TE Vwgh Beschluss 1994/11/3 94/18/0715

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Veröffentlicht am 03.11.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/18/0724

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, 1. über den Antrag des B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. Juli 1994, Zl. SD 504/94, betreffend Aufenthaltsverbot, und 2. über die gleichzeitig nachgeholte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen diesen Bescheid den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen am 28. Juli 1994 zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde am 5. Oktober 1994, somit nach Ablauf der Frist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG, zur Post gegeben.

Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist im wesentlichen damit, daß ihm sein früherer Rechtsvertreter nach Zustellung des angefochtenen Bescheides mitgeteilt habe, daß Voraussetzung der weiteren Verfolgung der Angelegenheit der Erlag eines Betrages von S 20.000,-- sei. Diesen Betrag habe er auch nicht annähernd aufbringen können und dies sogleich seinem früheren Vertreter mitgeteilt. Dieser habe es jedoch damit bewenden lassen, daß er ihn darauf verwiesen habe, daß dies seine Angelegenheit sei. In der Folge habe der Beschwerdeführer Erkundigungen in seinem Bekanntenkreis nach einem Rechtsfreund eingezogen, der unter einer ihm erschwinglichen Bedingung bereit wäre, für ihn gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde einzubringen. Er habe aber keinen dienlichen Hinweis erlangen können. Seitens seines früheren Rechtsvertreters sei er nicht dahin informiert worden, daß für ihn für den Fall des Nichtausreichens seiner Mittel zur Erhebung einer Beschwerde die Möglichkeit bestehe, die Bewilligung der Verfahrenshilfe "in Gestalt der Beigebung eines Rechtsanwaltes" zur Beschwerdeerhebung zu beantragen. Da er sich "in den Händen einer mit aller Sachkunde ausgestatteten Vertrauensperson zu wissen dachte," habe er keine Veranlassung gehabt, anderweitig Erkundigungen einzuziehen, ob für den Fall der Bedürftigkeit die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Beschwerdeerhebung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe offenstehe. Der Beschwerdeführer habe (somit) die Beschwerdefrist versäumt, da er nicht Kenntnis von der ihm offenstehenden Möglichkeit der Stellung eines Verfahrenshilfeantrages erlangt habe. Erst als er mit dem nunmehr einschreitenden Rechtsanwalt Kontakt habe aufnehmen können und dieser am 21. September 1994 seine rechtsfreundliche Vertretung übernommen habe, sei das Hindernis für die Wahrung der Beschwerdefrist fortgefallen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß vom 21. Juli 1994, Zlen. 94/18/0359, 0360) wird der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben.

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Die den Beschwerdeführer treffende Sorgfaltspflicht hätte es nämlich erfordert, sich rechtzeitig - etwa durch Anfragen bei der Behörde, bei der Rechtsanwaltskammer oder beim Verwaltungsgerichtshof - vollständige Klarheit über die Voraussetzungen zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu verschaffen, zumal die Mitteilung seines früheren Rechtsvertreters lediglich zum Ausdruck brachte, unter welchen Bedingungen DIESER zur Beschwerdeeinbringung bereit sei. Mit den behaupteten Erkundigungen im Bekanntenkreis entsprach der Beschwerdeführer seiner Sorgfaltspflicht in keiner Weise. Das Außerachtlassen dieser Sorgfalt ist aber als ein den Grad des minderen Versehens überschreitendes Verschulden des Beschwerdeführers zu werten.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit nicht stattzugeben und die gleichzeitig eingebrachte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180715.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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