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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §44a litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des X in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 22. Jänner 1992, Zl. Va-843-1/1991, betreffend Übertretung des Qualitätsklassengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer im Instanzenzug ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:
"Über (Beschwerdeführer) als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der Firma D. in ..., wird, weil im gegenständlichen Betrieb nach dem Ergebnis der Qualitätskontrolle am 19.4.1990 um ca. 15.30 Uhr 31 Polybeutel Äpfel a 2 kg mit der Originalkennzeichnung "Steirisches Edelobst, H. Fruchthof F., Golden Delicious, Klasse II, 2 kg" feilgeboten wurden, obwohl im Durchschnitt 60 % der Früchte nicht genügend entwickelt, also in keine Qualitätsklasse einstufbar waren und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 26 Abs. 1 lit. b Qualitätsklassengesetz, BGBl. Nr. 161/1967, in Verbindung mit §§ 7 Abs. 2 und 8 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung, BGBl. Nr. 136/1968, zuletzt geändert durch die Novelle BGBl. Nr. 141/1988, begangen wurde, gemäß § 26 Abs. 1 Qualitätsklassengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt.
Gemäß § 64 Abs. 2 VStG ist der (Beschwerdeführer) verpflichtet, 10 v.H. der verhängten Strafe als Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz und 10 v.H. der verhängten Strafe als Beitrag zu den Verfahrenskosten der Berufungsinstanz, somit einschließlich der Strafe einen Gesamtbetrag von S 3.600,--, binnen zwei Wochen an die Bezirkshauptmannschaft D. zu bezahlen."
Begründend verwies die belangte Behörde auf die dienstlichen Wahrnehmungen des Bundeskontrollorganes nach dem Qualitätsklassengesetz anläßlich einer vor Ort durchgeführten Kontrolle; Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Wahrnehmungen seien nicht entstanden. Der demnach festgestellte Sachverhalt verwirkliche die im Spruche genannte Verwaltungsübertretung.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde und die von der belangten Behörde unter Aktenvorlage erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet den angefochtenen Bescheid mit der Begründung als rechtswidrig, daß ihm nicht ein Verstoß gegen die Bestimmung sowohl des § 7 Abs. 2 als auch jener des § 8 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung vorgeworfen werden könne. Die beiden Bestimmungen stünden nämlich zueinander im Verhältnis einer Gesetzeskonkurrenz derart, daß entweder die Bestimmung des § 7 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung als spezielle Norm jene des § 8 Abs. 2 leg. cit. verdränge oder aber mit der Verwirklichung des Tatbestandes des § 8 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung jener des § 7 Abs. 2 leg. cit. konsumiert sei. Keinesfalls aber könnten durch die vorgeworfene Tat beide Tatbestände erfüllt worden sein.
Gemäß § 26 Abs. 1 lit. b des Qualitätsklassengesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Waren entgegen den Bestimmungen der §§ 2 bis 8 und 10 und der auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt.
Die maßgebenden Bestimmungen der Qualitätsklassenverordnung haben in ihrer zuletzt durch die Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 514/1989, gewonnenen Fassung folgenden Wortlaut:
"§ 7 (1) Qualitätsbezeichnungen für Früchte sind: "Klasse Extra", "Klasse I", "Klasse II" und "Klasse III".
(2) Früchte, die in keine der im Abs. 1 angeführten Klassen eingestuft werden können, dürfen nur zum Zwecke der Verwertung in Verarbeitungsbetrieben in Verkehr gebracht werden.
§ 8 (2) Die Früchte müssen sorgfältig gepflückt und bei der Ernte genügend entwickelt sein.
..."
Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines nicht auf Einstellung lautenden Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Zu dieser Vorschrift vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß einem Beschuldigten das subjektive Recht darauf zukommt, daß ihm die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird. Wird eine Norm als verletzte Verwaltungsvorschrift mitzitiert, die vom Beschuldigten nicht verletzt worden ist, kommt es darauf an, ob die mitzitierte Norm einen eigenen Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet oder nicht. Stellt nämlich die mitzitierte Norm für sich allein keine verletzbare Verwaltungsvorschrift dar, sondern bildet sie nur eine Erläuterung, dann schadet das Mitzitieren nicht; bildet die mitzitierte Norm hingegen einen eigenen Tatbestand, den der Beschuldigte nicht erfüllt hat, dann würde der Spruch durch das Anführen dieser Norm als verletzte Verwaltungsvorschrift rechtswidrig (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 81 zu § 44a VStG wiedergegebene hg. Judikatur).
Eine Betrachtung der im angefochtenen Bescheid als verletzte Verwaltungsvorschriften bezeichneten Bestimmungen der Qualitätsklassenverordnung zeigt, daß dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte nach den Grundsätzen der dargestellten Judikatur durch den Spruch des angefochtenen Bescheides nicht widerfahren ist. Als nach § 26 Abs. 1 lit. b des Qualitätsklassengesetzes im Beschwerdefall verletzte Verwaltungsvorschrift war die Bestimmung des § 7 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung anzusehen, nach welcher der Beschwerdeführer die in keine der im Abs. 1 leg. cit. angeführten Klassen einstufbaren Äpfel nur zum Zwecke der Verwertung in Verarbeitungsbetrieben in Verkehr bringen hätte dürfen. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung, wonach die Früchte bei der Ernte genügend entwickelt sein müssen, bildete demgegenüber aber nicht eine vom Beschwerdeführer gesondert verletzbare Verwaltungsvorschrift, sondern nur den rechtlichen Grund der Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung. Weil die Äpfel den Anforderungen des § 8 Abs. 2 erster Satz der Qualitätsklassenverordnung nicht entsprachen, waren sie als solche zu beurteilen, die nach § 7 Abs. 2 leg. cit. in keine der im § 7 Abs. 1 der Qualitätsklassenverordnung angeführten Klassen eingestuft werden konnten und deshalb nur zum Zwecke der Verwertung in Verarbeitungsbetrieben in Verkehr gebracht werden durften. Mit der Zitierung der Bestimmung des § 8 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung im Spruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde damit nur den rechtlichen Grund klargestellt, aus dem die Verwaltungsvorschrift des § 7 Abs. 2 der Qualitätsklassenverordnung als verletzt anzusehen war. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers wurde damit demnach nicht bewirkt.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992070052.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
12.05.2009