TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/17 94/18/0759

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Veröffentlicht am 17.11.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. September 1994, Zl. Fr 1305/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 1 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 12. Juli 1993 bis 3. November 1993 in sechs Fällen Einbruchsdiebstähle mit einer Gesamtschadenssumme von rund S 180.000,-- verübt habe. Hiefür sei er am 20. Mai 1994 vom Landesgericht St. Pölten "wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Ziffer 4, 129 Ziffer 1, 130 2. Fall StGB" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Ferner halte er sich seit 27. März 1994 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er sei im Mai 1990 nach Österreich gekommen, lebe bei seinen Eltern und werde von diesen unterstützt. Im Bundesgebiet habe er noch nie eine Beschäftigung ausgeübt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer zieht die - zutreffende - Annahme der belangten Behörde, daß aufgrund seines Gesamtfehlverhaltens die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht in Zweifel; er bekämpft auch nicht die - gleichfalls nicht als rechtswidrig zu erkennende - Auffassung, daß das Aufenthaltsverbot trotz des damit verbundenen Eingriffes in sein Familienleben zur Aufrechterhaltung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (hier: zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der öffentlichen Ordnung) dringend geboten sei.

Er wendet sich vielmehr gegen die im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung und meint, die öffentlichen Interessen würden durch seinen Weiterverbleib in Österreich keineswegs so schwer beeinträchtigt "wie der Eingriff in meine Privat- und Familiensphäre wäre, wenn ich in das Kampfgebiet von Bosnien zurück müßte, wo ich absolut im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Nichts stehen würde." Das von seiner Familie seinerzeit bewohnte Haus in Bosnien sei durch die Kampfhandlungen völlig zerstört, "es ist dort und überhaupt in Bosnien niemand mehr von meiner Familie." Wenn er nun ganz allein in das völlig zerstörte Bosnien müßte, wäre er dort völlig hilflos und verloren. Er sei verlobt, wolle in nächster Zeit heiraten und müßte seine Braut und seine ganze Familie in Österreich zurücklassen. Er habe sich als Jugendlicher zur Teilnahme an den angeführten Straftaten verleiten lassen, wobei er nur in ganz untergeordneter Rolle teilgenommen und keinen wie immer gearteten persönlichen Vorteil aus den Straftaten gezogen habe. Durch die Verhängung einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe habe das Landesgericht St. Pölten zum Ausdruck gebracht, daß davon auszugehen sei, daß es sich um eine einmalige Verfehlung im jugendlichen Alter gehandelt habe und anzunehmen sei, daß er sich in Zukunft wohl verhalte und die bloße Androhung der Freiheitsstrafe genüge, um diesen Zweck zu erreichen. Mit Ausnahme dieses von ihm zutiefst bedauerten Verhaltens, das zu seiner gerichtlichen Verurteilung geführt habe, habe er sich stets wohl verhalten. Sein Gesamtverhalten "und auch das meiner allseits als hochanständig geltenden Familie" ließen eine günstige Prognose zu.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde bei der Anwendung der maßgebenden fremdenrechtlichen Bestimmungen nicht an die Erwägungen gebunden war, die das Gericht veranlaßt hatten, die Strafe bedingt nachzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0622). In dem der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Verhalten manifestiert sich schon im Hinblick auf die Vielzahl der gegen fremdes Eigentum unternommenen Angriffe eine gefährliche kriminelle Neigung, wobei die Art der begangenen Delikte die Annahme einer Wiederholungsgefahr durchaus begründet erscheinen läßt. Von einer "einmaligen Verfehlung" kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Rede sein. Mit Recht hat die belangte Behörde den durch das Verhalten des Beschwerdeführers gefährdeten öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen ein schweres Gewicht beigemessen. Dazu kommt, daß durch den vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen mehrmonatigen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich (der den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG erfüllt) auch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nicht unwesentlich beeinträchtigt wird. Dem gegenüber ist die Dauer des - rechtmäßigen - Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich nicht so lange, daß sie entscheidend zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen könnte. Dies gilt auch für seine Integration, deren Ausmaß mit Rücksicht darauf, daß er in Österreich noch keiner Beschäftigung nachgegangen ist, nicht besonders groß ist. In welcher Lage sich der Beschwerdeführer in Bosnien befinden würde, ist nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0578) nicht von entscheidender Bedeutung. Daß die Trennung von den Eltern und der Verlobten für den Beschwerdeführer schmerzlich ist und seine Lebenssituation negativ beeinflußt, mag zutreffen; daß diese Auswirkungen allerdings schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, vermag der Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht der vom Beschwerdeführer ausgehenden erheblichen Gefährdung öffentlicher Interessen nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180759.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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