TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/22 93/08/0093

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Veröffentlicht am 22.11.1994
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Index

L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg;

Norm

SHG Slbg 1975 §43 Abs1;
SHG Slbg 1975 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch DDr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 17. September 1992, Zl. UVS-15/4/6-1992, betreffend Rückerstattung von Leistungen nach dem Salzburger Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg verpflichtete mit Bescheid vom 19. November 1991 die Beschwerdeführerin gemäß § 43 bzw. § 44 Salzburger Sozialhilfegesetz als Leistungsempfängerin dem Land Salzburg als Sozialhilfeträger "die Kosten der Sozialhilfe" in Höhe von S 26.408,92 "am 1. Dezember 1991" zu bezahlen. Im Betreff dieses Bescheides ist unter anderem angeführt: "Sozialhilfekostenrückersatz: da Wohnungseigentum vorhanden ist." Der Vorspruch dieses Bescheides hält fest, daß die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 22. Juli 1991 gemäß §§ 10 ff Salzburger Sozialhilfegesetz 1975 Sozialhilfe in der Höhe von insgesamt S 26.408,92 zur Sicherung ihres Lebensbedarfes in Anspruch genommen und erhalten hat. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme zur Beweisaufnahme abgegeben habe; es werde daher angenommen, daß die Forderung zu Recht bestehe.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 43 Salzburger Sozialhilfegesetz keine Folge und bestätigte den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg mit der Maßgabe, daß der 1. Dezember 1992 als Zahlungstermin festgesetzt wurde.

In der Begründung führt die belangte Behörde aus, daß sich sowohl aus dem Akt der Behörde erster Instanz als auch aus dem Ermittlungsverfahren vor der Berufungsbehörde ergeben habe, daß die Beschwerdeführerin neben der von ihr bewohnten Eigentumswohnung auch Hälfteeigentümerin einer Liegenschaft X sei. Laut Grundbuchsauszug liege dem Erwerb dieses Liegenschaftsanteiles ein Kaufvertrag vom 27. März 1986 zugrunde. Mit TZ. nn/1986 sei dieser Eigentumserwerb im Grundbuch eingetragen worden. Die Beschwerdeführerin habe zu diesem Liegenschaftsanteil vorgebracht, daß es sich bei dem auf dem Grundstück stehenden Gebäude um eine verwahrloste Baulichkeit handle, in der ihre Mutter und ihr behinderter, einkommensloser Sohn wohnten; es bestünden bücherliche Geldlasten und darüber hinaus sei ein Verfahren beim Landesgericht Salzburg anhängig, mit dem der Halbbruder der Beschwerdeführerin ihren seinerzeitigen Erwerb des Hälfteeigentums bekämpfe. Bei dem Liegenschaftsanteil handle es sich daher um kein verwertbares Vermögen der Beschwerdeführerin. Hiezu stelle die belangte Behörde folgendes fest: Die Beschwerdeführerin sei bereits im Zeitraum des Bezuges ihrer Sozialhilfeleistungen neben der in ihrem Eigentum stehenden und von ihr bewohnten Wohnung auch Hälfteeigentümerin der Liegenschaft X gewesen. Diese Wohnung diene nicht zur Deckung der Wohnbedürfnisse der Beschwerdeführerin; der Umstand, daß dieses Haus von der Mutter und dem Sohn der Beschwerdeführerin bewohnt werde, bücherliche Geldlasten bestünden und über den Erwerb ein gerichtliches Verfahren anhängig sei bzw. es sich in einem verwahrlosten Zustand befinde, lasse nicht den Schluß zu, daß es sich dabei um ein für die Beschwerdeführerin nicht verwertbares Vermögen im Sinne der Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes handle. Vielmehr gehe die belangte Behörde davon aus, daß in dem Hälfteeigentum an dieser Liegenschaft ein nachträglich bekannt gewordener Vermögensbestand liege, den die Beschwerdeführerin bereits zur Zeit der Sozialhilfeleistung gehabt habe und daraus ein Rückforderungsanspruch ableitbar sei. Dies vor allem deshalb, weil mit einer Verwertung des Hälfteeigentums noch bei weitem kein Verlust des Wohnrechtes für die Mutter bzw. den Sohn der Beschwerdeführerin verbunden sein müsse. Auch die Tatsache eines anhängigen Gerichtsverfahrens ändere nichts an dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin Hälfteeigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft sei.

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, daß sich der zum Ersatz vorgeschriebene Betrag laut Mitteilung des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg über Aufforderung der belangten Behörde aus Leistungen von S 10.378,10 im Jahre 1989, S 11.110,67 im Jahre 1990 und S 4.920,15 im Jahre 1991 zusammensetzt. Nach dieser Mitteilung handelt es sich zum größten Teil um Leistungen gemäß §§ 11, 12 Salzburger Sozialhilfegesetz und zum geringeren Teil um Leistungen gemäß § 13 leg. cit. Im Lastenblatt der Liegenschaft X ist ein Pfandrecht von S 70.000,-- für die Stadtgemeinde Salzburg und von S 181.000,-- für die Salzburger Landeshypothekenbank einverleibt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß der Hälfteanteil an der genannten Liegenschaft verwertbares Vermögen zum Zeitpunkt der Gewährung der Sozialhilfe dargestellt habe. Sie meint, es fehlten jegliche Anhaltspunkte dafür, daß die Liegenschaftshälfte trotz der anerkannten Hindernisse einer Verwertung zugeführt werden könnte. Die belangte Behörde übersehe - so die Beschwerdeführerin weiter -, daß der Rückforderungsanspruch des § 43 Abs. 1 des Salzburger Sozialhilfegesetzes voraussetze, daß sie zum Zeitpunkt der Hilfeleistungen hinreichendes Einkommen oder Vermögen gehabt habe. Schließlich rügt die Beschwerdeführerin, daß aus dem Bescheid nicht ableitbar sei, wann und wofür, aber auch nicht, ob überhaupt Sozialhilfe in der genannten Höhe geleistet worden sei.

Diese Beschwerdeeinwände sind berechtigt.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 und § 8 Abs. 1, 2 und 3 Salzburger Sozialhilfegesetz (S-SHG) lauten:

"Ersatz durch den Empfänger der Hilfe und seine Erben § 43 (1) Der Sozialhilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt, oder wenn nachträglich bekannt wird, daß er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte. Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet würde.

(2) Keinesfalls können zum Gegenstand einer Ersatzforderung gemacht werden:

1)

alle Leistungen, die für Personen vor Erreichung der Großjährigkeit gewährt wurden;

2)

die Hilfe für werdende Mütter oder Wöchnerinnen;

3)

Leistungen anläßlich einer Erkrankung an einer ansteckenden Krankheit im Sinne des Epedemiegesetzes;

4)

die Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung. ...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 8 (1) Die Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf (§ 10) zu sichern.

(2) Als nicht verwertbar gelten Gegenstände, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse dienen.

(3) Die Verwertung des Vermögens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird. ..."

Die belangte Behörde hat mit Recht nur geprüft, ob das Hälfteeigentum an der genannten Liegenschaft einen Vermögenswert der Beschwerdeführerin darstellt, der bereits im Zeitraum der Hilfeleistung vom 1. Jänner 1988 bis 22. Juli 1991 bestanden hat, weil die Anschaffung dieser Liegenschaft bereits im Jahre 1986 erfolgt ist. Die belangte Behörde hat in der Bejahung der Frage, ob aufgrund dieses Vermögenswertes die Rückersatzpflicht gemäß § 43 Abs. 1 S-SHG gegeben ist, die Rechtslage verkannt:

Es ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestritten, daß der Eigentumsanteil der Beschwerdeführerin an der genannten Liegenschaft nachträglich bekannt geworden ist. Dies allein löst entgegen der Auffassung der belangten Behörde noch keine Ersatzpflicht der Beschwerdeführerin aus. Die Ersatzpflicht setzt vielmehr voraus, daß die Beschwerdeführerin zur Zeit der Hilfeleistung ein HINREICHENDES Vermögen gehabt habe. Damit ist ein Vermögen im Sinne des § 8 Abs. 1 S-SHG zu verstehen, aus dem sich die Beschwerdeführerin ihren von der Sozialhilfeleistung gedeckten Lebensbedarf zur Gänze hätte beschaffen können. Dies setzt eine mögliche und zumutbare Verwertung - nicht notwendigerweise durch Veräußerung, sondern auch durch eine jede andere in Betracht kommende Form - des Vermögens (hier Liegenschaftsanteils) der Beschwerdeführerin voraus. Aus der bloßen Feststellung, daß die Beschwerdeführerin Hälfteeigentümerin einer Liegenschaft ist, läßt sich entgegen der Auffassung der belangten Behörde noch nicht ableiten, daß es sich hiebei um ein verwertbares Vermögen im Sinne des § 8 Abs. 1 S-SHG handelt. Dem angefochtenen Bescheid kann nicht entnommen werden, welche Art der Verwertung des Liegenschaftsanteiles die belangte Behörde für möglich und zumutbar hält. Ebenso fehlen jegliche Feststellungen über die Höhe eines allfälligen Verwertungserlöses, aber auch dazu, ob die Beschwerdeführerin aus einem solchen Erlös den mit der Sozialhilfeleistung bestrittenen Teil des Lebensbedarfes zur Gänze abdecken hätte können. Zur Beantwortung dieser Frage sind aber auch Feststellungen dazu unumgänglich, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe welche Art von Sozialleistungen die Beschwerdeführerin empfangen hat. Die diesbezügliche Rüge der Beschwerdeführerin ist aber auch im Hinblick auf § 43 Abs. 2 leg. cit. berechtigt. Nach dieser Bestimmung bildet nicht jede Leistung nach dem Salzburger Sozialhilfegesetz den Gegenstand einer Ersatzleistung. Ob die Beschwerdeführerin eine ersatzfähige Leistung empfangen hat, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Dazu kommt, daß die Beschwerdeführerin nach dem Spruch des Bescheides zum Rückersatz der im Zeitraum vom 1. Jänner 1988 bis 22. Juli 1991 empfangenen Leistungen verpflichtet wurde, während dem Akteninhalt die Rückerstattung einer im Jahre 1988 empfangenen Leistung nicht entnommen werden kann.

Dadurch, daß die belangte Behörde nur wegen ihrer - vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten - Rechtsauffassung, wonach die Tatsache eines - zumindest abstrakt möglich - verwertbaren Vermögenswertes den Ersatz begründet, Feststellungen im oben aufgezeigten Sinn nicht traf, belastete sie ihren Bescheid primär mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die angesprochene Umsatzsteuer im pauschalen Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist und die Beschwerdeführerin von der Entrichtung der Stempelgebühren durch die Bewilligung der Verfahrenshilfe befreit ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080093.X00

Im RIS seit

13.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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