TE Vwgh Beschluss 1994/11/17 92/06/0132

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Veröffentlicht am 17.11.1994
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Index

L85007 Straßen Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
LStG Tir 1989 §13 Abs1;
LStG Tir 1989 §13 Abs3;
LStG Tir 1989 §13 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. Juni 1992, Zl. IIb1-L-1895/6-1992, betreffend die Aussetzung eines Verwaltungsverfahrens nach § 38 AVG (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde W), folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 25. November 1990 stellte die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Antrag "auf Übernahme der öffentlichen Privatstraße X auf der Gp 548/1 KG Wörgl/Kufstein in das öffentliche Eigentum - Erklärung zur Gemeindestraße". In der Begründung dieses Antrages wird unter anderem darauf hingewiesen, daß die Straße "X" eine öffentliche Privatstraße im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. a des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 13/1989 sei. Da die öffentliche Privatstraße sowohl für den örtlichen Verkehr größerer Teile der Gemeinde (X mit mehr als 50 Wohnhäusern) als auch für die Herstellung der Verbindung zwischen größeren Teilen der Gemeinde (X und anderen Gemeindeteilen) von Bedeutung sei, sei die Erklärung zur Gemeindestraße gemäß § 13 Abs. 2 lit. a und b des Tiroler Straßengesetzes vorzunehmen.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens stellte die Stadtgemeinde Wörgl im Hinblick auf § 13 Abs. 3 des Tiroler Straßengesetzes, demzufolge unter anderem eine öffentliche Privatstraße nach § 34 Abs. 1 lit. b zur Gemeindestraße zu erklären ist, wenn diese Straße eine Verkehrsbedeutung nach Abs. 2 lit. a oder b hat, bei der Tiroler Landesregierung den Antrag gemäß § 81 Abs. 3 des Tiroler Straßengesetzes auf Feststellung, ob eine öffentliche Privatstraße vorliege oder nicht. Im Hinblick auf das mit diesem Antrag eingeleitete Verfahren vor der Tiroler Landesregierung setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde das über Antrag der Beschwerdeführerin eingeleitete Verfahren mit Bescheid vom 14. August 1991 bis zur Klärung der Vorfrage, ob eine öffentliche Privatstraße oder eine Privatstraße vorliege, aus. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Dieser Berufung wurde vom Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde nicht Folge gegeben. Gegen diese Abweisung erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die Landesregierung. Diese wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, daß aus der Aktenlage ersichtlich sei, daß von der mitbeteiligten Stadtgemeinde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, in dessen Rahmen die Vorfrage aufgetaucht sei, ob es sich bei der genannten Straße tatsächlich um eine öffentliche Privatstraße im Sinne des Tiroler Straßengesetzes 1988 handle. Daher sei das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt worden und gemäß § 75 Abs 1 lit. f Tiroler Straßengesetz 1988 die für die Beurteilung dieser Vorfrage zuständige Behörde (die Tiroler Landesregierung) eingeschaltet worden. Dem Argument der Beschwerdeführerin, daß im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der mitbeteiligten Stadtgemeinde keine Vorfrage zu beantworten sei, weil ohnehin eine öffentliche Verkehrsfläche vorliege, sei entgegenzuhalten, daß es im gegenständlichen Fall nicht um die Beurteilung einer generellen Öffentlichkeit der (Privat-)Straße, sondern nur darum gehe, ob eine öffentliche Privatstraße im Sinne des Tiroler Straßengesetzes 1988 vorliege. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer derartigen öffentlichen Privatstraße seien im § 34 des Tiroler Straßengesetzes geregelt, die Zuständigkeit zur Beurteilung darüber liege gemäß § 75 Abs. 1 lit. f des Tiroler Straßengesetzes bei der Landesregierung. Da die Vorfrage tatsächlich eine für die Entscheidung präjudizielle Rechtsfrage der Behörde darstelle, sei die Aussetzung des Verfahrens zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten dadurch verletzt erachtet, daß die Behörde ein Verfahren zur Vorfragenbeurteilung ausgesetzt hat, obwohl eine derartige Vorgangsweise im konkreten Fall gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift vorgelegt und auf die bereits im Verfahren zur Zl. 92/06/0153, welches die selbe Straße betrifft, vorgelegten Akten verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der in der Antragsformulierung nicht sehr klare Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. November 1990 geht - im Zusammenhang mit der Begründung - offensichtlich dahin, eine Erklärung zur Gemeindestraße gemäß § 13 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, vorzunehmen. In diese Richtung ging jedenfalls auch die Deutung der mit dem Antrag befaßten Gemeindebehörden und auch der belangten Behörde. Auch die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde nichts vor, was gegen diese Deutung sprechen würde. Insbesondere ist die Beschwerde nur dagegen gerichtet, daß das von den Gemeindebehörden aufgrund dieses Verständnisses des Antrages geführte Verwaltungsverfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt wurde.

§ 13 Abs. 3 Tiroler Straßengesetz 1988, LGBl. Nr. 13/1989 lautet:

"(3) Eine öffentliche Interessentenstraße, eine öffentliche Privatstraße nach § 34 Abs. 1 lit. b oder eine aufgelassene Bundes- oder Landesstraße im Sinne des § 34 Abs. 2 ist zur Gemeindestraße zu erklären, wenn diese Straße eine Verkehrsbedeutung nach Abs. 2 lit. a oder b hat."

Wie sich aus § 13 Abs. 1 des Tiroler Landesstraßengesetzes ergibt, hat die Erklärung einer Straße zur Gemeindestraße durch Verordnung zu erfolgen. Eine Vorschrift, derzufolge auch ein bescheidmäßig zu erledigendes Verwaltungsverfahrens über Antrag des Eigentümers der Straße oder eines Verfügungsberechtigten durchzuführen wäre, ist dem Tiroler Straßengesetz nicht zu entnehmen.

Daraus folgt, daß ein über den Antrag der Beschwerdeführerin einzuleitendes Verwaltungsverfahren im Tiroler Straßengesetz nicht vorgesehen ist. Ein Antrag, wie ihn die Beschwerdeführerin am 25. November 1990 eingebracht hat, kann allenfalls als Anregung zur Erlassung einer Verordnung gemäß § 13 Abs. 3 und 4 des Tiroler Straßengesetzes gedeutet werden. Eine Entscheidungspflicht der Gemeindebehörden in einem Verwaltungsverfahren nach AVG (sodaß die Entscheidungspflicht hinsichtlich der Erlassung eines Bescheides ausgelöst wäre) kann ein derartiger Antrag nicht auslösen.

Es kann daher die Beschwerdeführerin auch durch eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Die belangte Behörde hätte daher die Vorstellung der Beschwerdeführerin mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit zurückweisen müssen. Da die Beschwerdeführerin nicht Partei in dem vor den Gemeindebehörden abgewickelten Verfahren (welches ein Verfahren zur Verordnungserlassung ist) ist, kann sie weder durch den gemeindebehördlichen Bescheid noch durch die Entscheidung der Vorstellungsbehörde in einem subjektiven Recht verletzt sein. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde legitimiert, wer behauptet, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein; die Rechtsverletzung muß aber zumindest möglich sein (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates Slg. 9802 A/1979). An dem Fehlen einer Rechtsverletzungsmöglichkeit ändert auch der Umstand nichts, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren als Partei behandelt worden ist.

Die Beschwerde war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG mangels Beschwerdeberechtigung zurückzuweisen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates Slg. 4127 A/1956 und das Erkenntnis Slg. 10.179 A/1980).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992060132.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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