TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/3 94/18/0558

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Veröffentlicht am 03.11.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrPolG 1954;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des O, in K, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 11. November 1993, Zl. FrB-4250/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 11. November 1993 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei unbestrittenermaßen am 25. Juni 1992 mit einem Sichtvermerk der Bundesrepublik Deutschland (gültig vom 10. Juni 1992 bis 9. August 1992) nach Österreich eingereist. Am 14. Oktober 1992 habe er einen Antrag auf Erteilung eines (österreichischen) Sichtvermerkes gestellt; dieser sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 5. Februar 1993 gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen worden. Im Hinblick auf die Verordnung des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 1990, BGBl. Nr. 95a, derzufolge sich der Beschwerdeführer drei Monate nach der erfolgten Einreise sichtvermerksfrei in Österreich habe aufhalten dürfen, sei dessen Aufenthalt seit 10. November 1992 unrechtmäßig. Der Beschwerdeführer sei daher - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - gemäß § 17 Abs. 1 FrG auszuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer habe nie vorgebracht, in Österreich Familienangehörige zu haben; dies sei auch nicht aktenkundig. Angesichts seines nunmehr über ein Jahr dauernden Aufenthaltes in Österreich und des Umstandes, daß ihm am 3. August 1992 Geschäftsanteile einer (näher bezeichneten) Gesellschaft m.b.H. übertragen worden seien, könnte lediglich ein Eingriff in sein Privatleben vorliegen. Da aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Integration, die aufgrund eines illegalen Aufenthaltes herbeigeführt werde, nicht entscheidend ins Gewicht falle, sei auch ein relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers zu verneinen. Im übrigen sei es dringend geboten, einen sichtvermerkspflichtigen Fremden, der sich schon fast ein Jahr unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte, auszuweisen; dies vor allem auch unter Berücksichtigung der bereits im Februar 1993 ergangenen abweislichen Entscheidung im Sichtvermerksverfahren, die den Beschwerdeführer jedoch nicht zur Ausreise veranlaßt habe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der sie, nachdem er dessen Behandlung mit Beschluß vom 14. Juni 1994,

B 22/94-6, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluß vom 29. August 1994, B 22/94-8).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer seit etwa einem Jahr unrechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Auffassung - unter Zugrundelegung der nicht bestrittenen maßgeblichen Tatsachenfeststellungen - keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die "Ausweisungsbestimmungen des Fremdengesetzes" nur auf Fremde angewendet werden dürften, die nach Inkrafttreten der "jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen" nach Österreich eingereist seien. Fremden, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fremdengesetzes eingereist seien, sei die Möglichkeit offen gestanden, die Entscheidung über den Sichtvermerksantrag in Österreich abzuwarten.

2.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt. Zum einen verkennt der Beschwerdeführer, daß die Rechtsmittelbehörde bei ihrer Entscheidung, sofern nicht ausdrücklich etwas Abweichendes angeordnet ist oder darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war - keine dieser Ausnahmen trifft auf den Beschwerdefall zu -, auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen hat (vgl. die bei Ringhofer, Die Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, auf S. 645 ff. wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Die belangte Behörde hatte daher vorliegend § 17 Abs. 1 FrG anzuwenden. Zum anderen geht der Hinweis auf die einem Fremden nach dem Fremdenpolizeigesetz angeblich offengestandene Möglichkeit, die Entscheidung über einen Sichtvermerksantrag in Österreich abzuwarten, ins Leere, weil im vorliegenden Fall Gegenstand der behördlichen Entscheidung die Ausweisung des Beschwerdeführers auf der Grundlage der einschlägigen Normen des Fremdengesetzes war.

3. Zu dem - aus dem Blickwinkel des § 19 FrG relevanten - Einwand des Beschwerdeführers, er sei mit einer "eingebürgerten Österreicherin" verheiratet, genügt der Hinweis, daß diese Ehe laut der mit dem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschriftsatz vorgelegten Heiratsurkunde am 24. Dezember 1993 geschlossen wurde, eine Berücksichtigung dieses Umstandes durch die belangte Behörde somit aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen war.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180558.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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