TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/16 93/01/1494

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Veröffentlicht am 16.11.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1993, Zl. 4.342.785/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1993 wurde der am 30. März 1993 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines rumänischen Staatsangehörigen, der am selben Tag in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. April 1993, mit dem der Antrag mangels Vorliegens einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung gemäß § 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Asylgesetz 1991 negativ erledigt worden war, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei.

Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 30. März 1993 aus, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten habe, er dort keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden.

Im Hinblick auf die hg. Judikatur (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357) kommt den Rügen des Beschwerdeführers, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 nur gegeben sei, "wenn dieser andere Staat dem Antragsteller bereits Asyl gewährt hat", und eine derartige Sicherheit vor Verfolgung weiters nur vorliege, wenn "den Behörden des betreffenden Staates der Aufenthalt des Asylwerbers bekannt war und von ihnen geduldet und gebilligt wurde", "der Antragsteller den dafür zuständigen Behörden als Aufenthaltswilliger in Erscheinung getreten ist", somit eine bloße Durchreise nicht genüge und einem Hinweis auf die "Empfehlung Nr. 15" des Exekutivkomitees des Programmes des UNHCR keine Berechtigung zu. Ebensowenig ist die Behauptung des Beschwerdeführers erheblich, er habe von der Mitgliedschaft Ungarns bei der Genfer Flüchtlingskonvention nichts gewußt (vgl. dazu Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0360).

Der Beschwerdeführer macht aber auch geltend, er habe in Ungarn mit Absicht vermieden, daß den dortigen Behörden sein Aufenthalt bekannt werde, "da ich - nicht zuletzt aufgrund der früheren engen Zusammenarbeit der ungarischen und rumänischen Behörden - damit rechnen mußte, umgehend nach Rumänien abgeschoben zu werden". Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Ungarn von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe hinsichtlich des Beitrittes dieses Landes BGBl. Nr. 260/1992) entsprechenden Schutz biete, und daß davon auszugehen sei, daß "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung" stehe, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0522, und vom 20. Mai 1994, Zl. 94/01/0097).

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Stempelgebühren der jeweils dritten Ausfertigung der Beschwerde und der beigelegten Sachverhaltsdarstellung waren, da sie nicht im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG erforderlich waren (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 29. April 1977, Slg. Nr. 9312/A), nicht zu berücksichtigen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993011494.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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