TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/16 94/01/0626

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Veröffentlicht am 16.11.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1994, Zl. 4.334.612/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Februar 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der jugosl. Föderation" der am 28. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 30. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 4. Februar 1992, wonach er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er "im Zeitpunkt seiner Durchreise durch Slowenien ... auf Grund der damaligen politischen Situation nicht in der Lage sein konnte und es auch nicht zumutbar war, zu erkennen, daß Slowenien bereits ein derartig gefestigter Staat sein sollte, welcher die aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen auch ordnungsgemäß einhält". "Ganz im Gegenteil" habe der Beschwerdeführer "auf Grund der damals noch sehr unsicheren politischen Situation in ganz Jugoslawien davon ausgehen" müssen, "daß keine Verfolgungssicherheit besteht, ganz im Gegenteil eher sogar die Befürchtung im Raum stand, daß ihn Slowenien wieder in seine ursprüngliche Heimat abschieben würde". "Aus heutiger Sicht wäre zugegebenermaßen eine derartige Befürchtung nicht mehr haltbar, damals jedoch nach Ansicht des Beschwerdeführers sehr wohl."

Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nichts dafür spreche, daß Slowenien seine sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ("seit dem 27. 9. 1991"; siehe dazu BGBl. Nr. 806/1993 über die bereits mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 diesbezügliche abgegebene Erklärung dieses Landes) ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige, und anzunehmen sei, daß Slowenien von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einem dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz biete, dies jeweils bezogen auf den Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land. Wenn der Beschwerdeführer meint, daß "bei Prüfung der Frage, ob tatsächlich in einem Staat Verfolgungssicherheit vorliegt oder nicht, nicht nur objektive Merkmale herangezogen werden müssen, sondern sehr wohl auch subjektive Eindrücke eines Asylwerbers", so ist dabei maßgebend, daß er mit seinem Vorbringen zum Ausdruck gebracht hat, daß es für ihn, wenn auch auf Grund "subjektiver Empfindungen und Befürchtungen", aus objektiver Sicht nicht zumutbar gewesen wäre, in Slowenien länger zu bleiben und dort Asyl zu beantragen. Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010626.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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