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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Ausnahmebestimmung von der Steuerpflicht nach dem MineralölsteuerG 1981 für biogene Kraftstoffe landwirtschaftlicher Betriebe wegen Zumutbarkeit der Beschreitung des VerwaltungsrechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt nach eigener Darstellung ein Unternehmen zur Herstellung von Kraftstoffen, ua aus biogenen Stoffen, insbesondere Rapsmethylester.
Gestützt auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG begehrt die antragstellende Gesellschaft die Aufhebung der Wortfolge "in Anlagen ..., welche überwiegend der Selbstversorgung landwirtschaftlicher Betriebe dienen" in der eine Ausnahmebestimmung von der Steuerpflicht vorsehenden Z11 des §7 Mineralölsteuergesetz 1981 idF BGBl. 695/1991, in eventu der gesamten Z11 leg. cit. als verfassungswidrig.
Die angefochtene Bestimmung hat im Zusammenhang folgenden Wortlaut:
" §7. Von der Mineralölsteuer sind befreit:
1.-10. ....
11. Kraftstoffe, die aus biogenen Stoffen in Anlagen hergestellt werden, welche überwiegend der Selbstversorgung landwirtschaftlicher Betriebe dienen, soweit die Kraftstoffe ausschließlich in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden."
Gemäß §9 Mineralölsteuergesetz 1981 hat der Inhaber eines Herstellungsbetriebes bis zum Ende eines jeden Kalendermonats das Eigengewicht jener Mineralöl- und Flüssiggasmengen schriftlich anzumelden, für die im vorangegangenen Monat die Steuerschuld entstanden ist. Von den nach Vornahme bestimmter Abzüge verbleibenden Mengen hat der Steuerschuldner in der Anmeldung die Mineralölsteuer zu berechnen (Selbstberechnung) und den errechneten Steuerbetrag bis zum 20. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden zweiten Kalendermonats zu entrichten.
Die antragstellende Gesellschaft weist darauf hin, daß "bei richtiger Selbstberechnung der Abgabe ... gemäß §201 BAO ein Abgabenbescheid nicht zu erlassen (ist)". Die Erwirkung eines Feststellungsbescheides sei ebenfalls im Mineralölsteuergesetz nicht vorgesehen.
Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, daß es ihr nicht zumutbar sei, die Mineralölsteuer nicht zu entrichten und auf diese Weise einen Bescheid mit einer Vorschreibung der Mineralölsteuer zu erwirken. Ebensowenig sei es zumutbar, die Mineralölsteuer vom Abnehmer zu kassieren, diese dem Finanzamt aber nicht abzuführen.
Die bekämpfte Gesetzesbestimmung werde für die antragstellende Gesellschaft auch unmittelbar wirksam, da die Steuerpflicht direkt, ohne einen das Gesetz konkretisierenden Verwaltungsakt für den Steuerschuldner begründet werde. Ebenso entfalte die Ausnahmebestimmung des §7 Z11 Mineralölsteuergesetz 1981 idgF unmittelbare Wirkungen auf die antragstellende Gesellschaft, da sie für die dort genannten Betriebe unmittelbar anwendbar ist, für die antragstellende Gesellschaft jedoch nicht.
II. Der Antrag ist unzulässig.
Seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 hat der Verfassungsgerichtshof im Verfahren über Individualanträge den Standpunkt eingenommen, daß dieser Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtschutz gegen rechtswidrige Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 8890/1980).
Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist ein solcher Weg hier gegeben.
Es trifft zu, daß es sich bei der nach §9 Mineralölsteuergesetz 1981 zu entrichtenden Abgabe um eine Selbstbemessungsabgabe handelt, zu deren Leistung der Abgabepflichtige ohne behördliche Festsetzung verpflichtet ist. §201 BAO bestimmt für den Fall, daß "die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ... ein Abgabenbescheid nur zu erlassen (ist), wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterläßt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist". Eine Selbstberechnung erweist sich auch dann als nicht richtig, wenn zu viel an Steuer berechnet und entrichtet wurde. Wird der Abgabenbehörde diese Unrichtigkeit bekannt (eventuell durch Mitteilung des Abgabepflichtigen selbst oder durch eine behördliche Prüfung), so ist sie verpflichtet, gemäß §201 einen Abgabenbescheid zu erlassen (vgl. VwGH 9.11.1977, 690/77). Die sich aus einem solchen Bescheid allenfalls ergebende Gutschrift ist als Guthaben nach Maßgabe des §239 BAO rückzahlungsfähig.
Die antragstellende Gesellschaft hätte somit die Möglichkeit, der Behörde die unrichtige Selbstbemessung mitzuteilen oder einen Antrag auf Rückerstattung nach §239 BAO der von ihr im Wege der Selbstbemessung gemäß §201 BAO in Entsprechung des §9 Mineralölsteuergesetz 1981 in der bekämpften Fassung entrichteten Abgaben mit der Begründung zu stellen, diese hätten sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Ausnahmebestimmungen von der Steuerpflicht als unrichtig erwiesen. Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach dem Mineralölsteuergesetz 1981 idgF betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.
Da dieser Weg zur Erwirkung eines Bescheides der antragstellenden Gesellschaft zumutbar ist (vgl. zB auch VfSlg. 9571/1982, 9867/1983, 9900/1983), ist der Antrag mangels Legitimation in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Mineralölsteuer, Finanzverfahren, Selbstbemessung (Finanzverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G99.1992Dokumentnummer
JFT_10079383_92G00099_00