TE Vfgh Beschluss 1992/6/22 G75/92

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Veröffentlicht am 22.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art44 Abs3
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
VerbotsG-Nov 1992
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung eines Verfassungsgesetzes (der VerbotsG-Nov 1992) mangels Behauptung einer Gesamtänderung der Bundesverfassung; kein verbesserungsfähiger Mangel

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.a) Die Einschreiter brachten zunächst ohne bevollmächtigten Rechtsanwalt einen mit 31. März 1992 datierten Schriftsatz ein. Darin erklären sie, "Nichtigkeitsklage gegen die vom Österreichischen Nationalrat am 26.2.1992 und vom Bundesrat am 5.3.1992 verabschiedete NS-Verbots-Gesetzesnovelle, welche die geltende Grundgesetzgebung verletzt und somit verfassungswidrig wie überdies menschenrechtsverletzend ist", zu erheben. Sie stellen in diesem Zusammenhang folgende "Rechtsbegehren":

"1. Es sei der Passus betreffend 'Auschwitz-Lüge' ersatzlos zu streichen.

2. Es seien bis zur Urteilsfällung alle präjudizierenden Maßnahmen wie Inkraftsetzung oder gar Anwendung der Novelle zu unterlassen bzw. zu annullieren.

3. Es seien die o/e Kosten des Verfahrens dem Staat Österreich anzulasten und die Unterzeichner für ihre Umtriebe entsprechend zu entschädigen."

b) In Entsprechung des vom Verfassungsgerichtshof erteilten Mängelbehebungsauftrages brachten die Einschreiter (fristgerecht) ihren Schriftsatz durch einen Rechtsanwalt in unveränderter Form nochmals ein. Ergänzend wurde die Eingabe nunmehr bezeichnet als "Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der vom österr.

Nationalrat am 26.2.1992 und vom Bundesrat am 5.3.1992 verabschiedeten NS-Verbots-Gesetzesnovelle".

2. Mit ihrer Eingabe bezwecken die Einschreiter offenkundig die Erhebung eines sogenannten Individualantrages gemäß Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG.

Bei der von ihnen beanstandeten Rechtsvorschrift handelt es sich um das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Verbotsgesetz geändert wird (Verbotsgesetz-Novelle 1992), BGBl. 148.

3.a) Gemäß §62 Abs1 zweiter Satz VerfGG hat ein Antrag nach Art140 B-VG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen.

b) Die Einschreiter versuchen zwar in ausführlicher Weise zu begründen, warum die Verbotsgesetz-Novelle 1992 (bzw. ein Teil davon) nach ihrer Auffassung gegen verschiedene (konkret genannte) Verfassungsbestimmungen verstoße. Sie übersehen dabei aber offensichtlich, daß es sich bei der Verbotsgesetz-Novelle 1992 selbst um ein Bundesverfassungsgesetz handelt.

Als Argumentationsbasis zur Begründung eines Individualantrages in Betracht zu ziehen wäre daher allein Art44 Abs3 B-VG (vgl. VfSlg. 11150/1986). Die vorliegende Eingabe läßt jede Bezugnahme auf diese Norm vermissen. Notwendige - im gegenständlichen Fall nicht erfüllte - primäre Voraussetzung eines (Individual-)Antrages auf Aufhebung von Verfassungsgesetzen des Bundes, deren verfassungsmäßiges Zustandekommen nach den Regeln des Art44 Abs3 B-VG bestritten wird, ist jedenfalls schon in formaler Hinsicht die schlüssige Behauptung einer "Gesamtänderung" der Bundesverfassung (s. VfSlg. 11888/1988, 12223/1989). Somit fehlt eine fallbezogene Darlegung der Anfechtungsgründe "im einzelnen", wie sie nach §62 Abs1 zweiter Satz VerfGG und der darauf gestützten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa die drei zitierten Entscheidungen) zwingend geboten ist.

Aus diesen Gründen war der mit inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Fehlern behaftete Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis brauchte nicht untersucht zu werden, ob noch etwaige weitere Zurückweisungsgründe vorliegen, so etwa eine dem §62 Abs1 erster Satz VerfGG nicht entsprechende Antragsformulierung oder das Fehlen des unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre der Antragsteller.

5. Dieser Beschluß konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, Gesamtänderung (der Bundesverfassung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G75.1992

Dokumentnummer

JFT_10079378_92G00075_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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