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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §418;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der U in F, vertreten durch Mag. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 15. Juni 1994, Zl. 129/2-5/Ae-1994, betreffend Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat im Streitjahr Ausgaben für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück bestritten, das grundbücherlich ihrem Verlobten und Lebensgefährten zugeschrieben ist. Die baubehördliche Bewilligung war über deren Ansuchen dem Lebensgefährten und der Beschwerdeführerin erteilt worden. Die Beschwerdeführerin behauptete im Abgabenverfahren, zu Baubeginn sei zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten vereinbart worden, daß sie durch die Bauführung nach Maßgabe ihrer Beteiligung an den für den Hausbau aufgewendeten Finanzmitteln Miteigentum am Haus und am Grundstück erwerben solle. Diese Quote werde erst nach Abschluß der Bauarbeiten feststellbar sein.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug den Antrag auf Anerkennung der Ausgaben der Beschwerdeführerin für den Hausbau als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 1 Z. 3 lit. b EStG 1988 mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin sei nicht bücherliche Eigentümerin des Grundstückes auf dem das Gebäude errichtet werde, weil die Liegenschaft im Alleineigentum des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin stehe. Das Gebäude befinde sich daher auch nicht im Eigentum oder Miteigentum der Beschwerdeführerin. Diese sei nämlich weder als Eigentümer im Grundbuch eingetragen noch halte sie einen Grundbuchstitel in Händen. Die Finanzierung einzelner Bauhandlungen am Wohnhaus habe die Beschwerdeführerin weder zum wirtschaftlichen Eigentümer noch zum Miteigentümer gemacht, weil ihr dadurch kein bestimmter Anteil an der ungeteilten gemeinschaftlichen Sache zukomme. Daran ändere auch die Stellung der Beschwerdeführerin als Mitbauwerber nichts. Ausgaben für die Errichtung eines Eigenheims durch die Beschwerdeführerin lägen daher nicht vor.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, daß bei der Ermittlung des Einkommens die von ihr zur Errichtung von Eigenheimen verausgabten Beträge abgezogen werden. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte daher Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 18 Abs 3 Z. 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung kommt der Beschwerdeführerin nicht zugute, weil sie die Ausgaben nicht für ihren Ehegatten geleistet hat. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung des Gesetzes sind - insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes - beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.
Erwerb des Eigentums an einem Gebäude auf fremden Grund (Superädifikat, Gebäude als Zubehör eines Baurechtes) behauptet die Beschwerdeführerin nicht.
Mit ihrer Behauptung, sie habe bereits durch Bauführung originär Miteigentum am fremden Grund erworben, ist sie im Unrecht. Sie hat nämlich im Abgabenverfahren die oben erwähnte Vereinbarung mit ihrem Lebensgefährten, dem Eigentümer des Grundstückes, behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, sind die Regeln über den Eigentumswerb des Bauführers im Sinne des § 418
3. Satz ABGB im Falle eines vorherigen (wirksamen) Übereinkommens zwischen Bauführer und Grundeigentümer nämlich nicht anzuwenden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur für den Fall, daß der Partner den Versuch unternimmt, unter Bruch der Vereinbarung den anderen zu benachteiligen. Nur in diesem Fall kann der Bauführer auf den originären Eigentumserwerb kraft Gesetzes zurückgreifen (vgl. für viele Entscheidungen SZ 59/38). Einen solchen Fall hat die Beschwerdeführerin aber nicht behauptet. Auf Grund einer Vereinbarung tritt aber nicht originärer, sondern derivativer Eigentumserwerb ein, der Verbücherung voraussetzt (vgl. Spielbüchler in Rummel, ABGB Komm2, Rz 7 zu § 417 und § 418). Die Vereinbarung stellt lediglich einen Erwerbstitel dar.
Eigentum des Steuerpflichtigen am Gebäude bereits im Zeitpunkt seiner Errichtung als Voraussetzung für die Sonderausgabeneigenschaft hat der Verwaltungsgerichtshof nur für die Rechtslage vor der Einkommensteuernovelle 1960 verlangt (vgl. das Erkenntnis vom 11. Dezember 1961, 1156/59, VwSlg 2553 F/1961; Erkenntnis vom 2. April 1962, 2274/59). Diese Rechtslage ist auf den 1992 verwirklichten Sachverhalt nicht anzuwenden. Im hg. Erkenntnis vom 26. April 1965, 2121/64, VwSlg 3260 F/1965, stand der Fall eines Baurechtes zur Entscheidung. Nur die betreffenden Ausführungen trugen die Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides, nicht aber Ausführungen über die Eigentümereigenschaft am Gebäude.
Gemäß § 18 Abs 1 Z. 3 lit. b EStG 1988 ist Eigenheim ein Wohnhaus im Inland mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen. Beträge, die zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt werden, sind nach Maßgabe der übrigen Bestimmungen des Gesetzes als Sonderausgaben bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.
Daraus ist ersichtlich, daß von einem Eigenheim nur gesprochen werden kann, wenn es im Eigentum oder Miteigentum des Errichters steht. Da es aber um Ausgaben ZUR ERRICHTUNG VON EIGENHEIMEN geht, müssen diese Ausgaben auf die Errichtung eines Eigenheims abzielen und diese Errichtung schließlich auch herbeiführen. Die Eigenheimeigenschaft muß infolgedessen noch nicht vor Fertigstellung des Wohnhauses verwirklicht sein. Bis zu dieser Fertigstellung ist von "Beträgen, die zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt werden" dann zu sprechen, wenn diese Ausgaben auf die Errichtung des Eigenheimes abzielen. Dieser Zweck muß objektiviert sein. Dem Gesetz ist hingegen nicht entnehmbar, daß bereits im Jahr der Verausgabung, wenn in diesem das Wohnhaus noch nicht fertiggestellt und auch mangels erforderlicher behördlicher Bewilligungen noch nicht benützbar ist, ein Eigenheim im erwähnten Sinn und damit auch das Eigentum oder Miteigentum des Steuerpflichtigen an ihm vorliegen müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich daher auch schon zur Rechtslage nach dem EStG 1972 etwa bei Eigentumswohnungen damit begnügt, daß spätestens im Zeitpunkt der Benützungsbewilligung der entsprechende Grundanteil zumindest in das außerbücherliche Eigentum des Errichters übergegangen und der Vertrag über die Einräumung des Wohnungseigentums abgeschlossen sein müsse (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar, Tz 3.3 zu § 18 Abs 1 Z. 3 EStG 1988; Verwaltungsgerichtshof 3. März 1987, 87/14/0012, ÖStZB 1987, 447).
Die von der Beschwerdeführerin behauptete Vereinbarung zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten bildet einen tauglichen Titel für die Erwerbung von Miteigentum an dem Grundstück. Bestimmtheit des Miteigentumsanteils ist für die schuldrechtliche Verbindlichkeit nicht erforderlich, Bestimmbarkeit genügt. Ähnlich wie beim Wohnungseigentum kann daher bei einer Vereinbarung wie sie die Beschwerdeführerin behauptet, der Erwerb des Eigentumsrechtes am Grundstück auch erst nach Fertigstellung des Wohnhauses durchgeführt werden. Es spricht nichts dagegen, einen solchen Sachverhalt gleich dem zu behandeln, der auf die Errichtung von Eigentumswohnungen abzielt.
Durch die Vereinbarung über den Miteigentumserwerbsgrund wäre der in der Eigenheimerrichtung gelegene Ausgabenzweck hinlänglich objektiviert, weil der Wohnhausbau noch nicht abgeschlossen ist. Es ginge daher um die Errichtung eines Eigenheims, also eines Gebäudes im Sinne der oben erwähnten Definition, an dem die Beschwerdeführerin Miteigentum erwerben wird. Sollte es schließlich nach Fertigstellung des Wohnhausbaus hiezu nicht kommen, wäre von der Behörde mit Nachversteuerung vorzugehen (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar, Tz 3.2 zu § 18 Abs 1 Z. 3 EStG 1988). Unterstrichen wird die Objektivierung der Zweckbestimmung im vorliegenden Fall noch dadurch, daß die Beschwerdeführerin als Bauwerber auch Inhaber der erteilten Baubewilligung ist.
Die Beteiligung von Miteigentümern an den Errichtungskosten muß nicht den Eigentumsquoten entsprechen, sofern glaubhaft gemacht wird, daß ihnen an dem errichteten Eigenheim auch ein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt wird (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 53 zu § 18). Die Behauptung der Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechtes im Abgabenverfahren ist dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung zu entnehmen, wonach es sich bei dem Lebensgefährten, mit dem die Beschwerdeführerin laut ihrem Vorbringen in der Beschwerde bereits ein Kind hat, um den zukünftigen Ehegatten handelt, mit dem das zu errichtende Wohnhaus gemeinsam von der Familie der Beschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten bzw. zukünftigen Ehemannes bewohnt werden soll.
Der Hinweis in der Gegenschrift auf die Judikatur über Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde im Abgabenverfahren einschließlich des angefochtenen Bescheides Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin über die (mündlich) getroffene Vereinbarung nicht geäußert hat. Die in der Judikatur entwickelten Anforderungen an die Verträge naher Angehöriger haben aber nach ständiger Rechtsprechung lediglich Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. August 1991, 91/14/0097, ÖStZB 1992, 255, und die darin zitierte Vorjudikatur). Sie bilden also nur ein Element im Rahmen der Beweiswürdigung, das bei auftretenden Zweifeln am wahren wirtschaftlichen Gehalt der Abrede in der Abwägung der für und gegen die Glaubwürdigkeit eines vorgetragenen Sachverhaltes sprechenden Umstände eine Rolle spielen kann. Eine solche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hat durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht stattgefunden und konnte auch nicht erfolgen, weil die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin nie Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens geäußert und sie daher auch nicht zum Nachweis der Richtigkeit dieses Vorbringens aufgefordert hat. Für die zivilrechtliche Verbindlichkeit ist gemäß § 883 ABGB Schriftlichkeit der behaupteten Vereinbarung nicht erforderlich. Sie hätte daher nur für die Beweisbarkeit Bedeutung. Da die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu einem Nachweis nie aufgefordert hat, konnte sie daher auch nicht einmal beurteilen, ob - ungeachtet der behaupteten Mündlichkeit der Vereinbarung - eine Beweisurkunde über die Absprache existiert. Als gewichtiges Indiz im Rahmen der Beweiswürdigung wäre von der belangten Behörde die Stellung der Beschwerdeführerin als Bauwerber zu berücksichtigen gewesen, durch die nach außen deutlich erkennbar wurde, daß sich die Beschwerdeführerin als Bauherr an der Errichtung des Wohnhauses beteiligen will. Unüblichkeit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Vereinbarung oder ein Mangel an Deutlichkeit derselben ist nicht zu erkennen. Die behauptete Vereinbarung ist ihrem Inhalt nach - wie bereits oben ausgeführt - bestimmbar. Daß ein Lebensgefährte und Verlobter unter den gegebenen Umständen einen Miteigentumsanteil an seinem Grundstück dem Partner schenkt, ist zwischen Angehörigen nicht unüblich (vgl. zum Fremdvergleich bei Schenkungen zwischen nahen Angehörigen das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, 86/14/0173, ÖStZB 1990, 324), ebensowenig die Vereinbarung einer Beteiligung am Gebäudeeigentum im Ausmaß des Beitrages zu den Baukosten.
Es bedurfte daher keines Rückgriffs auf das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 24 Abs 1 lit. d BAO vor Einverleibung des Eigentumsrechtes (vgl. Verwaltungsgerichtshof 17. Februar 1992, 90/15/0117, ÖStZB 1992, 456), um die Sonderausgabeneigenschaft der Aufwendungen der Beschwerdeführerin in den Wohnhausbau zu erkennen. Somit erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Übergabe eines dem Grunde aber noch nicht dem Ausmaß nach zugesagten Miteigentumsanteils an einem Grundstück denkbar ist.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, infolgedessen die entscheidungswesentliche Behauptung der Beschwerdeführerin über die Vereinbarung zwischen dieser und ihrem Lebensgefährten nicht überprüft, und solcherart die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt, was zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG führen mußte.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994140107.X00Im RIS seit
20.11.2000