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L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;Norm
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des FU und der IU in S, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Mai 1994, Zl. 03 - 12.10 U 1 - 94/1, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Gemeinde: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.080,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind u.a. Eigentümer der Liegenschaft X Nr. 31. Auf diesem Grundstück betreiben sie eine Gärtnerei und eine Landwirtschaft. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Mai 1992 waren die Beschwerdeführer verpflichtet worden, gemäß § 4 des Kanalgesetzes 1988 die Schmutzwässer der Bauwerke in das öffentliche Kanalnetz zu leiten. Die dagegen eingebrachte Berufung blieb ebenso erfolglos wie die Vorstellung der Beschwerdeführer. Mit seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/06/0248, hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem damaligen Erkenntnis im wesentlichen ausgesprochen, daß die Voraussetzung über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegeben war und der Gemeinderat und auch die Vorstellungsbehörde lediglich zu prüfen hatten, ob ein Ausnahmetatbestand nach § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 vorläge. Die von den Beschwerdeführern erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Kläranlage erfülle diese Voraussetzung nicht.
Mit Schriftsatz vom 19. April 1993 haben die Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 den Antrag auf Ausnahme von der Anschlußverpflichtung gestellt. Begründet wurde dieses Ansuchen damit, daß die Grauabwässer nunmehr durch die patentrechtliche geschützte, vollbiologische Kleinkläranlage "System Dr. Renner" gereinigt würden. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat diesen Antrag mit Bescheid vom 27. September 1993 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, seit Bescheiderlassung sei eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes eingetreten, daher sei die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung verpflichtet. Eine entsprechende Änderung des Sachverhaltes sei darin gelegen, als nun eine voll funktionsfähige kombinierte Kläranlage errichtet und somit eine neue Tatsache entstanden sei.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 1994 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen, der dagegen erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 26. Mai 1994 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Die Beschwerdeführer gehen davon aus, daß seit Erlassung des letzten gemeindebehördlichen Bescheides vom 14. Juli 1992 (und des in diesem Zusammenhang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1994) ein neuer Sachverhalt durch die tatsächliche Errichtung der Kläranlage gegeben sei, weshalb der Bürgermeister über das Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung der Ausnahmegenehmigung von der Kanalanschlußpflicht inhaltlich zu entscheiden gehabt hätte.
§ 4 Abs. 1 des (Steiermärkischen) Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, regelt die grundsätzliche Anschlußverpflichtung bestimmter Objekte im Anschlußbereich. Nach Abs. 5 dieser Bestimmungen sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 zu erteilen, wenn eine schadlose Entsorgung gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht, der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.
Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß aufgrund dieser Rechtslage bereits im vorhergehenden Verfahren mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Juli 1992 die Anschlußverpflichtung rechtskräftig ausgesprochen wurde und in diesem Verfahren auch geprüft wurde, ob damals die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Anschlußverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes vorlagen.
Im Zuge des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens war, da sich die maßgebliche Rechtslage nicht geändert hat, ausschließlich zu prüfen, ob eine so wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, daß von einer rechtskräftig entschiedenen Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG nicht mehr ausgegangen werden durfte.
Schon in ihrem Schriftsatz vom 19. April 1993, in dem die Beschwerdeführer um Ausnahme von der Anschlußverpflichtung angesucht haben, haben sie darauf hingewiesen, daß nunmehr die Grauabwässer durch die patentrechtliche geschützte, vollbiologische Kleinkläranlage "System Dr. Renner" gereinigt würden. Damit ist aber ein neuer Sachverhalt gegeben, da Grundlage der seinerzeitigen Entscheidung betreffend die Überprüfung, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 vorlägen, der Umstand war, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde eine entsprechende Anlage jedenfalls nicht errichtet, sondern nur geplant war. Da sich der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt geändert hat, durfte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde nicht davon ausgehen, daß entschiedene Sache vorliege, er hätte sich vielmehr mit dem Ansuchen inhaltlich auseinandersetzen müssen, und überprüfen müssen, ob die im § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 normierten Voraussetzungen vorliegen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird der geänderte Sachverhalt schon dadurch verwirklicht, daß tatsächlich andere Gegebenheiten vorliegen, und zwar unabhängig davon, ob eine allenfalls gemäß § 57 Abs. 1 lit. g der Steiermärkischen Bauordnung bewilligungspflichtige bauliche Anlagen ohne die erforderliche Bewilligung errichtet wurde.
Die Formulierung der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 5 Kanalgesetz 1988 bietet keinen Grund zur Annahme, daß eine nachträgliche Befreiung von der Anschlußverpflichtung unzulässig wäre.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausging, daß kein geänderter Sachverhalt vorliege, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, im Rahmen des Kostenbegehrens.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994060147.X00Im RIS seit
24.11.2000