TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/16 92/12/0118

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Veröffentlicht am 16.11.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59;
StudFG 1983 §2 Abs1 lita;
StudFG 1983 §2 Abs3 litb;
StudFG 1983 §2 Abs3 litg;
StudFG 1983 §4 Abs4 litd;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 5. Februar 1992, Zl. 56.048/5-17/92, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1982/83 Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Am 25. September 1983 erlitt er als Beifahrer einen Autounfall mit schweren inneren Verletzungen (Schädeltrümmerbruch vom Gaumen bis zum Hinterkopf, Schädelbasisbruch, schwere Gehirnerschütterung, Stauchungen und Quetschungen der Wirbelsäule, Bauchverletzungen usw.), in deren Folge sich eine posttraumatische Epilepsie entwickelte. In der Folge befand sich der Beschwerdeführer mehrfach in stationärer Behandlung, unter anderem im Neurologischen Krankenhaus der Stadt Wien - Rosenhügel (vgl. Befunde der II. Neurologischen Abteilung dieses Krankenhauses vom 27. Dezember 1984 und vom 7. Oktober 1987).

Die erste Diplomprüfung der Studienrichtung

Betriebswirtschaft legte der Beschwerdeführer am 22. Dezember 1987 ab. Er bezog ab dem Studienjahr 1985/86 bis einschließlich dem Wintersemester 1990/91 Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1983 (kurz StudFG 1983).

Mit Schreiben vom 21. Jänner 1991 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, der Bundesminister habe ihm in Anbetracht seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage eine einmalige Studienunterstützung in der Höhe von S 50.000,-- bewilligt.

Mit Schreiben vom 13. März 1991 (bei der Studienbeihilfenbehörde eingelangt am 18. März 1991) beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Zuerkennung einer Studienbeihilfe nach dem StudFG 1983.

Die Studienbeihilfenbehörde Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Mai 1991 gemäß § 2 Abs. 3 lit. b StudFG 1983 ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, laut Studienplan seien für den zweiten Studienabschnitt (der vom Beschwerdeführer betriebenen Studienrichtung) vier Semester vorgesehen. Der Beschwerdeführer befinde sich jedoch im Sommersemester 1991 bereits im achten Semester des zweiten Studienabschnittes.

Seiner dagegen erhobenen Vorstellung schloß der Beschwerdeführer ein ärztliches Attest an (klinischer Befundbericht des Vorstandes der II. Neurologischen Abteilung des Neurologischen Krankenhauses Rosenhügel vom 25. März 1991). In diesem Attest wird unter anderem ausgeführt, derzeit sei der Beschwerdeführer hinsichtlich des Auftretens von

Grand Mal-Anfällen anfallsfrei; allerdings bestünden Anfälle, die mit einem Schwindelgefühl sowie Entfremdungsgefühl in der Dauer von einigen Sekunden einhergehe, die am ehesten als partielle Anfälle mit komplexer Symptomatik zu klassifizieren seien. Das EEG sei gering abnorm "mit einem li. frontopolaren bis temporalen Herd." Therapeutisch erhalte der Patient zweimal 400 mg Carbamazepin und gebe unter dieser Therapie eine leichte Müdigkeit an. Psychisch wirke der Patient ängstlich, zögernd mit leicht erhöhter Perseveration und Stereotypie. Der Beschwerdeführer selbst gebe an, vorwiegend unter Angstzuständen, vor allem vor dem Auftreten von Anfällen zu leiden mit sich daraus ergebenden Minderwertigkeitsgefühlen und Kontaktschwierigkeiten. In Anbetracht der vorliegenden psychischen Störungen erscheine dem behandelnden Arzt eine psychotherapeutische Therapie empfehlenswert. Im übrigen wies der Beschwerdeführer in seinem Antrag darauf hin, daß er voraussichtlich im Oktober 1991 seine zweite Diplomprüfung abschließen werde.

Mit Bescheid vom 26. November 1991 gab der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Wirtschaftsuniversität Wien der Vorstellung keine Folge und führte in seiner Begründung noch ergänzend aus, die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe rechtfertigten nicht eine Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, sein Leiden nach dem von ihm erlittenen Unfall sei so gravierend, daß es einen wichtigen Grund für ein weiteres "Überziehungssemester" darstelle. Er leide nach wie vor unter Dauerfolgen, die seinen Studienfortgang unverschuldet verzögerten. Mit der erfolgten Gewährung von Studienbeihilfe bis März 1991 hätten nur die gleich nach den Unfall verlorenen Semester einen Ausgleich gefunden. Wie aber medizinisch vollkommen außer Frage stehe, benötige der Beschwerdeführer mit seinem Leiden ständig bei der Erbringung von Leistungen erheblich größere Anstrengungen als ein Gesunder und brauche daher - soweit er diese Leistungen überhaupt noch erbringen könne - zumindest mehr Zeit. Dieser Umstand hätte im bekämpften Bescheid mit keinem einzigen Semester Berücksichtigung gefunden. Er habe unter großen Anstrengungen sein Studium im Sommersemester 1991 abschließen können (Anmerkung: die zweite Diplomprüfung schloß der Beschwerdeführer am 27. Juni 1991 ab; er absolviert seit dem Wintersemester 1991/92 das Doktoratsstudium und erhielt nach der Aktenlage für das Studienjahr 1991/92 eine Studienbeihilfe nach dem StudFG 1983 zuerkannt).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 3 lit. b StudFG 1983 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte sie - nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens - aus, der Argumentation des Beschwerdeführers, die bisher gewährten zwei Zusatzsemester (wegen der geltend gemachten Spätfolgen des erlittenen Unfalles seien dem Beschwerdeführer im sechsten und siebenten Semester des zweiten Studienabschnittes, also im Sommersemester 1990 und im Wintersemester 1990/91, zusätzlich über die mit Wintersemester 1989/90 endende Anspruchsdauer Studienbeihilfe gewährt worden) hätten lediglich die Studienbeeinträchtigungen unmittelbar nach seinem Unfall ausgeglichen, könne nicht gefolgt werden. Nach dem Konzept des StudFG 1983 würden nämlich die Studienabschnitte in bezug auf die Anspruchsdauer jeweils gesondert beurteilt. Da der Beschwerdeführer die erste Diplomprüfung im Wintersemester 1987/88, also vier Jahre nach dem im September 1983 erlittenen Unfall abgelegt habe, könne sich die ihm im zweiten Studienabschnitt für zwei zusätzliche Semester gewährte Studienbeihilfe lediglich auf die durch die Unfallsfolgen hervorgerufene Studienverzögerung während des zweiten Studienabschnittes beziehen. Ein Ausgleich für die während des ersten Studienabschnittes durch wichtige Gründe erlittene Studienzeitverzögerung sei auf Grund der Gesetzeslage für den zweiten Studienabschnitt nicht mehr möglich. Daraus ergebe sich, daß die von ihm geltend gemachte Berücksichtigung der Spätfolgen seines Unfalles während des zweiten Studienabschnittes durch die (gewährten) zwei zusätzlichen Semester unter Berücksichtigung seiner eigenen Argumente bereits mehr als erfüllt sei. Diese Beurteilung werde auch durch das vom Beschwerdeführer vorgelegte ärztliche Attest unterstützt, das von abgeschwächten Folgen des Unfalles spreche, diese aber keinesfalls so schwer klassifiziere, daß eine Verlängerung der Anspruchsdauer von fünf auf insgesamt acht Semester gerechtfertigt wäre. Im übrigen sei dem Beschwerdeführer gerade wegen seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage (auf die er auch in der Berufung hingewiesen habe) im Jänner 1991 eine Studienunterstützung gewährt worden. Die für ihn mögliche Studienbeihilfe im Sommersemester 1991 hätte S 27.250,-- betragen; die an den Beschwerdeführer ausbezahlte Studienunterstützung habe S 50.000,-- ausgemacht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre eine derartige Studienunterstützung auf den Anspruch auf Studienbeihilfe anzurechnen. Dies führe dazu, daß im Beschwerdefall weder die Voraussetzungen des günstigen Studienerfolges wegen nicht ausreichend begründeter Überschreitung der Anspruchsdauer vorliege noch soziale Bedürftigkeit gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie deren kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das StudFG 1983, BGBl. Nr. 436, anzuwenden. Paragraphenzitate beziehen sich, sofern nicht ausdrücklich anderes angegeben wird, auf dieses Gesetz.

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 2 Abs. 1 unter anderem, daß der Studierende a) sozial bedürftig ist und b) einen günstigen Studienerfolg nachweist.

Nach § 2 Abs. 3 lit. b in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 361/1985, besteht ein Anspruch auf Studienbeihilfe nicht, wenn ein Studierender an einer in § 1 Abs. 1 lit. a und c genannten Anstalt die zur Ablegung einer Diplomprüfung oder eines Rigorosums vorgesehene Studienzeit ohne wichtigen Grund um mehr als ein Semester überschritten hat, bis zur erfolgreichen Ablegung dieser Prüfung. Semester, die vor Ablegung der Diplomprüfung oder des Rigorosums des vorhergehenden Studienabschnittes absolviert wurden und in den laufenden Studienabschnitt einzurechnen sind, verkürzen diese Anspruchsdauer nicht.

Nach dem Schlußsatz dieser Bestimmungen gelten als wichtige Gründe im Sinne der lit. b (bis d) Krankheit, die Pflege und Erziehung eines Kindes im ersten Lebensjahr und jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, das der Studierende nicht selbst verschuldet hat, sofern dadurch der Studienerfolg nachweislich beeinträchtigt wurde, sowie Schwangerschaft, sofern dadurch der Besuch von Lehrveranstaltungen nicht möglich war.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 sind für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit Einkommen, Vermögen und Familienstand im Sinne dieses Bundesgesetzes maßgebend.

Nach § 4 Abs. 1 in der Fassung der Novelle

BGBl. Nr. 304/1989, ist Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988, zuzüglich der sich aus den §§ 5 und 6 ergebenden Zurechnungen.

Bei Feststellung des Einkommens haben bis zum Höchstausmaß von insgesamt S 47.000,-- nach Abs. 4 lit. d jährlich Studienbeihilfen und Stipendien aller Art, wenn die Gewährung mit keiner Verpflichtung zu einer Gegenleistung verbunden ist, außer Betracht zu bleiben.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe durch ihre Auslegung des wichtigen Grundes (§ 2 Abs. 3 lit. b) beim vorliegenden Sachverhalt eine im Widerspruch zum StudFG 1983 stehende Ermessensentscheidung getroffen: Denn ohne Zweifel habe ein an Unfallfolgen laborierender Student nur dann die gleichen Ausbildungschancen wie ein gesunder, wenn seinem erhöhten Aufwand Rechnung getragen werde. Das von ihm vorgelegte ärztliche Attest, auf das sich die belangte Behörde gestützt habe, spreche von bestehenden Anfällen mit komplexer Symptomatik, von einem gering abweichenden EEG, von der Medikamentierung des Beschwerdeführers und seinen psychischen Störungen. Es enthalte aber keine für die Verrichtung eines Studiums kausalen Angaben wie z.B. über den Grad der Herabsetzung der visuellen und assoziativen Merkfähigkeit, über die Ermüdbarkeit, Umstellbarkeit, psychische Dauerbelastung und Dauerbelastbarkeit sowie die Daueraufmerksamkeit des Beschwerdeführers. Es enthalte auch keine Feststellungen, die den von der belangten Behörde gezogenen Schluß rechtfertigten. Die belangte Behörde habe die Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen unterlassen, obwohl dies zur Beurteilung des "wichtigen Grundes" im Sinne des StudFG 1983 unbedingt notwendig gewesen wäre. Sie übersehe, daß sie verpflichtet gewesen wäre, den Tatbestand ordnungsgemäß und hinreichend vollständig zu ermitteln. Zu den Ausführungen zur sozialen Bedürftigkeit (Aufrechenbarkeit der gewährten einmaligen Studienunterstützung auf einen potentiellen Anspruch auf Studienbeihilfe) wies der Beschwerdeführer auf § 4 Abs. 4 hin:

Die einmalige Studienunterstützung sei ihm ohne jegliche Verpflichtung zu einer Gegenleistung gewährt worden.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Nach dem Spruch das angefochtenen Bescheides stützt sich die belangte Behörde ausschließlich auf § 2 Abs. 3 lit. b (Überschreitung der Anspruchsdauer ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes). In der Begründung führt sie als zusätzlichen Versagungstatbestand das Nichtvorliegen der sozialen Bedürftigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit §§ 3 bis 7 und 13) an. Wegen der Eindeutigkeit des Spruches kann die Begründung nicht zu dessen Auslegung herangezogen werden. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Ergebnis nur auf § 2 Abs. 3 lit. b gestützt hat; dies hindert allerdings den Verwaltungsgerichtshof nicht - wie unten zu zeigen sein wird - im Beschwerdefall auch die Frage zu prüfen, ob der von der belangten Behörde lediglich in der Begründung angeführte weitere Versagungstatbestand geeignet ist, das Ergebnis des angefochtenen Bescheides zu rechtfertigen.

    Was die Heranziehung des § 2 Abs. 3 lit. b betrifft, teilt

zwar der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten

Behörde, daß eine unfallsbedingte Studienverzögerung im ersten

Studienabschnitt, die dort nach dem StudFG keine hinreichende

Berücksichtigung gefunden hat, nicht automatisch (gleichsam als

Ausgleich für eine bisher nicht erfolgte hinreichende

Berücksichtigung) zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer im

zweiten Studienabschnitt zu führen hat: Dies deshalb, weil die

Bedeutung eines besonders wichtigen Grundes für den jeweils

geltend gemachten Anspruch auf Studienbeihilfe zu prüfen ist

und der erfolgreiche Abschluß eines Studienabschnittes durch

die Diplomprüfung im allgemeinen nach dem StudFG 1983 eine

Zäsur in dem Sinne darstellt, daß er keine "Fernwirkung" auf

den noch abzulegenden fehlenden Studienabschnitt hat (vgl. aber

z. B. die Ausnahme nach § 2 Abs. 3 lit. g in der Fassung der

Novelle BGBl. Nr. 379/1988). Entgegen der in der Gegenschrift

vertretenen Auffassung der belangten Behörde hat der

Beschwerdeführer aber in seiner Berufung neben dieser

zutreffend als verfehlt angesehenen Auffassung auch geltend

gemacht, er leide nach wie vor an aktuellen Auswirkungen seines

Unfalles. Der Untermauerung dieses Vorbringens diente unter

anderem auch das von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegte

ärztliche Attest vom 25. März 1991. Daß dieses Attest

"hinsichtlich der objektivierbaren Merkmale seiner Krankheit

... - auch für einen medizinischen Laien - eindeutige Hinweise

dafür (gab), daß die Spätfolgen nicht derartig gravierend

seien, daß die Anspruchsdauer ... noch um ein weiteres achtes

Semester erweitert werden müßte" (so die wörtlichen Ausführungen in der Gegenschrift) vermag der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zu teilen. Das ärztliche Attest bietet vielmehr ausreichend Hinweise dafür, daß auch derzeit noch (die Untersuchung, auf die sich das Attest stützte, fand am 12. März 1991 statt) unfallbedingte Spätfolgen gegeben sind, von denen nicht von vornherein (ohne medizinische Beurteilung, allenfalls auch nach Ergänzungen) gesagt werden kann, sie würden eine weitere Verlängerung der Anspruchsdauer nicht rechtfertigen. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte zu diesem Urteil nur auf Grund eines (weiteren) medizinischen Gutachtens kommen können, trifft daher zu.

Ungeachtet des für den Verfahrensausgang erheblichen Verfahrensfehlers (in bezug auf die Heranziehung des § 2 Abs. 3 letzter Satz) käme es jedoch nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde nicht (allenfalls auch auf Grund einer anderen Begründung) zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt ist. Deshalb ist auf das von der belangten Behörde (wenn auch nicht als tragendes Begründungselement) herangezogene weitere Versagungsargument, soziale Bedürftigkeit läge nicht vor, weil die gewährte Studienunterstützung in der Höhe von S 50.000,-- auf die im Sommersemester 1991 höchstmögliche Studienbeihilfe anzurechnen sei (und diese überschreite), einzugehen, zumal dieser Sachverhalt völlig unbestritten geblieben ist.

Es trifft zu, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. November 1986, Zl. 85/12/0174, ausgeführt hat, auf eine der damaligen Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren allenfalls zu gewährende Studienbeihilfe werde allerdings die von ihr mit Eingabe beantragte und laut Verwaltungsakt offenbar auch bewilligte "außerordentliche Studienunterstützung" anzurechnen sein. Dies deshalb, weil, wie sich auch aus dem genannten Antrag der Beschwerdeführerin selbst ergebe, die Unterstützung praktisch anstelle des "abgelehnten" Stipendiums angesprochen worden sei.

Abgesehen davon, daß es sich dabei lediglich um ein "obiter dictum" handelt, dem selbst im damaligen Beschwerdefall keine für den Ausgang des Verfahrens tragende Bedeutung zukam, läßt sich im Beschwerdefall auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten (ein allfälliger Antrag des Beschwerdeführers auf Studienunterstützung wurde nicht vorgelegt) nicht erkennen, daß die gewährte Studienunterstützung anstelle der im angefochtenen Bescheid nicht gewährten Studienbeihilfe für das Sommersemester 1991 gewährt wurde, zumal dieses Beihilfeverfahren erst auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers vom 13. März 1991 eingeleitet wurde, während die Studienunterstützung bereits mit Schreiben vom 21. Jänner 1991 gewährt wurde. Im übrigen wird bemerkt, daß mangels einer mit der Gewährung der Studienunterstützung erkennbaren Verpflichtung zu einer Gegenleistung die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 lit. d gegeben sind.

Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des oben aufgezeigten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992120118.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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