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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §24 Abs1 litd;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/13/0139Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der N GmbH in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen 1) den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat IIIa) vom 22. 4. 1994, Zl 6/2-2069/94-02, betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens, die Vermögensteuer und das Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. 1. 1993, sowie 2) den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat IIIa) vom 22. April 1994, Zl 6/2-2451/93-02, betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens, die Vermögensteuer und das Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. 1. 1991 und 1. 1. 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin schloß im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeiten mit diversen Liegenschaftseigentümern Bestandverträge ab und ließ sich darin die Berechtigung einräumen, die jeweiligen Bestandobjekte für Zwecke ihres Betriebes auf eigene Kosten umzugestalten, auszubauen und zu adaptieren. Für den Fall der Auflösung der jeweiligen Bestandverhältnisse wurde vereinbart, daß die solcherart getätigten Investitionen entschädigungslos in das Eigentum der Bestandgeber übergehen.
Im Rahmen von Berufungen gegen die bescheidmäßige Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens und Festsetzung von Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent jeweils zum 1. Jänner 1991, 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993 machte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf das hg Erkenntnis vom 24. Juni 1991, 90/15/0112, 0113, geltend, daß die vom Finanzamt jeweils als Besitzposten zum Ansatz gebrachten Mieterinvestitionen aus dem Einheitswert des Betriebsvermögens auszuscheiden seien, da diese im Rahmen der Einheitswerte des Grundvermögens beim Vermieter zu erfassen seien. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen in diesem vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich strittigen Punkt unter Hinweis auf hg Judikatur aus den Jahren 1960 und 1969 ab. Der Umstand, daß in dem im Berufungsverfahren zitierten hg Erkenntnis vom 24. Juni 1991 ausgesprochen worden sei, Mieterinvestitionen seien bei der Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens der im Eigentum des Vermieters stehenden Liegenschaft zu berücksichtigen, stehe einer Erfassung dieser Investitionen auch als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut im Rahmen des Einheitswertes des Betriebsvermögens beim Mieter nicht entgegen.
Die Beschwerdeführerin bekämpfte den erstangefochtenen Bescheid mit der unter 94/13/0138 protokollierten Beschwerde und den zweitangefochtenen Bescheid mit der unter 94/13/0139 protokollierten Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete unter Bezugnahme auf beide Beschwerdezahlen eine Gegenschrift, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Die Beschwerdeführerin replizierte im Verfahren 94/13/0138 auf die Gegenschrift der belangten Behörde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
Mit der Frage der Behandlung von Mieterinvestitionen bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach befaßt und etwa in seinem Erkenntnis vom 6. November 1969, 1733/68, zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei Investitionen des Mieters auf die Bestandsache um ein bewertbares Wirtschaftsgut und damit um einen bei der Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebes zu berücksichtigenden Besitzposten handeln kann, insbesondere dann, wenn der Bauaufwand in der Steuerbilanz zu aktivieren ist. Bereits damals hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß gegen diese Beurteilung weder der Umstand spreche, daß nicht die Beschwerdeführerin als Mieterin, sondern die Hauseigentümer zufolge der Bestandteilsqualität der getätigten Investitionen auch als deren "Eigentümer" anzusehen sind, noch die Tatsache, daß Rückersatzansprüche der Beschwerdeführerin für getätigte Investitionen vertraglich ausgeschlossen worden sind. Es widerspreche keineswegs den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß der Aufwand einer unbeweglichen Sache nicht allein dem zugute komme, dem die Sache eigentümlich gehört, sondern auch dem, der sie nutzt, zumal im geschäftlichen Leben kaum jemand Aufwendungen für eine nicht ihm gehörende Sache macht, von denen er nicht zugleich hofft, daß sie auch ihm zum Nutzen gereichen werden. Es könne daher nicht bestritten werden, daß ein solches Wirtschaftsgut dem Aufwendenden "gehört".
Gegenstand des hg Erkenntnisses vom 24. Juni 1991, 90/15/0112, 0113, war demgegenüber die Frage, ob bei Feststellung des Einheitswertes des Grundvermögens der Gebäudewert eines vom Mieter ausgebauten Dachbodens von der damals belangten Behörde zu Recht dem vermietenden Liegenschaftseigentümer zugeordnet wurde. Der Verwaltungsgerichtshof bejahte dies unter Bezugnahme auf Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz15, S 571, und die dort zitierte Rechtsprechung des BFH im wesentlichen damit, daß ein Gebäude ein einheitlicher Baukörper ist und daher an einzelnen Teilen eines Gebäudes kein selbständiges wirtschaftliches Eigentum begründet werden könne. Der Beurteilung, daß an den vom "Mieter" geschaffenen Gebäudeteilen kein selbständiges wirtschaftliches Eigentum begründet worden ist, stehe auch nicht der im Ertragsteuerrecht geltende Grundsatz entgegen, wonach der Bestandnehmer, der Ein-, Um- und Zubauten am Bestandgegenstand vornimmt, bis zur Beendigung des Mietverhältnisses als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist. Diese im Ertragsteuerrecht geltende und auf den Grundsätzen kaufmännischer Bilanzierung beruhende Übung könne nicht auf das Bewertungsrecht übertragen werden.
Die Beschwerdeführerin leitet aus diesem Erkenntnis ab, daß die bezughabenden Mieterinvestitionen daher schon nach dem "Grundsatz zur Vermeidung von Doppelerfassungen" nicht auch im Rahmen des Einheitswertes des Betriebsvermögens erfaßt werden könnten. Dem ist entgegenzuhalten, daß die "Mieterinvestitionen" als solche lediglich beim Einheitswert des Betriebsvermögens des Mieters erfaßt werden. Beim Vermieter hingegen wird im Rahmen des Einheitswertes des Grundvermögens nur eine allfällige Wertsteigerung des Grundstückes erfaßt, die mit den Mieterinvestitionen nicht identisch sein muß (vgl Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz15, S 981). In einer Rezension zu dem zitierten Erkenntnis in den wohnrechtlichen Blättern 1992, 39, wurde, wie hier angemerkt sei, - anders als dies nunmehr in der Beschwerde dargestellt wird - zutreffend erkannt, daß sich unter Berücksichtigung des damals festgestellten Umstandes, daß der Beschwerdeführer im Dachgeschoß auch seine Ordination betreibt, bei der Bewertung seines Betriebsvermögens erneut die Bewertungsfrage stellen wird.
In weiterer Folge stützt sich die Beschwerdeführerin auf ein Urteil des BFH vom 28. Juli 1993, hinsichtlich dessen sie allerdings einräumt, daß dieses zu einer Einkommensteuerfrage ergangen sei. Wie im zitierten hg Erkenntnis vom 24. Juni 1991 ausgeführt, kann die im Ertragsteuerrecht geltende Übung zum wirtschaftlichen Eigentum des Bestandnehmers aber nicht auf das Bewertungsrecht übertragen werden, sodaß es sich erübrigt, auf dieses BFH-Urteil und die weiteren in der Beschwerde zitierten BFH-Urteile zum Ertragsteuerrecht einzugehen.
Die zum Bewertungsgesetz ergangene Rechtsprechung des BFH geht aber - ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben und schon von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 6. November 1969 - davon aus, daß Mieterinvestitionen ungeachtet dessen, daß sie bei Ermittlung des Grundvermögens zu erfassen sind, soweit sie in das Eigentum des Vermieters übergehen, "gleichwohl auch noch beim Mieter erfaßt werden" (vgl die bei Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz15, S 981, angeführte Judikatur des BFH). Die Beschwerdeführerin verkennt im Grunde die Unterschiedlichkeit der Wirtschaftsgüter, welche durch die getätigten Investitionen eine Wertsteigerung erfahren (können):
Während es für den Vermieter das Gebäude ist, dessen Wert sich allenfalls erhöht, bezieht sich die Wertsteigerung im Betriebsvermögen des Mieters auf den Wert seines Mietrechtes, somit auf sein Wirtschaftsgut Recht zur betrieblichen Nutzung eines fremden Gebäudes. Diese Unterschiedlichkeit der in ihrem Wert gesteigerten Wirtschaftsgüter rechtfertigt demnach auch die daraus erfließenden steuerlichen Konsequenzen bei beiden Partnern des Bestandvertrages.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch durch die vorliegenden Beschwerden nicht veranlaßt, von seiner Judikatur zu Mieterinvestitionen im Bereich des Einheitswertes des Betriebsvermögens des Mieters abzugehen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß die Behauptung, der Teilwert der beschwerdegegenständlichen Mieterinvestitionen sei im Hinblick auf eine "kurzfristige Kündbarkeit" der Bestandverträge mit Null anzusetzen, erstmals in der Beschwerde erstattet worden ist und daher dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt. Davon abgesehen kann aber auch im Beschwerdefall nicht bezweifelt werden, daß bei Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten der Erwerber die Aufwendungen der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des vereinbarten Bestandverhältnisses trotz des Fehlens einer freien Verfügungs- und Veräußerungsmöglichkeit mit einem entsprechenden Betrag im Kaufpreis berücksichtigen würde, wenn er im Sinne des § 12 BewG den Betrieb fortführt, zumal die Beschwerdeführerin in ihrer Replik die in der Gegenschrift enthaltene Äußerung, daß die Bestandverträge nur einseitig von der Beschwerdeführerin gekündigt werden können, nicht bestreitet.
Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerdeführerin überdies, daß die belangte Behörde hinsichtlich Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent zu Unrecht eine "Zuständigkeit für eine Sachentscheidung in Anspruch genommen" habe, anstatt die Beschwerdeführerin auf § 295 BAO (gemeint wohl § 252 BAO) zu "verweisen". Nach herrschender hg Rechtsprechung ist jedoch eine Berufung, welche Einwendungen gegen in Grundlagenbescheiden getroffene Feststellungen enthält, als unbegründet abzuweisen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 5. Oktober 1993, 93/14/0039). Genau das hat die belangte Behörde (wenngleich ohne Begründung) getan und die angefochtenen Bescheide daher auch in diesem Punkt mit keiner inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
Aber auch ein wesentlicher Verfahrensmangel haftet den angefochtenen Bescheiden nicht an, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung der aufgezeigten Begründungslücke zu keinem anderslautenden Bescheid kommen hätte können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994130138.X00Im RIS seit
14.01.2002Zuletzt aktualisiert am
23.07.2010