TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/16 94/12/0212

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Veröffentlicht am 16.11.1994
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BO Wr 1967 §6a Abs1;
BO Wr 1967 §6a Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
DO Wr 1966 §43c;
DO Wr 1966 §44 Abs1;
DO Wr 1966 §44 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde der L in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 1. Feber 1994, Zl. MA 2/133/93, betreffend Vorschreibung von Pensionsbeiträgen gemäß § 6a der Besoldungsordnung 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles (betreffend die Vorschreibung von Pensionsbeiträgen für den Zeitraum vom 9. September 1990 bis zum 8. September 1992) wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juni 1994, Zl. 94/12/0014, verwiesen, dem auch der nähere Sachverhalt entnommen werden kann.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens, des vorgelegten angefochtenen Bescheides und der vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung und Abtretung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Akten geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem weiteren Sachverhalt aus:

Die 1961 geborene Beschwerdeführerin stand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Soweit für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum erheblich, wurde ihr mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 11. Juni 1992 ein (weiterer) Karenzurlaub gemäß § 44 Abs. 1 DO 1966 für den Zeitraum vom 9. September 1992 bis zum 8. September 1993 bewilligt, welcher aber nicht mehr zur Gänze in Anspruch genommen wurde, weil das Dienstverhältnis aufgrund einer Dienstentsagung der Beschwerdeführerin mit 31. August 1993 beendet wurde.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. September 1993 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 6a Abs. 1 BO 1967 die Zahlung eines Pensionsbeitrages in der Höhe von S 25.548,35 binnen zwei Monaten vorgeschrieben.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der selben Argumentation Berufung, wie im vorangegangenen Administrativverfahren, das Gegenstand des zur Zl. 94/12/0014 protokollierten Beschwerdeverfahrens war. Der Sache nach geht es darum, daß die Beschwerdeführerin ein am 8. September 1989 geborenes Kind adoptiert hatte. Im Hinblick hierauf wurde ihr "in Anwendung des § 15 des Mutterschutzgesetzes 1979" für die Zeit vom 28. September 1989 bis zum 8. September 1990 Karenzurlaub gewährt. Im Anschluß daran wurden der Beschwerdeführerin über deren Ersuchen Karenzurlaube gemäß § 44 Abs. 1 DO 1966 gewährt. Die Beschwerdeführerin vertrat mit eingehenden Ausführungen den Standpunkt, daß der fragliche Karenzurlaub wie ein Karenzurlaub nach den §§ 15 ff Mutterschutzgesetz zu beurteilen und demnach kein Pensionsbeitrag zu entrichten sei. In der Folge hatte sie auch darauf verwiesen, daß für die Integration des - farbigen - Kindes erhöhte pädagogische und erzieherische Anstrengungen erforderlich seien, weshalb dieselben Grundsätze zu gelten hätten, wie bei einem Karenzurlaub nach dem § 43c DO 1966 bzw. dem § 75a BDG 1979.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen, zugleich aber den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend abgeändert, daß anstelle des Betrages von S 25.548,35 der Betrag von S 25.548,32 zu treten habe. Der Sache nach ging dabei die belangte Behörde, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, von derselben Beurteilung aus, wie im vorangegangenen Verfahren (siehe dazu die Wiedergabe im Erkenntnis Zl. 94/12/0014).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 14. Juni 1994, Zl. B 523/94, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In ihrer, über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes fristgerecht ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, der Verwaltungsgerichtshof wolle den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassunggesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als verfassungswidrig aufheben; hilfsweise ihm gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und ihr gemäß § 59 VwGG "den Ersatz aller regelmäßig anfallenden Kosten zuzüglich USt zu erkennen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

So, wie im vorangegangenen Beschwerdeverfahren, erachtet sich die Beschwerdeführerin auch nun durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, in ihrem ebenfalls verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, daß ihre Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist von einem unabhängigen und unparteiischen, auf dem Gesetz beruhenden Gericht gehört werde, weiters in ihrem Recht, für jenen Zeitraum, in welchem sie als Mutter eines Kindes, dessen persönliche Betreuung erhöhte Anstrengen erforderten, einen Karenzurlaub in Anspruch genommen habe, keine Pensionsbeiträge entrichten zu müssen, sowie schließlich in ihrem Recht, daß die Behörde von einem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetz Gebrauch mache, verletzt.

Soweit die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde das Vorbringen wiederholt, das sie bereits im vorangegangenen Beschwerdeverfahren erstattet hatte, wird auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 8. Juni 1994 verwiesen. Die Beurteilung, ein Karenzurlaub gemäß § 43c DO 1966 entspreche wertungsmäßig "vollständig den von der Beschwerdeführerin beantragten und ihr in weiterer Folge bewilligten Karenzurlauben", sei doch "dem Fall der Behinderung eines Kindes und dem Fall der Adoption eines Kindes gemeinsam, daß es in beiden Fällen zur Förderung der Entwicklung des Kindes eine über das normale Maß noch hinausgehenden Ausmaß an Liebe und Zuwendung" bedürfe, ist in dieser Form im Beschwerdefall nicht zu folgen, weil es nicht auf allgemein-abstrakte Betrachtungen ankommt. Weiterhin vermag die Beschwerdeführerin das Vorliegen der strengen Voraussetzungen des § 43c DO 1966, nämlich einer "Behinderung", nicht aufzuzeigen.

Neu ist das Argument, daß § 6a Abs. 2 BO 1967 deshalb, weil diese Bestimmung "den § 44 Abs. 1 DO 1966", auf dessen Grundlage der Beschwerdeführerin der Karenzurlaub gewährt wurde, nicht ausdrücklich als "pensionsfreie" Zeit (in der Beschwerde unter Anführungszeichen) erwähnt, eine unsachliche Differenzierung zwischen Personen, welche grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Karenzurlaubsgewährung erfüllten, nach deren persönlichen bzw. familiären Vermögensverhältnissen vornehme: Solche "wichtigen Gründe", welche "die zeitweilige Befreiung von der Verpflichtung zur Dienstleistung" rechtfertigten, könnten nämlich jedermann, unabhängig von dessen Vermögensverhältnissen, treffen. Müßte für die Dauer eines solchen Karenzurlaubes Pensionsbeitrag geleistet werden, so hätte dies zur Folge, daß gerade jene Personen, denen es aufgrund ihrer finanziellen Situation im Falle des Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht möglich sei, "die - meist kostenintensive Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen, daran gehindert wären, den vom Gesetz für solche Fälle vorgesehen Karenzurlaub zu konsumieren, da es deren, durch den Entfall der Bezüge sowieso schon angespannte finanzielle Situation nicht zuläßt, auch noch für den zur Vorschreibung gelangenden Pensionsbeitrag aufzukommen". Die Vorschreibung eines Pensionsbeitrages für die Zeit der Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes aus wichtigem Grund gemäß § 44 Abs. 1 DO 1966 stelle somit eine unsachliche Differenzierung zum Nachteil finanzschwächerer Personen dar und erscheine daher auch aus diesem Grund als gleichheitswidrig.

Dieses Vorbringen übergeht, daß die Beamten, denen ein Karenzurlaub gemäß § 44 Abs. 1 DO 1966 gewährt wird, gleichermaßen - insbesondere demnach unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen - Pensionsanwartschaftszeiten erwerben (§ 44 Abs. 2 2. Satz DO 1966 idF LGBl. Nr. 26/1979). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher weiterhin, wie im Erkenntnis vom 8. Juni 1994 näher ausgeführt, zu einer Anfechtung der fraglichen Normen (insbesondere § 6a BO 1967) beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt.

Zusammenfassend vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen, daß sich der nun vorliegende Sachverhalt wesentlich vom Sachverhalt, der dem Vorerkenntnis vom 8. Juni 1994 zugrunde lag, unterscheide, noch, daß es geboten wäre, eine andere rechtliche Beurteilung vorzunehmen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120212.X00

Im RIS seit

29.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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