TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/25 94/19/1197

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Veröffentlicht am 25.11.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1994, Zl. 4.343.526/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen von Ghana, der am 11. Oktober 1993 in das Bundesgebiet eingereist war und am selben Tag einen Asylantrag gestellt hatte - gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. Oktober 1993 - mit dem der Asylantrag abgewiesen worden war - abgewiesen und die Asylgewährung versagt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Das Bundesasylamt hat seinen abweislichen Bescheid damit begründet, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft (im Sinne von § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991) nicht zukomme.

Der Beschwerdeführer hat in seiner dagegen erhobenen Berufung dargelegt, aus welchen Gründen ihm - entgegen der Beurteilung der Erstbehörde - die Flüchtlingseigenschaft und damit die Asylgewährung hätte zuerkannt werden müssen.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 12. Oktober 1993 - wonach der Beschwerdeführer sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 1993 in Togo aufgehalten habe - aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde zum Vorwurf, die angefochtene Entscheidung sei unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen, weil ihm hinsichtlich der für die Beurteilung der "Verfolgungssicherheit" getroffenen Annahmen keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Die im angefochtenen Bescheid insoweit wiedergegebenen Annahmen seien falsch. Er bringt dazu vor, daß in dem Zeitpunkt, als er sich in Togo aufgehalten habe, aus Ghana kommende Flüchtlinge aufgegriffen und von Togo an die Behörden Ghanas ausgeliefert worden seien. Diese ergebe sich aus Berichten von Flüchtlingshilfeorganisationen. Die Annahme der belangten Behörde, in Togo sei das "Nonrefoulementrecht" effektiv gewesen und er hätte im Oktober 1993 in Togo Rückschiebungsschutz genossen, sei nicht richtig. Im Falle der Stellung eines Asylantrages in Togo habe für ihn die Gefahr seiner Auslieferung an die Behörden Ghanas bestanden.

Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer, bezogen auf den hiebei allein maßgeblichen Zeitpunkt seines Aufenthaltes in diesem Land (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0074 und die dort angegebene Judikatur), bereits in Togo vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren - in dem die Erstbehörde diesen Ausschließungsgrund nicht herangezogen hat - nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist und ein darüber hinausgehender Ersatz von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994191197.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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