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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des E in D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 13. Juni 1994, Zl. II e 6702 B/1 226 418, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Betriebes für "Handel & Gewerbe".
Er beantragte beim Arbeitsamt am 27. Jänner 1994 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für den polnischen Staatsangehörigen W.S. für die berufliche Tätigkeit als Schlosser.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 23. Februar 1994 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab.
In der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung brachte er lediglich vor, W.S. wegen zweier anderer polnischer Arbeitskräfte in seinem Betrieb (sprachliche Verständigung) zu benötigen und wies darauf hin, daß die Gattin des W.S. mit einer gültigen Arbeitserlaubnis in Österreich beschäftigt sei.
Nach Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens, das zu einer Einstellung und zu einer Vormerkung im Betrieb des Beschwerdeführers führte, erging der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde der Berufung keine Folge gab.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage aus, im Verfahren der ersten Instanz habe der aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern unter Vorsitz des Arbeitsamtes zusammengesetzte Unterausschuß des Vermittlungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Befürwortung des Antrages des Beschwerdeführers ausgesprochen. Zu der Berufung sei der Unterausschuß für Ausländerangelegenheiten beim Landesarbeitsamt Niederösterreich angehört worden. Die belangte Behörde habe nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage folgendes befunden:
Die Behörde erster Instanz habe dem Beschwerdeführer mehrere Arbeitskräfte, die im Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gestanden seien, als Ersatz für die im Spruch genannte ausländische Arbeitskraft angeboten. Eine dieser zugewiesenen Arbeitskräfte habe der Beschwerdeführer laut Vorstellungsschreiben vom 7. Februar 1994 in Vormerkung genommen, eine Arbeitskraft ohne Angabe von Gründen abgelehnt und eine Arbeitskraft habe der Beschwerdeführer am 1. März 1994 eingestellt. Der Bedarf des Beschwerdeführers an einem Schlosser habe somit abgedeckt werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Judikatur klargestellt, daß bei Vorhandensein einer geeigneten Arbeitskraft kein Rechtsanspruch auf eine individuell bevorzugte ausländische Arbeitskraft bestehe. Die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen an Ausländer, die neu einreisen oder sich erst kurze Zeit in Österreich aufhalten und noch nie am inländischen Arbeitsmarkt beschäftigt gewesen seien, sei weder mit der Lage des Arbeitsmarktes noch mit den öffentlichen Interessen vereinbar, wenn auf die Arbeitsplätze, für die Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden sollten, geeignete Inländer oder integrierte Ausländer im Sinne des § 4b AuslBG vermittelt werden könnten.
Daß § 4 Abs. 6 AuslBG zum Tragen komme, setze voraus, daß § 4 Abs. 1 und Abs. 3 AuslBG erfüllt sei. Da dem Beschwerdeführer geeignete Ersatzkräfte hätten angeboten werden können, sei § 4 Abs. 1 AuslBG als nicht erfüllt anzusehen. Die Tatsache der Überschreitung der Landeshöchstzahl habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht angezweifelt. Über die im § 4 Abs. 6 AuslBG festgesetzten erschwerten Bedingungen zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung nach Erreichen der Landeshöchstzahl sei der Beschwerdeführer bereits mit dem Bescheid erster Instanz in Kenntnis gesetzt gewesen. Da keine Voraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG erbracht worden seien, die eine Bewilligung bei Überschreiten der Landeshöchstzahl zulasse, hätten auch die Berufungseinwendungen keine andere Entscheidung bewirken können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat ihren angefochtenen Bescheid sowohl auf § 4 Abs. 1 AuslBG (Möglichkeit und konkret durchgeführte Ersatzkraftstellung) als auch auf § 4 Abs. 6 AuslBG (Überschreitung der Landeshöchstzahl - erschwerte Bedingungen) gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1994, Zl. 94/09/0018).
Davon ausgehend setzt sich der Verwaltungsgerichtshof im folgenden nur mit dem Vorbringen hinsichtlich § 4 Abs. 6 AuslBG auseinander.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Auf Grund dieser Rechtslage besteht gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG im Falle der Überschreitung der Landeshöchstzahlen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG UND § 4 Abs. 3 leg. cit. UND § 4 Abs. 6 Z. 1 oder Z. 2 oder Z. 3 oder Z. 4 leg.cit vorliegen.
Schon das Arbeitsamt ist ersichtlich davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist, und daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet hat. Dagegen hat die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung NICHTS vorgebracht.
Der Beschwerdeführer bringt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich § 4 Abs. 6 AuslBG im wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte die Frage der Überschreitung der Landeshöchstzahl ausgehend von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Antragstellung, allenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz, beurteilen müssen, weil damals - seiner Meinung nach - noch keine Überschreitung vorgelegen wäre. Weiters hätte die Behörde ermitteln müssen, daß er den W.S. als dringenden Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers freigewordenen Arbeitsplatzes benötigt hätte.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die erstmals in der Beschwerde erhobene Behauptung hinsichtlich der Überschreitung der Landeshöchstzahl von vornherein an den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot scheitern muß (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1993, Zl. 92/09/0389, vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/09/0250, und vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0409).
Eine Pflicht der belangten Behörde, in ihrem Bescheid zu begründen, wie die in der von ihr angewendeten Verordnung festgesetzte Landeshöchstzahl zustande gekommen ist, besteht nicht, wenn im Verfahren derartiges nicht vorgebracht worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0429). Im übrigen gibt es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keinerlei Anzeichen dafür, daß die Landeshöchstzahl im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz nicht überschritten gewesen wäre.
Hat der Beschwerdeführer aber im Verwaltungsverfahren die Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht in Zweifel gezogen, so wäre er selbst gehalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in erschwertem Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können. Es würde ein Überziehen der Offizialmaxime bedeuten, der Behörde die amtswegige Verpflichtung zu Erhebungen und Feststellungen aus dem Betriebsbereich des Beschwerdeführers zu überbürden, wenn seitens des Beschwerdeführers diesbezüglich keine Angaben im Verwaltungsverfahren vorgebracht werden.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt) Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994090198.X00Im RIS seit
11.07.2001