Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 1993, Zl. Wa - 300054/260 - 1993/Fo/Mül, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, 91/07/0064, ebenso verwiesen wie auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1991, 91/07/0121, und vom 18. März 1994, 91/07/0162, 93/07/0073. Gegenstand des erstgenannten Erkenntnisses war der von der Beschwerdeführerin angefochtene Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. April 1991, mit welchem dieser im Instanzenzug das Erlöschen des der Beschwerdeführerin bescheidmäßig erteilten Rechtes zur Ableitung der Abwässer ihrer Fabrik in die Dürre Aschach mit Ablauf des Jahres 1985 ausgesprochen und der Beschwerdeführerin aus Anlaß dieser Feststellung die Durchführung letztmaliger Vorkehrungen aufgetragen hatte. Gegenstand der beiden letztgenannten Erkenntnisse waren im Instanzenzug ergangene Vollstreckungsverfügungen der auch nunmehr belangten Behörde vom 5. Juli 1991, 18. Oktober 1991 und 28. April 1993 zur Durchsetzung der im vorgenannten Titelbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. April 1991 aufgetragenen letztmaligen Vorkehrungen im Wege der Ersatzvornahme. Sämtlichen der von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerden war ein Erfolg in den genannten Erkenntnissen versagt geblieben.
Die nunmehr vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Anordnung der Ersatzvornahme zur Durchsetzung des nach dem Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. April 1991 bis zum 31. August 1991 zu erfüllenden Vorschreibungspunktes I. 11. des darin bestätigten Erlöschensbescheides, mit welchem der Beschwerdeführerin folgende Vorkehrung aufgetragen worden war:
"11. Ebenso ist das Erdreich im Bereich des Mischreaktors und des Äschersilos, soweit es kontaminiert ist, auszuheben und ebenfalls ordnungsgemäß zu entsorgen."
Die beiden unmittelbar vorangehenden Vorschreibungspunkte des Titelbescheides haben folgenden Wortlaut:
"9. Sämtliche Behälter, Becken und Schächte sind von einer befugten Person auf ihre Dichtheit zu überprüfen. Das Ergebnis der Prüfungen ist in Form von Prüfprotokollen der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.
10. Sollten Undichtheiten festgestellt werden, so sind die Verunreinigungen des Untergrundes durch die versickerten Abwässer umgehend zu sanieren. Sollten vom Anlagenbetreiber keine anderen zielführenden Maßnahmen vorgeschlagen bzw. verwirklicht werden, sind die betroffenen Bauwerke zu entfernen und das Erdreich, soweit es kontaminiert ist, auszuheben und ordnungsgemäß entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu entsorgen."
Mit Bescheid vom 7. Oktober 1993 ordnete die Bezirkshauptmannschaft (BH) an, daß der im Abschnitt I Ziffer 11 des Erlöschensbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich in der Fassung des oben genannten Berufungsbescheides des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. April 1991 enthaltene Auftrag, das Erdreich im Bereich des Mischreaktors, soweit es kontaminiert ist, auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, im Wege der Ersatzvornahme erfüllt wird. Begründend führte die BH im wesentlichen aus, daß nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Notwendigkeit des Bodenabtrages im Bereich des Mischreaktors erwiesen sei, weil dieser im Bereich der Betriebskläranlage stehende Mischreaktor schon zum Zeitpunkt seiner Benützung im Rahmen der betrieblichen Abwasserentsorgung offensichtlich undicht gewesen sei, was zur Folge gehabt habe, daß das in diesem Behälter gelagerte Abwasser bei undichten Stellen ausgesickert und in der Umgebung dieses Behälters in den Boden gelangt sei. Die für die Erfüllung des Auftrages mit Schreiben vom 11. Februar 1993 gesetzte Nachfrist bis zum 31. März 1993 habe die Beschwerdeführerin nicht genützt.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß die Vollstreckungsanordnung nicht vollziehbar und deswegen unzulässig sei, weil die Beschwerdeführerin nicht mehr Eigentümerin jenes Teils der Liegenschaft sei, auf welcher die Kläranlage errichtet worden war. Die behaupteten Verunreinigungen lägen nicht vor; auch eine Untersuchung der Behörde selbst im Rahmen einer unzulässigen faktischen Amtshandlung, für welche "die Behörde vom UVS verurteilt worden" sei, habe ergeben, daß keine Verunreinigungen vorlägen. Der Titelbescheid gebe der Verwaltungsvollstreckung somit keine taugliche Grundlage. Auch die im Bescheid der BH angeführten Gutachten könnten der angeordneten Vollstreckung keine Rechtfertigung bieten, zumal sie veraltet seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der von der Beschwerdeführerin behauptete Eigentumsübergang an der von der Vollstreckungsverfügung betroffenen Grundfläche der Vollstreckung deswegen nicht entgegenstehe, weil die neue Grundeigentümerin diese Grundfläche mit der durch den Titelbescheid gegebenen Belastung erworben und die Vollstreckung zu dulden habe. Worauf die Beschwerdeführerin ihre Behauptung stützen wolle, daß Bodenverunreinigungen nicht vorlägen, sei angesichts der vorliegenden Untersuchungsergebnisse unerfindlich. Anders als Vorschreibungspunkt 10 des Titelbescheides sei die Anordnung nach Vorschreibungspunkt 11 ohne vorherige Dichtheitsprobe der darin erwähnten Behälter vollstreckbar. Die Beschwerdeführerin habe diese Anordnungen auch innerhalb der ihr eingeräumten Nachfrist nicht erfüllt, weshalb die BH die Ersatzvornahme mit Recht angeordnet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben einer Vollstreckung des Abschnittes I Z. 11 des Titelbescheides als verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in einer unzureichenden Bestimmtheit der Anordnung des Titelbescheides. Der Auftrag, das Erdreich im Bereich des Mischreaktors, soweit es kontaminiert ist, auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, sei in mehrfacher Hinsicht unzulänglich bestimmt. Durch die Einschränkung, "soweit es kontaminiert ist", werde deutlich, daß die Behörde selbst nicht sicher sei, ob überhaupt kontaminiertes Erdreich vorliege. Dafür spreche auch der im Juli 1992 von der Behörde unternommene Versuch, im Wege einer rechtswidrigen faktischen Amtshandlung Bodenproben zu erlangen. Tatsache sei hingegen, daß es im Bereich des Mischreaktors Bodenkontaminierungen überhaupt nicht gebe. Ein mit der Ersatzvornahme beauftragtes Unternehmen könnte den Auftrag nicht erfüllen, weil zudem nicht fest stehe, um welche Kontaminierungen es sich überhaupt handeln solle. Hinzu trete der Umstand, daß die Formulierung des im Titelbescheid ergangenen Auftrages weder festlege, bis zu welcher Entfernung vom Mischreakter das Erdreich zu entfernen, noch bestimme, in welcher Tiefe das Erdreich abzutragen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, 85/05/0150, eine Formulierung für nicht vollstreckbar erklärt, wonach "konsenswidrige Herstellungen zu beseitigen und die konsenslosen Herstellungen zu sanieren" seien. Die Formulierung "Erdreich zu entsorgen, soweit es kontaminiert ist", sei in gleicher Weise unbestimmt und bedeute eine unzumutbare Beweislastumkehr derart, daß der Beschwerdeführerin aufgetragen werde, die Behauptungen der belangten Behörde zu verifizieren. Eine Vollstreckungsverfügung setze aber voraus, daß der Vollstreckungstitel nicht erst im Wege einer Auslegung hinreichend bestimmbar werde.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Die von der angefochtenen Vollstreckungsverfügung betroffene Anordnung des Titelbescheides ist nicht unzureichend bestimmt. Sie begründet die von der Beschwerdeführerin gesehene Beweislastumkehr nicht, weil sie an der Tatsache einer Kontaminierung des den Mischreaktor umgebenden Erdreichs entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen Zweifel läßt. Das Erdreich im Bereich des Mischreaktors war nach der Anordnung des Titelbescheides auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, SOWEIT es kontaminiert ist. Der mit dem Bindewort "soweit" eingeleitete Nebensatz beschreibt die räumliche Begrenzung des erteilten Auftrages, nicht aber - wie die Beschwerdeführerin dies deuten will - eine Bedingung; die Beschwerdeführerin mißdeutet den im Titelbescheid verwendeten Ausdruck "soweit" offensichtlich im Sinne von "wenn", "sofern" oder "falls", mit welchen Bindewörtern ein Bedingungssatz eingeleitet wird. Zu einem solchen Verständnis des im Titelbescheid enthaltenen Nebensatzes besteht aber kein Anlaß, weil das - einen Umstandssatz einleitende - Bindewort "soweit" den Sinngehalt des Nebensatzes als Darstellung der räumlichen Begrenzung des Auftragsumfanges ausreichend klarstellt. Mit der Bestreitung des Umstandes einer Kontaminierung des den Mischreaktor umgebenden Erdreichs bekämpft die Beschwerdeführerin in unzulässiger Weise die Anordnung des Titelbescheides, weshalb ihre diesbezüglichen Ausführungen ins Leere gehen. Über die Art der Kontaminierung des Erdreichs konnte die Beschwerdeführerin nach den Ermittlungsergebnissen des Titelverfahrens nicht im unklaren sein, nachdem es in diesem Zusammenhang um die aus undichten Behältnissen ihrer Kläranlage ausgetretenen Abwässer gegangen war. Daß eingetretene Erdreichkontaminierungen objektiv nicht erkennbar wären, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet; sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, das Vorliegen von Kontaminierungen entgegen den Ermittlungsergebnissen des Titelverfahrens und in unzulässiger Weise entgegen der Anordnung des Titelbescheides zu bestreiten. Da dem Verwaltungsgerichtshof keine Gründe einsichtig sind, welche gegen eine objektive Erkennbarkeit vorhandener Erdreichkontaminierungen sprächen, kann auch die mit dem Ausdruck "soweit" vorgenommene Anordnungsbegrenzung des Titelbescheides nicht als unbestimmt beurteilt werden.
Aufgetragen war der Beschwerdeführerin damit nichts anderes, als ausgehend vom Mischreaktor das Erdreich horizontal in jede Richtung und vertikal in die Tiefe soweit auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, als es als kontaminiert festzustellen war. Dieser Auftrag ist einer Ersatzvornahme durch ein beauftragtes Unternehmen zugänglich. Aus dem bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 18 zu § 10 VVG, wiedergegebenen, von der Beschwerdeführerin zitierten hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, 85/05/0150, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Die Unbestimmtheit des dort formulierten Auftrages zur Beseitigung "konsenswidriger Herstellungen" beruht auf der unzulässigen rechtlichen Auslegungsbedürftigkeit dieser Anordnung im Umfang der Frage, welche Herstellungen rechtlich als konsenslos zu beurteilen waren. Im Beschwerdefall hingegen bedarf es einer solchen rechtlichen Auslegung nicht. Daß der Titelbescheid den einer rechtlichen Auslegung nicht bedürftigen Auftrag hinsichtlich seines sachlichen Umfangs mit dem horizontalen und vertikalen Ausmaß einer in ihrer objektiven Erkennbarkeit nicht tauglich bestrittenen Kontaminierung des Erdreichs, ausgehend vom Mischreaktor, beschrieben hat, ist bei der gegebenen Sachlage als für die Zwecke der Zwangsvollstreckung ausreichend bestimmt zu beurteilen.
Es begründet aber auch der von der Beschwerdeführerin behauptete Eigentumswechsel an den betroffenen Grundflächen keine Unzulässigkeit der angeordneten Zwangsvollstreckung. Der in dieser Hinsicht von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gegebenen Begründung ist beizupflichten; die Beschwerdeführerin vermag dieser Begründung auch nichts entgegenzusetzen. Aus dem Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. Oktober 1992 ist für die Beschwerdeführerin schon deswegen nichts zu gewinnen, weil der Erfolg der diesem Erkenntnis zugrunde gelegenen Maßnahmenbeschwerde der als neuen Liegenschaftseigentümerin behandelten Gustav W. Leder und Extrakte KG zu einem wesentlichen Teil auf den Umstand zurückzuführen war, daß dem damaligen Einschreiten der Behörde eine Vollstreckungsverfügung der nunmehr angefochtenen Art nicht zugrunde gelegen war.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994070018.X00Im RIS seit
12.11.2001