TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/3 94/18/0365

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.1994
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §56;
FrG 1993 §20 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. April 1994, Zl. SD 471/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. April 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. August 1990 erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes eine Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Einbruchsdiebstahles aus dem Jahr 1987 und die Verurteilung vom 5. April 1990 wegen schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahles maßgebend gewesen seien. Daneben sei auch eine große Zahl verwaltungsstrafrechtlicher Übertretungen, darunter Fahrerflucht und Verweigerung des Alkotests, vorgelegen. Seit diesem Zeitpunkt sei es neuerlich zu zwei gerichtlichen Verurteilungen, jeweils wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gekommen. Diese Verurteilungen erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG. Der Beschwerdeführer habe seine verwaltungsstrafrechtlichen Übertretungen auf dem Gebiete des Verkehrsrechtes fortgesetzt; er sei in den Jahren 1992 und 1993 insgesamt fünfmal wegen Nichterteilung der Auskunft, wem er sein Fahrzeug zum Lenken überlassen habe, und einmal wegen Schnellfahrens bestraft worden. Die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes hätten sich daher keineswegs zugunsten, sondern vielmehr zuungunsten des Beschwerdeführers geändert. In Bezug auf seine private und familiäre Situation könne der Beschwerdeführer lediglich auf Umstände verweisen, die bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegeben gewesen und diesem zugrunde gelegt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinn des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und

- bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und dann anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0280).

Entscheidend ist, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben. Bei einer Entscheidung nach § 26 FrG ist aber auch auf die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0564). Der daraus für den vorliegenden Fall im bekämpften Bescheid gezogene Schluß, die seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes erfolgten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung würden den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 verwirklichen, begegnet keinen Bedenken. Die im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden maßgeblichen Interessen haben dadurch eine wesentliche Verstärkung erfahren.

Die belangte Behörde hat - ausgehend von der Annahme, es sei vorliegend ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG zu bejahen - hinreichend erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes für dringend geboten erachte. Dem kann deswegen nicht entgegengetreten werden, weil das Weiterbestehen des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zur Verhinderung strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig ist.

Der Beschwerdeführer hält die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG für rechtswidrig. Er lebe seit 23 Jahren in Österreich und habe hier seine gesamte Schulzeit und seine Kellnerlehre abgeschlossen. Auch seine Eltern, seine Ehefrau und seine beiden Kinder lebten in Österreich. Nach der insoweit unbekämpften Begründung des angefochtenen Bescheides wurde bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen Bedacht genommen und die Integration seiner Familie berücksichtigt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes hat zu keiner erheblichen Verstärkung seiner Integration geführt. Insgesamt gesehen ist sohin in Ansehung der Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie im Inland keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten.

Soweit der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 20 Abs. 2 FrG eine maßgebende Rechtsänderung geltend macht, ist ihm folgendes zu erwidern:

Der für die Beurteilung, ob die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StbG gegeben sind, entscheidende Zeitpunkt ("vor" Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes) war der Zeitpunkt unmittelbar vor der letzten Verurteilung des Beschwerdeführers wegen vorsätzlicher Körperverletzung im Jahre 1992. Zu diesem Zeitpunkt lag eine weitere Verurteilung des Beschwerdeführers wegen vorsätzlicher Körperverletzung aus dem Jahre 1992, eine Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahles aus dem Jahre 1987 und die Verurteilung vom 5. April 1990 wegen schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahles nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130 und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt auf 3 Jahre vor. Schon die letztgenannte Verurteilung stand der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer entgegen (§ 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a StbG).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß der Beschwerdeführer in dem Recht auf Aufhebung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180365.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten