TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/15 94/07/0125

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Veröffentlicht am 15.11.1994
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §15;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §18;
FlVfGG §19;
FlVfGG §23 Abs2;
FlVfGG §29;
FlVfGG §34;
FlVfLG Tir 1978 §33 Abs2 litc idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §39 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §62 idF 1984/018;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des Ing. M in E, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 28. Oktober 1993, Zl. LAS-397/4, betreffend Teilung einer Stammsitzliegenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das in der Gegenschrift des W (vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I) enthaltene Begehren auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 1993 wurde über den Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Juni 1993 auf Genehmigung des Kaufvertrages vom 19./20. März 1991 samt Vertragsergänzung vom 6./26. Mai 1993, abgeschlossen zwischen W.F. als Verkäufer und dem Beschwerdeführer als Käufer dahingehend entschieden, daß gemäß § 39 Abs. 1 des Tiroler

Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978) die Bewilligung zur Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 257 GB E nach Maßgabe des Kaufvertrages vom 19./20. März 1991 samt Vertragsergänzung vom 6./26. Mai 1993 verweigert wurde.

In der Begründung wird ausgeführt, mit Kaufvertrag vom 19./20. März 1991 habe W.F. aus EZ 257 GB E das Gst. 3296 LN mit 259 m2 und die Bp. 267 mit 331 m2 sowie das Gst. 3290/2 aus EZ 295 GB E an den Beschwerdeführer verkauft, während er sich das Gst. 3458 LN mit 7.478 m2 zurückbehalten habe. Sowohl mit der Liegenschaft EZ 257 als auch mit EZ 295 seien agrarische Rechte, nämlich die Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft Stablalpe und ein Nutzungsrecht am Gemeindegutswald der Gemeinde E verbunden. Die Vertragergänzung vom 6./26. Mai 1993 bestimme, daß sämtliche im Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages mit EZ 257 wie auch mit EZ 295 verbunden gewesenen agrarischen Rechte Gegenstand des Kaufvertrages gewesen seien und daher dem Beschwerdeführer als Käufer der Grundstücke 3296 und 267 allein zukämen, während die dem Verkäufer verbleibende Gp 3458 auch nicht anteilig ein solches Recht behalte.

Die mit diesem Kaufvertrag samt Vertragsergänzung beabsichtigte Abtrennung des Gst. 3296 und der Gp 267 von der Stammsitzliegenschaft EZ 257 unter gleichzeitiger Mitübertragung der bisher mit dieser verbundenen Anteilsrechte auf diese Trenngrundstücke sei rechtlich als Teilung einer Stammsitzliegenschaft im Sinne des § 39 Abs. 1 TFLG 1978 zu qualifizieren und bedürfe der Bewilligung der Agrarbehörde.

Durch die Teilung werde ein leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb weder erhalten noch geschaffen. Wie sich aus Punkt III des Kaufvertrages und aus den Ausführungen des Beschwerdeführers ergebe, handle es sich bei der Baulichkeit auf Gp 267 um ein ehemaliges landwirtschaftliches Wohn- und Wirtschaftsgebäude, dessen landwirtschaftliche Nutzung seit mehr als zehn Jahren aufgegeben worden sei, sodaß insoweit die Erhaltung eines leistungsfähigen bäuerlichen Betriebes aus der Teilung der Stammsitzliegenschaft jedenfalls nicht resultiere. Auch von der Schaffung eines leistungsfähigen bäuerlichen Betriebes könne in Anbetracht dieses Umstandes sowie des Gesamtausmaßes der erworbenen Grundstücke von 590 m2 zuzüglich des miterworbenen Grundstückes 3290/2 im Ausmaß von 338 m2 nicht gesprochen werden, erreiche doch dieses landwirtschaftliche Grundstück im Hinblick auf die im vorliegenden Zusammenhang bedeutsame Vorschrift des § 54 Abs. 6 TFLG 1978 das für die Haltung einer Großvieheinheit erforderliche Mindestausmaß nicht. Es könne nämlich nicht gesagt werden, daß die Bp 267 (ehemaliges Wohn- und Wirtschaftsgebäude), die Gp 3296 mit 229 m2 und die Gp 3290/2 mit 338 m2 einen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb darstellten, der anläßlich der Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 257 geschaffen werde. Immerhin wäre zur Erhaltung einer Großvieheinheit in E eine Fläche von ca. 7.000 m2 landwirtschaftliche Nutzfläche erforderlich. Die neugeschaffene Stammsitzliegenschaft habe jedoch nur ein Ausmaß von 928 m2.

Wenn der Beschwerdeführer weiter vorbringe, daß W.F. das Anteilsrecht an der Stablalpe seit 1991 nicht mehr genutzt habe und auch die entsprechenden Beitragsleistungen von ihm übernommen worden seien, so folge daraus, daß auch insoweit die Erhaltung eines leistungsfähigen bäuerlichen Betriebes aus der Teilung einer Stammsitzliegenschaft nicht resultiere.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 2260/93-6 ihre Behandlung ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

W.F. hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der er beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge die eingebrachte Beschwerde kostenpflichtig abweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird eine Stammsitzliegenschaft geteilt, so ist nach § 39 Abs. 1 TFLG 1978 in die Teilungsurkunde eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob mit dem Trennstück Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft auf den Erwerber übergehen oder nicht. Diese Bestimmung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Bewilligung der Agrarbehörde. Diese hat darauf zu achten, daß die Anteilsrechte den Trennstücken im Verhältnis ihres wirtschaftlichen Bedarfes zustehen. Die Bewilligung ist zu verweigern, wenn die Teilung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beteiligten Liegenschaften, insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe, und den Rücksichten der Landeskultur widerspricht. Die Bestimmung des § 38 Abs. 4 gilt hiebei sinngemäß.

Mit der Bestimmung, daß die Bewilligung zur Teilung zu verweigern ist, wenn die Teilung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beteiligten Liegenschaften, insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe widerspricht, zielt § 39 Abs. 1 TFLG 1978 "insbesondere" darauf ab, daß aus der Teilung stets leistungsfähige bäuerliche Betriebe resultieren, sei es daß ein bisher leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb bei der Teilung als solcher erhalten bleibt, sei es daß dann, wenn ein leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb vor der Teilung nicht (mehr) bestand, ein solcher im Weg der Teilung geschaffen wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Jänner 1991, Zl. 89/07/0109 und vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0018). Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor. Nach den Feststellungen, die die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides getroffen hat, wird durch die zur Genehmigung beantragte Teilung ein leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb weder erhalten noch geschaffen. Ein Anhaltspunkt, daß diese Feststellungen unrichtig seien, findet sich nicht; in der Beschwerde wird auch nichts vorgebracht, was Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen erwecken könnte.

Der Beschwerdeführer meint aber, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, die Genehmigung der Teilung setze voraus, daß aus der Teilung stets leistungsfähige bäuerliche Betriebe resultierten, sei verfehlt, weil der Verwaltungsgerichtshof dem Verweis im § 39 Abs. 1 letzter Satz TFLG 1978 auf § 38 Abs. 4 leg. cit. eine Bedeutung zumesse, die diesem Verweis nicht zukomme.

Bei dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, daß der Verwaltungsgerichtshof seine in den Erkenntnissen vom 15. Jänner 1991, Zl. 89/07/0109 und vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0018, geäußerte Auffassung nicht aus dem Hinweis im § 39 Abs. 1 letzter Satz TFLG 1978 auf § 38 Abs. 4 leg. cit. gewonnen hat, sondern aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 39 Abs. 1 vierter Satz TFLG 1978. Der Einwand des Beschwerdeführers geht daher schon aus diesem Grund ins Leere, ohne daß es einer Auseinandersetzung über die Bedeutung des Verweises auf § 38 Abs. 4 TFLG 1978 in § 39 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. bedürfte.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe die Einvernahme des W.S. als Zeugen beantragt. Dessen Einvernahme hätte zu Tage gebracht, daß der Beschwerdeführer mit der in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft ein praktizierendes Mitglied der Agrargemeinschaft St. sei und daß daher die Übertragung des Anteilsrechtes an dieser Agrargemeinschaft nicht nur im Interesse des Liegenschaftsbesitzes des Beschwerdeführers, sondern auch im Interesse der Agrargemeinschaft selbst gelegen gewesen wäre. Hinsichtlich der vorhandenen beteiligten Liegenschaften sei die Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt worden. Außerdem sei auf die Möglichkeit der Befragung des agrartechnischen Senatsmitgliedes hingewiesen worden, wonach es im Außerfern leicht und kostengünstiger sei, Kulturgrundflächen zum Pachten zu bekommen als eine Hofstelle. Hiezu habe sich die belangte Behörde nicht geäußert. Es sei aber Aufgabe der belangten Behörde, im Zusammenhang mit einer Genehmigung nach § 39 TFLG 1978 alle Umstände von Amts wegen zu erheben und zu prüfen.

Eine der Voraussetzungen für die Genehmigung einer Teilung nach § 39 Abs. 1 TFLG 1978 ist, daß aus der Teilung leistungsfähige bäuerliche Betriebe resultieren. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann eine Genehmigung nicht erteilt werden. Wie bereits dargelegt, ist diese Voraussetzung im Beschwerdefall nicht gegeben. Den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umständen kommt daher keine rechtliche Bedeutung zu.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß es sich beim Holzbezug am Gemeindegutswald um ein agrarisches Anteilsrecht handle, weil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das Regulierungsverfahren noch nicht eingeleitet gewesen sei. Auf den Einleitungsbescheid zum Regulierungsverfahren vom 21. Jänner 1993 sei bereits in der Berufung hingewiesen worden. Zum Beweise seien die Zustimmungserklärung vom 26. Februar 1992, das Grundstücksverzeichnis vom 27. August 1992, der Holzgebarungsvormerk und der Bauholzbezugskataster der Gemeinde E angeboten worden, alles Urkunden aus dem Regulierungsakt für das Gemeindegut E. Die belangte Behörde habe es unterlassen, diese Beweismittel aufzunehmen. Bei entsprechender Beweisaufnahme hätte sich herausgestellt, daß hinsichtlich der Gemeindegutsnutzung eine Zuständigkeit der Agrarbehörde gar nicht bestehe, sodaß diesbezüglich eine Abweisung des Antrages hätte ausgesprochen werden müssen, nicht aber eine Verweigerung der Teilungsbewilligung.

Nach § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1978 sind agrargemeinschaftliche Grundstücke, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere Grundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes einer im Gebiet dieser Gemeinde gelegene Mehrheit von Stammsitzliegenschaften dienen (Gemeindegut).

Das TFLG 1978 macht die Eigenschaft eines Grundstückes im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c leg. cit. als agrargemeinschaftliches Grundstück nicht davon abhängig, ob bzw. wann bezüglich dieses Grundstückes das Regulierungsverfahren eingeleitet wurde. Die mit der Stammsitzliegenschaft EZ 257 - deren Teilung Gegenstand des Genehmigungsverfahrens ist - verbundenen Nutzungsrechte an dem in Rede stehenden Gemeindegut sind daher als Mitgliedschaftsrechte im Sinne des § 39 Abs. 1 TFLG 1978 anzusehen.

Welche Bedeutung dem Hinweis des Beschwerdeführers auf den Einleitungsbescheid zum Regulierungsverfahren sowie das Grundstücksverzeichnis vom 27. August 1992 etc. zukommen soll, wird auch bei Heranziehung der Berufung nicht deutlich.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, gemäß den alten Aufzeichnungen im Holzgebarungsvormerk und im Bauholzbezugskataster der Gemeinde E sei das Holzbezugsrecht mit der Feuerstelle verbunden. Dementsprechend sei auch in dem dem Regulierungsverfahren zugrundegelegten Grundstücksverzeichnis vom 27. August 1992 unter Nummer 3 der Beschwerdeführer mit EZ 295 und der Hausnummer 4 als Holzbezugsberechtigter angeführt. Auch in der Verständigung vom Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 21. Jänner 1993 sei der Beschwerdeführer unter Nummer 13 mit dem Haus E Nummer 4 bzw. "dieser Grundstücksadresse" angeführt.

Die Anführung des Beschwerdeführers als Holzbezugsberechtigter in einem dem Regulierungsverfahren zugrunde gelegten Grundstücksverzeichnis ersetzt ebensowenig die erforderliche Teilungsgenehmigung wie der Umstand, daß er in der Zustellverfügung des Bescheides über die Einleitung des Regulierungsverfahrens angeführt ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

W.F. wurde in der Beschwerde als mitbeteiligte Partei angeführt und daher dem Verfahren beigezogen. Ihm kommt aber die Stellung einer mitbeteiligten Partei nicht zu, weil er mit dem Beschwerdeführer die Übertragung der agrarischen Nutzungsrechte auf den letzteren vereinbart hat und daher durch eine Aufhebung des dieser Vereinbarung die Bewilligung versagenden Bescheides nicht in seinen Rechten berührt hätte werden können. Das in der Gegenschrift des W.F. enthaltene Kostenbegehren war daher zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994070125.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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