieden worden sei.

Gestützt auf eine angebliche Mitteilung des Obersten Gerichtshofes von Ghana, wonach er wegen Landesverrates, Mordes und illegalen Erwerbs von Feuerwaffen von einem Sondertribunal verurteilt worden sei, und zwar "für eine Anzahl von Jahren", habe er die Wiederaufnahme des Asylverfahrens beantragt und am 27. Jänner 1994 einen neuen Asylantrag gestellt. Darüber sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden.

Die angebliche Mitteilung des Obersten Gerichtshofes von Ghana habe sich als Fälschung herausgestellt. Den in der Mitteilung bezeichneten Akt gäbe es nicht. Das bezeichnete Gesetz habe keinen § 44 und betreffe zudem die "Übertragung von Anteilen an den Staat (Beseitigung von Zweifeln)". Zudem hätten die Schreiben des obersten Richters einen vorgedruckten Briefkopf.

Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG seien erfüllt, weil der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung nicht besitze und auch nie besessen habe. Er habe vor seiner Einreise nach Österreich in Bulgarien und Monate hindurch in der Türkei, ja sogar in Japan gelebt, sodaß ihm gemäß § 5 Abs. 3 Asylgesetz (1968) keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen sei. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 habe er deshalb nicht, weil er nicht gemäß § 6 leg. cit. eingereist sei. Die Ausstellung einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch die Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. Juli 1991 habe keine konstitutive Wirkung. Selbst wenn der Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei, aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, könne der Beschwerdeführer dadurch keine Rechtsstellung erlangen, die er während des Asylverfahrens nicht gehabt habe.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe er keine Verwandten. Seine Eltern und Geschwister lebten in Ghana. Er lebe bei einer Freundin, die für seinen Unterhalt aufkomme. Eine Verpflichtungserklärung liege nicht vor. Selbst wenn durch die Ausweisung in sein Privatleben eingegriffen würde, sei sie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten.

Die Behauptungen des Beschwerdeführers über seine angebliche Verfolgung seien aus der Luft gegriffen. Stichhaltige Gründe für die Annahme, er sei gemäß § 37 Abs. 2 bedroht, seien zudem selbst unter Zugrundelegung der im Asylverfahren gemachten Angaben nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer behaupte nicht, in seiner Heimat der Todesstrafe unterworfen zu werden. Weshalb die Gefahr bestehe, daß er einer unmenschlichen Behandlung unterworfen werde, sei ebenfalls nicht zu erkennen, zumal sich das vorgelegte Dokument als Fälschung herausgestellt habe und der Beschwerdeführer behaupte, nie an einer Demonstration teilgenommen und nie etwas Unrechtes getan zu haben. Auch wenn das ganze Gebiet in Aufruhr gewesen und seine Werkstatt zerstört worden sei, wie er in seinem zweiten Asylantrag behaupte, sei daraus keine Verfolgung durch den Staat abzuleiten. Die im zweiten Asylantrag enthaltene Behauptung, bei einem Verhör geschlagen worden zu sein, lasse keine Rückschlüsse darauf zu, daß er auch jetzt in ähnlicher Weise bedroht sei. Der Beschwerdeführer habe im Oktober 1993 seinen Reisepaß durch die Vertretungsbehörde seines Landes in der Schweiz verlängern lassen. Auch dies spreche gegen die Annahme einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Der Beschwerdeführer meint, er habe während des Asylverfahrens die vorläufige Aufenthaltsberechtigung besessen. Dieses Recht habe sich dadurch verlängert, daß seiner Beschwerde gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.

1.2. Dieses Vorbringen kann der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie keine konkreten Behauptungen darüber enthält, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1968) oder dem Asylgesetz 1991 zugekommen sein soll, sodaß nicht zu erkennen ist, weshalb die begründete Auffassung der belangten Behörde unrichtig sein soll. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß seiner Beschwerde gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, ist ihm zu erwidern, daß er daraus keine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ableiten kann. Eine solche Berechtigung kommt einem Fremden nur für den Fall zu, daß sie ihm schon vor Erlassung des Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - vorläufig oder befristet - zukommt. Mangelte es daher dem Fremden schon bis zur Erlassung des genannten Beschlusses an einer Aufenthaltsberechtigung, so ändert sich an dieser rechtlichen Situation durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0099).

2.1. Der Beschwerdeführer meint, die Ausweisung sei im Grunde des § 19 FrG unzulässig, weil er in seiner Heimat ernsthafter Verfolgungsgefahr ausgesetzt sei, seine Abschiebung daher einen unzulässigen Eingriff in sein Privatleben darstellen würde.

2.2. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß einerseits mit der Ausweisung nicht die Verpflichtung zur Ausreise (oder die allfällige Abschiebung) in einen bestimmten Staat verbunden ist, sodaß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid als solchen nicht in der von ihm behaupteten Weise gefährdet wird, und daß andererseits nur Eingriffe in das in Österreich geführte Privatleben die Ausweisung im Grund des § 19 FrG unzulässig machen können, nicht aber Umstände, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0350, mwN).

3.1. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß er in seiner Heimat ernsthafter Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 37 Abs. 1 und 2 FrG ausgesetzt sei. Daß die von ihm vorgelegte Urkunde eines Gerichts von Ghana eine Fälschung sein solle, sei nicht erwiesen. Dazu komme, daß er die Fälschung weder selbst vorgenommen noch in Auftrag gegeben habe. Er sei jedenfalls in gutem Glauben von der Echtheit des Dokuments ausgegangen.

3.2. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat überzeugend dargelegt, aus welchen Erwägungen sie zu der Auffassung gelangt ist, bei der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunde handle es sich um eine Fälschung. Der Beschwerdeführer unternimmt nicht einmal den Versuch, die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente zu entkräften oder für die Echtheit der Urkunde sprechende Gründe vorzubringen, sondern beschränkt sich auf die Behauptung, es sei nicht erwiesen, daß es sich um eine Fälschung handle. Er vermag damit keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung und die darauf beruhenden Sachverhaltsfeststellungen zu wecken.

Darauf, ob der Beschwerdeführer die Fälschung selbst vorgenommen oder in Auftrag gegeben hat, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an, abgesehen davon, daß die belangte Behörde diesbezüglich keinen Vorwurf gegen den Beschwerdeführer erhoben hat. Das gleiche gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei im guten Glauben von der Echtheit der Urkunde ausgegangen. Soweit er in diesem Zusammenhang geltend macht, die belangte Behörde hätte sich mit seinem Vorbringen im Asylverfahren inhaltlich auseinandersetzen müssen, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen, welches für die Entscheidung wesentliche Vorbringen des Beschwerdeführers unbeachtet geblieben sein soll.

4. Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, er habe zur Frage der Echtheit der genannten Urkunde konkrete Beweisanträge gestellt, die keine Berücksichtigung gefunden hätten, vermag er damit keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu erkennen ist, auf Grund welcher Beweise die belangte Behörde zur Feststellung hätte gelangen können, die vorliegende Urkunde sei echt.

Die Tatsache, daß sich die vom Beschwerdeführer vorgelegte Urkunde als Fälschung erwiesen hat, spricht zweifellos nicht für eine Annahme, der Beschwerdeführer sei in seiner Heimat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht. Die belangte Behörde hat sich zudem - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht damit begnügt, auf die mangelnde Echtheit der Urkunde hinzuweisen, sondern sie hat die Entscheidung in unbedenklicher Weise auch damit begründet, daß selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren nicht davon ausgegangen werden könne, die angeblichen Verhöre und Nachstellungen durch die Polizei hätten ihre Ursache in den im § 37 Abs. 2 FrG genannten Gründen.

Welche stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Bedrohung des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG sprechen sollen, kann auch den Beschwerdeausführungen nicht entnommen werden.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Polizeirecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180719.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten