Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m. b.H. in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten der Kammer der gewerblichen Wirtschaft (jetzt: Wirtschaftskammer Österreich), im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch DDr. R, Rechtsanwalt in W, vom 28. April 1993, Zl. 142-134/92/Wa/SO, betreffend Abänderung eines Bescheides über Grundumlage 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Wirtschaftskammer Österreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. Juli 1992 stellte die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg über Antrag der Beschwerdeführerin fest, daß diese für das Kalenderjahr 1992 Grundumlage in der Höhe von S 53.550,-- zu entrichten habe. Die dieser Feststellung zugrunde liegenden Berechtigungen der Beschwerdeführerin waren aus einer Beilage zum erstinstanzlichen Bescheid ersichtlich.
Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde zunächst mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Februar 1993 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin unter der Zl. 93/09/0090 eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein.
In weiterer Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 1993, mit dem der vorher genannte Bescheid vom 15. Februar 1993 gemäß § 68 Abs. 2 AVG wie folgt abgeändert wurde (- was zur Einstellung des hg. Verfahrens zur Zl. 93/09/0090 führte -):
"Der Bescheid der Bundeskammer, Präs 142-134/92/Wa/SO, vom 15. Februar 1993 wird gemäß § 68 Abs. 2 AVG wie folgt abgeändert:
Die Berufung vom 17.8.1992, V/m/f:bm 163, der Berufungswerberin wird abgewiesen und der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg vom 30.7.1992 mit der Ergänzung bestätigt, daß er sich hinsichtlich der festgestellten Zahlungsverpflichtung auch auf den gemäß § 57a Abs. 4 HKG gefaßten Beschluß vom 26.11.1991 der Vollversammlung der Kammer Salzburg stützt, der im Mitteilungsblatt der Kammer Salzburg "Salzburger Wirtschaft" Nr. 49, vom 5.12.1991, kundgemacht wurde.
Die Anlage dieses Bescheides wird zu einem integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt."
Zur Begründung wurde - soweit dem für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Bedeutung zukommt - ausgeführt, Grundumlage sei gemäß § 57a Abs. 4 HKG für jede Berechtigung nach § 3 Abs. 2 HKG, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe falle, zu entrichten, und nicht für Standorte. Es unterliege keinem Zweifel, daß mit einer Anzeige betreffend die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte eine neue Berechtigung begründet werde. Die Abänderung sei - so die belangte Behörde diesbezüglich weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - gemäß § 68 Abs. 2 AVG rechtlich zulässig und deshalb erforderlich, weil unter anderem auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0212, ausgehend von der Bestimmung des § 59 Abs. 1 AVG geschlossen werde, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen seien, was sich insbesondere auf die danach maßgebenden Berechtigungen und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien ergebe. Dementsprechend sei die Ergänzung des erstinstanzlichen Spruches hinsichtlich der der Zahlungsverpflichtung zugrunde liegenden Gewerbeberechtigungen sowie der angewendeten Rechtsgrundlagen gemäß § 59 Abs. 1 AVG erfolgt, wonach der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren Rechten verletzt, als
-
der Bescheid vom 15. Februar 1993 mit dem angefochtenen Bescheid abgeändert wird, obwohl die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 AVG nicht erfüllt sind;
-
kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Parteiengehör der beschwerdeführenden Partei verletzt wurde;
-
weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;
-
ohne gesetzliche Grundlage und ohne Grundlage in den Grundumlagenbeschlüssen für jede Betriebsstätte eine Grundumlagepflicht festgestellt wird;
-
für die Gewerbeberechtigung gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 eine Grundumlage entsprechend den Beschlüssen jener Fachgruppen, denen die beschwerdeführende Partei "fachlich zugeordnet" wurde, festgestellt wird, dabei jedoch eine Zugehörigkeit zu Fachgruppen angenommen wird, ohne daß die belangte Behörde diesbezüglich irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt, die beschwerdeführende Partei gehört und die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen im Spruch des Bescheides getroffen hätte;
-
die von den Fachgruppen beschlossenen Grundumlagen in gesetzwidriger Weise nach der Rechtsform vervielfacht werden.
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
Das bedeutet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß ein Bescheid, aus dem niemandem ein Recht erwachsen ist, lediglich insoweit abgeändert werden darf, als damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist.
Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Abänderungbescheid angestrebte Verbesserung ihrer Rechtsstellung durch Konkretisierung des zugrundeliegenden Feststellungsbescheides ist der belangten Behörde aber mit dem angefochtenen Bescheid tatsächlich nicht gelungen. Dies insbesondere deshalb, weil - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - auch der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 AVG entspricht; enthält doch der Spruch nicht sämtliche für die Art und das Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände, sondern erklärt lediglich eine Anlage zum integrierenden Bestandteil des Spruches. In gleicher Weise wie im Beschwerdefall, der am 15. September 1994, Zl. 93/09/0132, entschieden worden ist (- Hinweis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG -), mangelt es auch vorliegendenfalls sowohl an einer Notwendigkeit für eine solche Anlage wie auch an einer sprachlichen oder technischen Verbindung der Anlage mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides.
Da es sich bei dem aufgezeigten Mangel des Spruches nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine inhaltliche Rechtswidrigkeit handelt, kommt dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift vorgebrachten Aspekt der Verfahrensrelevanz von vornherein keine entscheidende Bedeutung zu.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Zulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der BefugnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090280.X00Im RIS seit
20.11.2000