TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/16 92/01/0954

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Veröffentlicht am 16.11.1994
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Index

L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art119a Abs1;
B-VG Art132;
GdO Allg Krnt 1982 §101 Abs1;
GdO Allg Krnt 1982 §35 Abs1;
GdO Allg Krnt 1982 §8a litb;
GdO Allg Krnt 1982 §8b Abs5;
GdO Allg Krnt 1982 §98 Abs1;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Wolfsberg, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. November 1991, Zl. 3-Gem-1940/1/91, betreffend Auftrag gemäß § 101 Abs. 1 Kärntner AGO 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bundesland Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Wirkung vom 1. Jänner 1973 wurde die Vereinigung der Stadtgemeinde Wolfsberg mit anderen Gemeinden, darunter der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud gemäß § 72f des Kärntner Gemeindestruktur-Verbesserungsgesetzes, LGBl. 63/1972, verfügt. Amt 5. Mai 1991 fand in der Stadtgemeinde Wolfsberg eine mit Verordnung der Landesregierung vom 5. März 1991, LGBl. 42/91 angeordnete Volksbefragung im Sinne des § 8b Abs. 4 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung 1982-AGO 1982 statt, die ergab, daß mehr als die Hälfte, nämlich 50,66 % der wahlberechtigten Gemeindebürger im Bereich der "Altgemeinde" Frantschach-St. Gertraud für deren Wiederverselbständigung eintrat. In seiner Sitzung vom 29. Oktober 1991 beschäftigte sich der Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg mit der Frage der "vollständigen Vermögensauseinandersetzung" im Sinne des § 8b Abs. 5 AGO 1982. In dieser Sitzung wurde die "Genehmigung" des vom Finanzausschuß beschlossenen Entwurfes über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung zwischen der Trenngemeinde Frantschach-St. Gertraud und der Stammgemeinde Wolfsberg aus Anlaß der Gemeindetrennung mit 20 : 15 Stimmen abgewiesen. Dieser Gemeinderatsbeschluß wurde am 31. Oktober 1991 der Kärntner Landesregierung bekanntgegeben. Die Kärntner Landesregierung erließ daraufhin folgende, an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg gerichtete, mit 19. November 1991 datierte und der Stadtgemeinde Wolfsberg am 21. November 1991 zugestellte Erledigung:

"BESCHEID

Von amtswegen ergeht nachstehender

SPRUCH

Gemäß § 101 Abs. 1 AGO 1982 wird dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg aufgetragen, im Hinblick auf das Ergebnis der am 5. 5. 1991 in der Stadtgemeinde Wolfsberg stattgefundenen Volksbefragung über die Verselbständigung der Altgemeinde Frantschach - St. Gertraud den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung unter Beachtung der Bestimmungen des § 8 b Abs. 5 AGO 1982, binnen einer Frist von 3 Wochen der Landesregierung vorzulegen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig.

BEGRÜNDUNG

§ 8 b Abs. 5 erster und zweiter Satz AGO 1982, LGBl. Nr. 8 i. d.F. LGBl. Nr. 48/1991, bestimmt: Ergibt das Ergebnis der Volksbefragung, daß mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Gemeindebürger im Bereich einer Altgemeinde für die Verselbständigung eintritt, so hat der Gemeinderat der Landesregierung binnen 6 Wochen den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (§ 8 d) vorzulegen, die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach § 8 a lit. b bestmöglich Bedacht nimmt. Für einen Beschluß über eine Vermögensauseinandersetzung ist eine Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Bei der aufgrund der Verordnung der Landesregierung vom 5. 3. 1991, LGBl. Nr. 42/1991, angeordneten Volksbefragung am 5. 5. 1991 in der Stadtgemeinde Wolfsberg traten mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Gemeindebürger (50,66 %) im Bereich der Altgemeinde Frantschach-St. Gertraud für eine Verselbständigung der Altgemeinde Frantschach-St. Gertraud ein.

Der Finanzausschuß der Stadtgemeinde Wolfsberg faßte in der Sitzung am 21. 10. 1991 einstimmig den Beschluß, das Arbeitspapier (Nr. 1) über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den erarbeiteten Ergänzungen dem Gemeinderat mit der Empfehlung zuzuleiten, dieses Übereinkommen zu beschließen.

In der Gemeinderatssitzung am 29. 10. 1991, unter TOP 13., wurde der gegenständliche Antrag des Finanzausschusses vom 21. 10. 1991 mit 20 : 15 Stimmen abgelehnt.

In diesem Zusammenhang ist auf die Bestimmungen der § 101 Abs. 1 AGO 1982 zu verweisen, worin normiert wird: Erfüllt eine Gemeinde eine ihr nach landesrechtlichen Bestimmungen obliegende Aufgabe nicht, so hat ihr die Landesregierung die Erfüllung mit Bescheid aufzutragen. Hiefür ist eine angemessene Frist zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat die Landesregierung in den Fällen unbedingter Notwendigkeit (Abs. 3 und 4) auf Kosten (richtig: und) der Gefahr der Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Im Hinblick darauf, daß der Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg in der Sitzung am 29. 10. 1991 seiner diesbezüglichen Verpflichtung im Sinne des § 8 b Abs. 5 AGO 1982, nicht vollständig nachgekommen ist, war in Befolgung der Bestimmungen des § 101 Abs. 1 AGO 1982 spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diese Erledigung erhoben die beschwerdeführende Stadtgemeinde Wolfsberg, vertreten durch ihren Bürgermeister Dr. M, sowie weitere 22 Mitglieder des Gemeinderates zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 16. Oktober 1992, B 1407/91-14, die Beschwerde der Stadtgemeinde Wolfsberg abwies und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abtrat, ob die beschwerdeführende Stadtgemeinde Wolfsberg durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist, und im übrigen die Beschwerden, soweit sie von den Gemeinderäten der Stadtgemeinde Wolfsberg erhoben worden waren, mangels Beschwerdelegitimation zurückwies. In der Begründung zur Sache selbst führte der Verfassungsgerichtshof im wesentlichen aus, die Kärntner Landesregierung gehe im angefochtenen Bescheid davon aus, daß § 8b Abs. 5 AGO 1982 den Gemeinderat verpflichte, über die Vermögensauseinandersetzung einen inhaltlichen Beschluß zu fassen, daß es also nicht genüge, wenn sich der Gemeinderat mit dem Thema beschäftige und lediglich beschließe, eine Vermögensauseinandersetzung abzulehnen. Die Landesregierung gehe weiters davon aus, daß § 101 AGO 1982 die Landesregierung ermächtige, eine Ersatzvornahme auch dann vorzunehmen, wenn der Gemeinderat seiner oben bezeichneten Verpflichtung nicht nachkomme. Der Wortlaut des § 8b Abs. 5 sowie des § 101 AGO 1982 schließe die von der Landesregierung gewählte Auslegung nicht aus, sondern lege diese Interpretation sogar nahe: Wenn die Mehrheit der wahlberechtigten Bürger einer Altgemeinde dafür eintrete, daß diese verselbständigt werde, solle nach § 8b Abs. 6 lit. b AGO 1982 die Landesregierung, sofern nicht besondere Umstände entgegenstehen, die Gemeindetrennung vornehmen. Dem Gemeinderat der seinerzeit durch Zusammenlegung entstandenen und nunmehr zu trennenden Gemeinde - in der Regel wohl gegen die Gemeindetrennung eingestellt - werde im Interesse der Gemeindeautonomie somit die Chance eingeräumt, die Vermögensauseinandersetzung zu beschließen. Nehme der Gemeinderat diese Chance jedoch nicht wahr, so entscheide die Landesregierung. Als rechtstechnische Methode für diesen offenkundig vom Gesetzgeber gewünschten Vorgang habe dieser die Verpflichtung des Gemeinderates normiert, über die Vermögensauseinandersetzung inhaltlich zu beschließen, und die Landesregierung für den Fall, daß der Gemeinderat dieser Verpflichtung nicht nachkomme, ermächtigt, im Wege der Ersatzvornahme die Vermögensauseinandersetzung zu verfügen. Der Landesregierung könne also nicht vorgeworfen werden, sie habe bei Vollziehung des Gesetzes einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen, wenn sie diese Auslegung des Gesetzes gewählt habe.

Durch den angefochtenen Bescheid werde aber auch in das den Gemeinden verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung nicht eingegriffen. Das B-VG enthalte eine Bestandsgarantie für die Gemeinde nur als Institution, es garantiere aber der individuellen Gemeinde kein absolutes Recht auf ungestörte Existenz. Unter Zitierung zahlreicher Vorjudikatur sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß Maßnahmen, die bewirkten, daß eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhöre, im Rahmen des Bundesverfassungsrechtes zulässig sei, was umso mehr für eine (bloße) Änderung des Gebietsumfanges einer Gemeinde zu gelten habe. Der Landesgesetzgeber könne vielmehr die Trennung oder Zusammenlegung von Gemeinden entweder selbst verfügen oder die staatliche Behörde mit solchen Maßnahmen ermächtigen, solange die Änderung der Gemeindestruktur sachlich gerechtfertigt sei. Eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinde könnte nur insoweit vorliegen, als eine staatliche Behörde eine Maßnahme treffe, mit der das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint werde. Das im Art. 119a B-VG normierte Aufsichtsrecht über die Gemeinde sei dahingehend auszuüben, daß "diese (Gemeinde) bei Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze und Verordnungen nicht verletzt, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt." Aus Art. 119a Abs. 7 B-VG ergebe sich eindeutig, daß eines der Aufsichtsmittel die Ersatzvornahme sei. Selbst wenn bereits die Pflicht des Gemeinderates, einen Beschluß über die Vermögensauseinandersetzung für den Fall der erst später von der Landesregierung zu verfügenden Gemeindetrennung zu erlassen, die Existenz der Gemeinde in ihrem bisherigen Gebietsumfang berühren sollte, widerspräche § 8b Abs. 5 AGO 1982 keinesfalls der Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution. Ob die in Aussicht genommene Trennung sachlich gerechtfertigt wäre, sei im gegebenen Zusammenhang nicht zu beurteilen, weil es sich nur um einen der Trennung vorausgehenden Verfahrensschritt handle. Dagegen, daß vor Beschlußfassung der Landesregierung über die Gemeindetrennung die unmittelbar betroffene Bevölkerung um ihre Meinung befragt werde, sei verfassungsrechtlich nichts einzuwenden. Ebensowenig sei es bedenklich, wenn der Landesgesetzgeber den Gemeinderat verpflichte, in einem zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Wirkungsbereich tätig zu werden. Durch ein den Rahmen für die gemeindliche Selbstverwaltung festlegendes Gesetz werde nämlich in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung nicht eingegriffen. Es sei nicht unsachlich, wenn über die

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bedingte - Vermögensauseinandersetzung vor allfälliger

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tatsächlicher - Abtrennung eines Ortsteils eine Entscheidung getroffen werde, dies allein schon deshalb, weil sich daraus für die Landesregierung Umstände ableiten lassen könnten, die für oder gegen die Trennung sprächen. Werde nun aber eine solche (Vor)Entscheidung über die Vermögensauseinandersetzung zu Recht für äußerst bedeutsam erachtet, so bestehe im Falle, daß der Gemeinderat eine diesbezügliche Beschlußfassung unterlasse, für die Ersatzvornahme eine im Sinne des Art. 119a Abs. 7 B-VG "unbedingte Notwendigkeit", gebe es doch praktisch keine Alternative, um die erwähnte, nahezu unverzichtbare Entscheidung zu bewirken.

Dem von den Beschwerdeführern erhobenen Vorwurf der Verletzung des Prinzips des sogenannten "freien Mandates" wurde vom Verfassungsgerichtshof entgegengehalten, daß der Gemeinderat nach der Bestimmung des § 8b Abs. 5 AGO 1982 nur dazu verpflichtet sei, "den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung.... vorzulegen". Damit werde ihm nur der Gegenstand der Beschlußfassung vorgeschrieben. Die Landesregierung werde durch diese Bestimmung hingegen nicht ermächtigt, den Gemeinderat bescheidmäßig zu beauftragen, einen Beschluß bestimmten Inhaltes zu fassen. Der angefochtene Bescheid enthalte aber keinen solchen Auftrag. Der Rahmen für den Inhalt des vom Gemeinderat zu fassenden Beschlusses werde durch generelle Normen (§ 8b Abs. 5 in Verbindung mit § 8d AGO 1982 und der gemäß § 8d Abs. 2 leg. cit. zu erlassenden Durchführungsverordnung) abgesteckt. Innerhalb dieses Rahmens obliege es dem Gemeinderat, in freier Selbstbestimmung die konkreten Modalitäten der Vermögensauseinandersetzung festzulegen.

Im übrigen erachtete der Verfassungsgerichtshof ein näheres Eingehen auf die unmittelbar vor Einbringung der Verfassungerichtshofbeschwerde am 6. Dezember 1991 beschlossene authentische Interpretation der "AGO-Novelle 1991" für entbehrlich, weil die Behörde im angefochtenen Bescheid dem Gesetz in der Fassung vor dieser Novelle unbedenklicherweise bereits jenen Inhalt entnommen habe, den die authentische Interpretation bestätige.

In der nach Abtretung auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die (nunmehr allein) beschwerdeführende Stadtgemeinde Wolfsberg durch den angefochtenen Bescheid dadurch beschwert, "daß die Bestimmung des § 101 Abs. 1 AGO 1982 unrichtig angewendet worden sei." Sie behauptet ferner einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK sowie gegen Art. 5 Staatsgrundgesetz und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur MRK, BGBl. Nr. 210/1958. Im Rahmen der Begründung der Beschwerde erklärte sie ausdrücklich, die Punkte 16 der Verfassungsgerichtshofbeschwerde und 20 und 21 der Replik vom 9. April 1992 aufrecht zu erhalten. Richtig verstanden enthalte § 8b Abs. 5 AGO 1982 bloß verfahrensrechtliche Verpflichtungen der Gemeinde. Die beschwerdeführende Partei wiederholt damit die bereits vor dem Verfassungsgerichtshof vertretene Ansicht, der Gemeinderat sei zu einer positiven Erledigung der Vermögensauseinandersetzung nicht verpflichtet. Der Gemeinderat habe durch die - wenn auch ablehnende - Beschlußfassung hierüber seiner Rechtspflicht Genüge getan. Auch die von der belangten Behörde gesetzte dreiwöchige Frist sei unangemessen kurz. Der Auftrag nach § 101 Abs. 1 AGO an den Gemeinderat der Stadt Wolfsberg, einen Beschluß bestimmten Inhaltes zu fassen, sei unzulässig. Im übrigen stünde bei Säumigkeit des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg die Möglichkeit einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof offen. Da dieser Weg bislang nicht beschritten worden sei, erweise sich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde als verfrüht. Des weiteren ergeht sich die beschwerdeführende Partei in grundsätzlichen Überlegungen zum Thema des Volksentscheids, an die sie aber selbst keine auf den vorliegenden Fall bezogene rechtliche Konsequenzen knüpft.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie lediglich darauf verwies, daß aus den ergänzenden Beschwerdepunkten keine neuen materiell-rechtlichen Argumente entnommen werden könnten, verwies im übrigen auf den Inhalt der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Gegenschrift, beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet und beantragte Kostenzuspruch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit die beschwerdeführende Partei wiederum Verstöße gegen verfassungsgesetzliche Normen behauptet (vgl. Beschwerdepunkte: Art. 6 Abs. 1 MRK, Art. 5 StGG und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur MRK) und hiezu Ausführungen macht, ist darauf zu verweisen, daß gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes jene Angelegenheiten ausgeschlossen sind, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören. Die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte fällt jedoch gemäß Art. 144 B-VG in die alleinige Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 1984, Zl. 84/01/0022 u. a., Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1974, Zl. 1676/73).

Die beschwerdeführende Partei wiederholt im wesentlichen ihre auch schon vor dem Verfassungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht, zu einer "positiven Erledigung der Vermögensauseinandersetzung" nicht verpflichtet zu sein, hingegen reiche es vielmehr, eine derartige Vermögensauseinandersetzung einer "Beschlußfassung zu unterziehen", ohne zu einer inhaltlichen Erledigung gekommen zu sein. Zu eben diesem Problem hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1992,

B 1407/91-14, Stellung genommen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch durch die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei in ihrer an ihn gerichteten Beschwerde nicht veranlaßt, eine davon abweichende Meinung zu vertreten. Aus dem Wortlaut des § 8b Abs. 5 AGO 1982 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß der vom Gemeinderat der betroffenen Gemeinde vor Vorlage an die Landesregierung zu fassende Beschluß eine inhaltliche Regelung zu enthalten hat ("... über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung..., die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach § 8a lit. b bestmöglich Bedacht nimmt."). Für diese Auslegung spricht auch die weitere Bestimmung des § 8b Abs. 5 leg. cit., den Beratungen über die Vermögensauseinandersetzung Vertreter der für die Gemeindeangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung zur Beratung und Erteilung von Auskünften beizuziehen und Exponenten jener Gemeindebürger, die für die Verselbständigung der Altgemeinde eingetreten sind, ein Recht auf Teilnahme an diesen Beratungen einzuräumen. Der Zweck der Beiziehung der beteiligten Kreise liegt offenkundig darin, zu einem für alle Beteiligten gleichermaßen tragbaren inhaltlichen Ergebnis der Vermögensauseinandersetzung zu gelangen und sich nicht lediglich mit der formellen Beschlußfassung zu begnügen.

Der von der beschwerdeführenden Partei im Punkt 32 der ergänzten Beschwerde aufgezeigte Weg der Einbringung einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 132 B-VG in Verbindung mit § 27 VwGG erweist sich als nicht gangbar, weil Säumnisbeschwerde nur erheben kann, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG besteht bei der vorliegenden Gesetzeslage kein Raum, zumal der Gesetzgeber für den Fall der Nichtentscheidung durch den Gemeinderat nach den Bestimmungen des AGO die Ersatzvornahme durch die Landesregierung vorsieht.

Im übrigen läßt die Beschwerde offen, wer nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei zur Erhebung einer solchen Säumnisbeschwerde legitimiert gewesen wäre.

Insoweit sich die beschwerdeführende Partei inhaltlich gegen das Ergebnis der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegenden Volksbefragung über die Gemeindetrennung unter Hinweis auf einzelne Bestimmungen der AGO 1982 sowie auf die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl. Nr. 357/1988, wendet, kann darauf im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht eingegangen werden, weil Gegenstand des angefochtenen Bescheides lediglich der Auftrag zur Vorlage eines Beschlusses über die vollständige Vermögensauseinandersetzung zur Vorbereitung der auf Basis der durchgeführten Volksbefragung von der Landesregierung anzuordnenden Gemeindetrennung entschieden wurde, diese selbst daher nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Im Rahmen der vorliegenden Beschwerde kann lediglich die Rechtmäßigkeit des dem Gemeinderat der beschwerdeführenden Partei erteilten Auftrages Gegenstand der Prüfung sein.

Rügt die beschwerdeführende Partei, die belangte Behörde hätte vor Erlassung des bekämpften Bescheides ein Ermittlungsverfahren abzuführen gehabt, so unterläßt sie es, die Wesentlichkeit derartiger Ermittlungen bzw. darauf basierender Sachverhaltsfeststellungen im Rahmen der hier zu behandelnden "Beschwerdesache" im einzelnen darzutun, weshalb auf diesen Einwand nicht näher eingegangen werden kann.

Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die ihr mit dem angefochtenen Bescheid gesetzte, dreiwöchige Frist als unangemessen wendet, ist darauf zu verweisen, daß der von der beschwerdeführenden Partei zunächst vorgebrachte Hinweis auf die Fristen des "Volksentscheids" ins Leere gehen, weil sich die im angefochtenen Bescheid gesetzte Frist nicht auf ein Volksabstimmungsverfahren, sondern lediglich auf die Beschlußfassung des Gemeinderates und Vorlage des Ergebnisses desselben an die Landesregierung bezieht.

§ 101 Abs. 1 AGO, wonach der säumigen Gemeinde eine "angemessene" Frist zu setzen ist, ist gegenüber den allgemeinen Bestimmungen der §§ 35 Abs. 1 und 98 Abs. 1 AGO als lex specialis anzusehen. Liegen die Voraussetzungen für einen Eingriff in die Gemeindeautonomie im Sinne des § 101 Abs. 1 AGO vor, ist auch eine Herabsetzung der der Gemeinde nach den allgemeinen Bestimmungen zustehenden Maximalfristen zur Einberufung des Gemeinderates und Anberaumung einer Sitzung im Falle aufsichtsbehördlich gebotener Maßnahmen zulässig. Im Hinblick auf den Umstand, daß über den Entwurf des Finanzausschusses betreffend die Vermögensauseinandersetzung bereits tatsächlich beraten worden war, erscheint eine Frist von drei Wochen nicht unangemessen.

Insgesamt erweist sich daher die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992010954.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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