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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Stadtgemeinde H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Dezember 1992, Zl. Ve1-551-576/1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesgebäudeverwaltung II, Innsbruck, Kapuzinergasse 38), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin eines Kasernengeländes im Bereich der beschwerdeführenden Gemeinde, das auch im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Sonderfläche im Bauland, Kaserne" ausgewiesen ist.
In einer Eingabe vom 10. September 1992 an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck brachte die mitbeteiligte Partei (Bauwerberin) vor, es sei im Rahmen eines zwischen den Bundesministerien für Landesverteidigung, für Inneres und für wirtschaftliche Angelegenheiten abgeschlossenen Ressortübereinkommens beabsichtigt, Flüchtlinge aus dem Gebiet des früheren Jugoslawien vorübergehend im (näher bezeichneten) Objekt 4 dieser Kaserne unterzubringen. Ersucht werde um Bewilligung der vorgesehenen Umwidmung dieses Objektes - bisheriger Widmungszweck sei die kasernmäßige Unterbringung von Angehörigen des Bundesheeres gewesen - sowie der in diesem Zusammenhang erforderlichen Ausbau- und Adaptierungsmaßnahmen nach Maßgabe näher bezeichneter, beigeschlossener Unterlagen.
In der hierüber am 24. September 1992 durchgeführten Bauverhandlung wendete die Beschwerdeführerin, nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstattet hatte, ein, daß die Flächenwidmung die "gegenständliche Benützung" (gemeint: die beabsichtigte Benützung) nicht zulasse. Im übrigen werde den Auflagen des Sachverständigen zugestimmt. Die für eine derartige Benützung von baulichen Anlagen vorgesehene Schaffung von Abstellplätzen wie auch die Einstellflächen für Kinderwägen und Fahrrädern, die auch von außen ebenerdig vorhanden sein müßten, seien nicht "vorhanden".
Abschließend stellte der Verhandlungsleiter fest, daß aufgrund dieses Einwandes "lediglich ein Bescheid im Sinne des § 33 TBO" erlassen werde, wobei als diesbezüglicher "Gültigkeitstermin" der 31. Dezember 1995 im Spruch anzuführen sein werde.
In einem Aktenvermerk vom selben Tage hielt der Verhandlungsleiter fest, daß der Bezirkshauptmann in der Rechtsmittelbelehrung des zu erlassenden Bescheides die "zusätzliche Zitierung des § 64 Abs. 2 AVG 1991" wünsche, und dabei auch nach Darlegung der Rechtsansicht des Verhandlungsleiters geblieben sei, daß es sich im vorliegenden Fall um einen Genehmigungsbescheid handle, weshalb eine Vollstreckung nicht in Betracht komme.
Mit Bescheid vom selben Tag (24. September 1992) erteilte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dem Bauvorhaben gemäß § 33 Abs. 1 TBO die baubehördliche Bewilligung unter Vorschreibung von Auflagen. Im Anschluß an die Rechtsmittelbelehrung heißt es, daß gemäß § 64 Abs 2 AVG einer allfällig eingebrachten Berufung aus den Gründen des öffentlichen Wohles die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Begründend führte die Behörde aus, daß die Bauwerberin, die um baubehördliche Genehmigung der widmungsgemäßen Änderung des Objektes 4 dieser Kaserne zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien angesucht habe, (auch) beabsichtige, in diesem Objekt (Mannschaftsgebäude) einen Dachraum als Aufenthaltsraum auszubauen (wird näher ausgeführt). Weiters würden im gesamten Objekt verschiedene Elektroinstallationen erneuert bzw. saniert. Diese Maßnahme sei notwendig, weil im fraglichen Objekt ca. 100 Flüchtlinge, die derzeit an näher bezeichneten anderen Orten "stationiert" seien, untergebracht werden sollten. Deshalb seien verschiedene Raumwidmungen und eine Abgrenzung des Objektes zum Kasernenareal (eigener Zugang von der Straße) notwendig.
Die Flächenwidmung - Sonderfläche im Bauland - Kaserne - lasse an und für sich die gegenständliche (gemeint: beabsichtigte) Benützung gar nicht zu. Wie jedoch dem Antrag eindeutig zu entnehmen sei, solle die Unterbringung der Flüchtlinge lediglich vorübergehend erfolgen. Die Behörde habe daher die Möglichkeit, "unter Anwendung der Rechtswohltat des § 33 Tiroler Bauordnung vorzugehen und für einen gewissen Zeitpunkt die Verwendungsänderung und die dadurch notwendig gewordenen baulichen Maßnahmen zu bewilligen". Es stehe außer Zweifel, daß die im § 33 TPO angeführten Umstände, wie z.B. Notfälle, im vorliegenden Fall gegeben seien. Ein weiterer Notfall sei für die Bauwerberin dadurch gegeben, daß ein Dienstauftrag vorliege, am Samstag, den 26. September 1992 bereits die ersten Flüchtlinge aufzunehmen. Es sei daher unmöglich, die Rechtskraft des Bescheides abzuwarten. Diese "außerordentlichen Umstände" ließen es gerechtfertigt erscheinen, im Sinne des § 33 TBO vorzugehen und im Interesse des öffentlichen Wohles einer eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen (festzuhalten ist, daß dieser Bescheid keine Befristung im Sinne des § 33 TBO enthält; in den Akten ist festgehalten, daß ein zumindest insofern unvollständiges Konzept unter äußerster Beschleunigung aus- und abgefertigt wurde).
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie geltend machte, die erstinstanzliche Behörde sei unzuständig (vielmehr fiele die Zuständigkeit zur Bewilligung dieses Bauvorhabens in die Kompetenz der Gemeindebehörden), § 33 TBO gestatte nicht die vorgenommene zeitlich befristete Änderung des Verwendungszweckes, wie auch, daß gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung nur hinsichtlich der Vollstreckbarkeit, nicht aber hinsichtlich der Rechtskraft ausgeschlossen werden könne, zumal eine Baubewilligung keiner Vollstreckung zugänglich sei.
Mit Eingabe vom 25. November 1992 (bei der erstinstanzlichen Behörde am 27. November eingelangt) zeigte die Bauwerberin die Fertigstellung der Baumaßnahme an und ersuchte um Erteilung der Benützungsbewilligung. Die Behörde erwiderte hierauf mit Schreiben vom 30. November 1992, daß gegen den Baubewilligungsbescheid das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden sei und die Berufungsbehörde bislang hierüber nicht entschieden habe. Die Bewilligung sei somit noch nicht rechtskräftig erteilt worden, weshalb auch eine Benützungsbewilligung noch nicht erteilt werden könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG "mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß die Gültigkeitsdauer der Bewilligung bis 31.12.1995 festgelegt" werde. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 50 Abs. 2, 33 Abs. 1 TBO und 64 Abs. 2 AVG) aus, daß die fragliche Kaserne "im vorliegenden Fall sehr wohl als bundeseigenes Gebäude anzusehen" sei, das öffentlichen Zwecken diene, weil sich aufgrund des Kriegsgeschehens im ehemaligen Jugoslawien derzeit
50 - 60.000 Kriegsflüchtlinge aus Bosnien in Österreich befänden und entsprechend untergebracht werden müßten. In Tirol seien rund 2000 Flüchtlinge unterzubringen, wobei die Quartiersuche insbesondere durch den Umstand, daß Tirol ein vielfrequentiertes Fremdenverkehrsland sei und auch ein höheres Preisniveau als andere Bundesländer aufweise, wesentlich erschwert werde. Die Verantwortlichen seien "sohin auf jedes Quartier angewiesen". In Tirol sei für die Unterbringung von Flüchtlingen unter anderem auch die fragliche Kaserne ausgewählt worden, in der rund 105 Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Österreich sei als Nachbarland schon aus humanitären Gründen und aus Gründen der Menschenrechtskonvention und im Rahmen der Nachbarschaftshilfe zu einer solchen Hilfsaktion verpflichtet. Ein Zuzug von Flüchtlingen sei des weiteren kaum abwendbar. Da Möglichkeiten zur Unterbringung ohnedies nur in geringem Umfang vorhanden seien, diene es sehr wohl dem öffentlichen Zweck, daß der Bund ein Quartier - konkret Räumlichkeiten dieser Kaserne - zur Verfügung stelle, damit diese Flüchtlinge zumindest für den Winter 1992/93, allenfalls noch einen weiteren Winter, eine vorübergehende Bleibe fänden. Daß die Kriegsflüchtlinge entsprechend versorgt und betreut würden, somit auch eine Unterkunft hätten, liege unter anderem auch deshalb im öffentlichen Interesse, "um ein Ansteigen der Kriminalität durch mittel- und unterstandslose Flüchtlinge sowie ein Abfallen solcher in die Illegalität durch Aufnahme bei selbst illegal anwesenden Ausländern zu verhindern".
In der vorliegenden Angelegenheit handle es sich ohne Zweifel um Unterkünfte in Notfällen, zwecks dringender, jedoch nur vorübergehender Unterbringung von Flüchtlingen, sodaß für die vorübergehende Änderung des Verwendungszweckes des betreffenden Gebäudes und die damit verbundenen baulichen Maßnahmen nur die Anwendung des § 33 der Tiroler Bauordnung in Frage kommen könne. Insofern sei der Beschwerdeführerin jedoch zuzustimmen, daß dem erstinstanzlichen Bescheid die notwendige "und für die zitierte Gesetzesstelle typische Befristung" fehle, die nunmehr durch die Berufungsbehörde im Spruch des Berufungsbescheides festgesetzt werde.
Nach § 33 Abs. 2 TBO könne die Behörde bei der Erteilung der Bewilligung nach Abs. 1 für bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes vom Vorliegen einzelner für die Erteilung der Bewilligung nach § 31 erforderlichen Voraussetzungen absehen, wenn öffentliche Interessen, wie insbesondere Interessen der Sicherheit von Menschen oder des Eigentums und des Schutzes des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes, sowie Interessen der Nachbarn dem nicht entgegenstünden. Die Verletzung derartiger Interessen sei im Verfahren nicht hervorgekommen und sei auch von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht worden. Es habe daher "vom Vorliegen der bestehenden Sonderflächenwidmung "Kaserne" abgesehen werden" können.
Wenngleich grundsätzlich der Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bei Baubewilligungen insoweit nicht erfolgen könne, weil Baubewilligungsbescheide nicht vollstreckt werden könnten, so scheine "hier aufgrund der speziellen Situation und der Einmaligkeit des Falles die Anwendung des § 64 Abs. 2 AVG 1991 gerechtfertigt". Gefahr im Verzug im Sinne dieser Gesetzesstelle sei deshalb anzunehmen, weil die "vorhandenen Flüchtlinge" dringend in einer vorübergehenden Bleibe untergebracht werden müßten, dies nicht zuletzt auch wegen der bereits eingetretenen winterlichen Jahreszeit und weil, wie bereits ausgeführt, ein "nicht gewünschter Aufenthalt" der Flüchtlinge an öffentlichen Orten wie beispielsweise Bahnhöfe etc. verhindert werden solle. Damit sei aber auch das Interesse des öffentlichen Wohles begründet. Um aufgrund der dargestellten Situation ohne Verzögerung von der Baubewilligung Gebrauch machen zu können, sei es notwendig, einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 27. September 1993, B 109/93, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid
a)
im Recht auf Erlassung eines Bescheides der belangten Behörde, wonach der Antrag der Bauwerberin auf baubehördliche Genehmigung der widmungsmäßigen
Änderung des fraglichen Objektes zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien abgewiesen werde,
b)
im Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen
Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG und
c)
im Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art. 118 Abs. 1 und Abs. 4 B-VG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 50 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, ist in allen Gemeinden mit Ausnahme der Stadt Innsbruck Behörde im Sinne der TBO - soweit es sich nicht um Erlassung von Bescheiden in Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens handelt - der Bürgermeister.
Abs. 2 leg. cit. bestimmt:
"Soweit Akte der Vollziehung in Bausachen bundeseigene Gebäude betreffen, die öffentlichen Zwecken dienen, wie der Unterbringung von Behörden und Ämtern des Bundes oder von öffentlichen Anstalten - darunter auch Schulen und Spitälern - oder der kasernmäßigen Unterbringung von Heeresangehörigen oder sonstigen Bundesangestellten, fallen diese Akte der Vollziehung in die mittelbare Bundesverwaltung. Zur Erlassung von Bescheiden ist in erster Instanz die Bezirkshauptmannschaft berufen. Zur Entscheidung über Berufungen gegen deren Entscheidungen ist der Landeshauptmann berufen. Gegen dessen Entscheidungen ist eine weitere Berufung nicht zulässig. In solchen Verfahren kommt der Gemeinde zur Wahrung der Interessen der örtlichen Raumordnung Parteistellung zu."
Gemäß § 25 lit. d TBO bedarf einer Bewilligung der Behörde die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, soweit diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann (was im Beschwerdefall angesichts der Flächenwidmung unstrittig ist).
Die Bauwerberin strebt die Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes eines (bundeseigenen) Mannschaftsgebäudes in einer Kaserne des Bundesheeres und damit zusammenhängende Adaptierungen an, um Flüchtlinge in diesem Gebäude unterzubringen. Damit handelt es sich bei der beabsichtigten Maßnahme in rechtlicher Hinsicht um einen "Akt der Vollziehung in Bausachen", der ein bundeseigenes Gebäude betrifft, das öffentlichen Zwecken dient (§ 50 Abs. 2 TBO), womit die geplante Maßnahme Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung im Sinne des § 50 Abs. 2 TBO ist: Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt es nämlich zur Beurteilung der Zuständigkeit im Beschwerdefall auf die "Ausgangslage" an, und nicht auf das Ergebnis, das mit der projektierten Maßnahme herbeigeführt werden soll.
Damit kam der Beschwerdeführerin Parteistellung gemäß § 50 Abs. 2 letzter Satz TBO zur Wahrung der Interessen der örtlichen Raumordnung: Sofern die Beschwerdeführerin nämlich auch Parteistellung als Nachbarin anstrebt, weil das Kasernengelände an die Z-Straße grenze, die Teil des öffentlichen Straßengutes sei, das in ihrem Eigentum stehe, ist ihr nicht zu folgen: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. April 1978, Zl. 794/78, ausgesprochen hat, hat die Gemeinde als Eigentümerin einer Straßenfläche im Baubewilligungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung keine Parteistellung.
2. Gemäß § 33 TBO - überschrieben mit "bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes" darf die Bewilligung für bauliche Anlagen, die nur für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sind, "wie Baustelleneinrichtungen, Unterkünfte in Notfällen, Veranstaltungszelte und dergleichen", nur für die voraussichtliche Dauer dieses Bestandes befristet, höchstens aber auf die Dauer von fünf Jahren erteilt werden. Die Behörde hat auf Antrag des Inhabers die Bewilligung diese Frist um höchstens fünf Jahre zu verlängern, soweit dies der Verwendungszweck der Anlage erfordert und die im Abs. 2 angeführten Interessen dem nicht entgegenstehen (Abs. 1).
Gemäß dem Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde bei der Erteilung der Bewilligung nach Abs. 1 für bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes vom Vorliegen einzelner für die Erteilung der Bewilligung nach § 31 erforderliche Voraussetzungen absehen, wenn öffentliche Interessen, wie insbesondere der Interessen der Sicherheit von Menschen oder des Eigentums und des Schutzes des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes, sowie Interessen der Nachbarn dem nicht entgegenstehen.
Gemäß § 31 Abs. 3 und 4 lit. a TBO ist ein Bauansuchen unter anderem dann abzuweisen, wenn das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht (die weiteren Fälle sind im Beschwerdefall angesichts des eingeschränkten Mitspracherechtes der Beschwerdeführerin, wie es sich aus § 50 Abs. 2 letzter Satz TBO ergibt, nicht von Belang). Unter der Annahme, daß der vorgesehene Verwendungszweck mit der gegebenen Flächenwidmung - Kaserne - nicht im Einklang steht, ist daher entscheidend, ob § 33 TBO auch unter diesen Umständen, wie von den Behörden angenommen wurde, die vorübergehende Änderung des Verwendungszweckes zuläßt, weil nur dann die Behörde berechtigt gewesen wäre, das Bauvorhaben ungeachtet dieses Widerspruches zu bewilligen (§ 33 Abs. 2 TBO). Richtig ist, daß § 33 TBO seinem Wortlaut nach eine zeitlich befristete Änderung des Verwendungszweckes nicht vorsieht; die Zulässigkeit ergibt sich aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kraft Größenschlusses: Ist gemäß § 33 TBO die Bewilligung (sogar) für bislang nicht bestandene bauliche Anlagen zulässig, ist nicht einsichtig, warum nicht ebenso - freilich bei Zutreffen der weiteren in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen - auch die (befristete) Änderung des Verwendungszweckes bereits bestehender Bauten zulässig sein sollte. Davon ausgehend, war die Vorgangsweise der Behörden, eine zeitlich befristete Änderung des Verwendungszweckes zu genehmigen, um die vorübergehende Unterbringung von Kriegsflüchtlingen (und damit die Schaffung von "Unterkünften in Notfällen" (im Sinne des § 33 Abs. 1 TBO) zu ermöglichen, rechtens.
3. Gemäß § 36 Abs. 1 TBO darf mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens, soweit es sich nicht um Vorarbeiten handelt, die nach § 34 bewilligt worden sind, vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung nicht begonnen werden.
Gemäß § 64 Abs. 1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Ausspruch im Beschwerdepunkt verletzt worden wäre.
4. Somit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993060216.X00Im RIS seit
03.05.2001