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23/01 Konkursordnung;Norm
BAO §217 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt in M, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des G in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 1991, Zl. GA 7-1170/4/91, betreffend Säumniszuschläge, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen eines Gastwirtes (= Gemeinschuldner). Der Konkurs wurde mit Edikt vom 27. November 1990 eröffnet. In der Folge schrieb das Finanzamt Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt S 2.461,-- vor, weil Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1990 nicht fristgerecht bezahlt worden waren.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die genannten Abgaben zur Gänze Masseforderungen darstellten, sodaß die Säumniszuschläge zu Recht vorgeschrieben wurden (Auffassung der belangten Behörde), oder ob die genannten Abgabenschuldigkeiten nach Maßgabe des Zeitpunktes der Konkurseröffnung in Konkursforderungen (11 Zwölftel) und Masseforderungen (1 Zwölftel) aufzuteilen gewesen wären.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. November 1985, 85/13/0058, ausgesprochen hat, fällt der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 2 KO zeitlich mit dem Entstehen des Abgabenanspruches zusammen. Da der Abgabenanspruch sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Gewerbesteuer mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch im Wege von Vorauszahlungen schon früher entstanden ist (§ 4 Abs. 2 lit. a und b BAO), entstand im Beschwerdefall die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerschuld abzüglich der Vorauszahlungen - diese wurden unbestritten und aktenkundig im Ausmaß von S 11.000,-- abgezogen - erst am 31. Dezember 1990, also NACH dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung. Es handelte sich daher um Masseforderungen, für deren fristgerechte Entrichtung der Masseverwalter zu sorgen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1989, 88/13/0181). Da der Masseverwalter dieser Verpflichtung unbestritten nicht nachgekommen ist, erfolgte die Vorschreibung der Säumniszuschläge zu Recht.
Zu dem Beschwerdevorbringen, der Abgabenanspruch bezüglich Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1990 sei bereits während des Kalenderjahres 1990, also zum Teil vor und zum Teil nach Konkurseröffnung nach Maßgabe der einzelnen Geschäftsvorfälle entstanden, weil der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt "die konkrete Abwicklung eines Geschäftes, bei dem Einnahmen entstehen", sei, ist in Ergänzung zu den Ausführungen im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 13. November 1985 noch folgendes zu sagen:
Abgesehen von der zitierten Bestimmung des § 4 BAO, die das Entstehen des Abgabenanspruches ausdrücklich regelt, lassen sich die Geschäftsvorfälle, die letztlich in ihrer Gesamtheit der Einkommensteuer- und der Gewerbesteuerbemessung zugrunde zu legen sind, nicht als Einzelgeschehnisse erfassen, die sich zur Gänze entweder vor oder nach der Konkurseröffnung ereignen.
Der mit bestimmten Einnahmen kausal verknüpfte Aufwand kann abgesehen von grundsätzlichen Zurechnungsschwierigkeiten zu anderen Zeitpunkten erwachsen als der Einnahmenzufluß. Beide Komponenten Aufwand und Ertrag bestimmen aber im Zusammenwirken jenen wirtschaftlichen Erfolg, der Teil der Steuerbemessungsgrundlage ist. Eine am Geschehnisablauf orientierte Zuordnung einzelner Besteuerungskomponenten zu Zeiträumen vor und nach Konkurseröffnung ist daher in der Regel gar nicht möglich. Noch deutlicher wird die Unmöglichkeit, eine Einkommensteuer- oder Gewerbesteuerschuld nach Maßgabe der einzelnen steuerrelevanten Geschehnisse aufzuteilen, wenn in einer Periode - wie dies regelmäßig der Fall ist - verschiedene Geschäftsvorfälle zu erfassen sind, von denen einzelne ein positives und andere ein negatives Ergebnis aufweisen. Erst durch die zusammenfassende Saldierung von positiven und negativen Komponenten wird das Einkommen (der Gewerbeertrag) eines Jahres errechnet. Würde man etwa bei einem durch Konkurseröffnung geteilten Kalenderjahr in den positiven Geschäftsvorfällen des ersten Teiles des Jahres einen die Abgabepflicht auslösenden Sachverhalt erblicken, so käme eine solche Betrachtungsweise in Widerspruch zu der gleichermaßen nowendigen Erfassung der negativen Geschäftsvorfälle des zweiten Teiles desselben Jahres. Aufgespalten ergäbe sich eine positive Steuerbemessungsgrundlage vor Konkurseröffnung und eine negative Steuerbemessungsgrundlage nach Konkurseröffnung, die jedoch in Wahrheit zu einer einheitlichen, möglicherweise insgesamt negativen Steuerbemessungsgrundlage zu saldieren wäre und daher letztlich keine Einkommensteuer "auslösen" würde. Dies zeigt, daß einzelne aus einer Mehrzahl von Geschäftsvorfällen herausgelöste Geschehnisse in Wahrheit gar keine Abgabepflicht auf dem Gebiet der Einkommensteuer oder Gewerbesteuer auslösen können, sondern nur die Gesamtheit aller in einer Besteuerungsperiode angefallenen steuerlich relevanten Ereignisse.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991130259.X00Im RIS seit
20.11.2000