Index
L66307 Alm Weide Tirol;Norm
AlmschutzG Tir 1987 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 26. Februar 1991, Zl. Ia/Dr.A./bra., betreffend Nichtaufnahme einer Alm in die Almliste gemäß § 71 Abs. 3 und 4 MOG 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab der Geschäftsführer des Milchwirtschaftsfonds gemäß § 71 Abs. 3 und 4 des Marktordnungsgesetzes 1985 in der geltenden Fassung (im folgenden: MOG 1985) dem Antrag des Beschwerdeführers, die "T-Alm" in die von der Sennereigenossenschaft W zu führende Almliste aufzunehmen, keine Folge.
Nach der Begründung dieses Bescheides müsse es sich bei Almen (im Sinne des § 71 Abs. 3 MOG 1985) um solche Grünlandflächen handeln, die INFOLGE ihrer Höhenlage und klimatischen Verhältnisse nur im Sommer und GETRENNT von den Heimgütern der auf ihnen gehaltenen Milchkühe bewirtschaftet werden. Es müsse sich überhaupt um vom Heimgut getrennt bewirtschaftete Flächen handeln. Es komme in der Praxis häufig vor, daß die Futterflächen eines Betriebes nicht immer unmittelbar neben dem Hof gelegen seien. Solche Flächen würden je nach den Umständen des Einzelfalles als Weide verwendet oder dienten der Heuproduktion oder würden für beides verwendet. Sofern eine solche Futterfläche der Heuproduktion diene, liege keine vom Heimgut getrennte Bewirtschaftung vor, weil in diesem Fall die Futterfläche eben der ganzjährigen Bewirtschaftung des Heimgutes diene. Selbst wenn aber eine vom Heimgut getrennte Bewirtschaftung vorliege, genüge nicht eine bloß faktisch getrennte und saisonale Bewirtschaftung, sondern die saisonale und getrennte Bewirtschaftung müßte eine Folge der Höhenlage und der klimatischen Verhältnisse sein. Zwischen Alm und Heimgut müsse daher ein wesentlicher Unterschied in der Höhenlage und in den klimatischen Bedingungen gegeben sein.
Im vorliegenden Fall sei die Höhenlage niedrig und die "T-Alm" grenze unmittelbar an Flächen ganzjährig bewirtschafteter Betriebe an. Zwischen der "T-Alm" und dem "S-Hof" (offenkundig dem Heimgut des Beschwerdeführers) sei die Entfernung verhältnismäßig gering. Auch die Höhenlage unterscheide sich nur wenig. Die "T-Alm" diene seit ihrer Kultivierung vorrangig der Heuproduktion, daneben auch dem Weidegang. Es liege daher gar keine getrennte Bewirtschaftung vor, sondern es handle sich um eine zum Heimgut gehörende, etwas entfernt gelegene Futterfläche, bei der kein wesentlicher Unterschied in der Höhenlage und den klimatischen Verhältnissen zum Heimgut bestehe. Die Heuproduktion und Futterverbringung zum Heimgut zeige, daß die "T-Alm" mit dem Heimgut des Beschwerdeführers verbunden sei und daher nicht von diesem Heimgut getrennt bewirtschaftet werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Aufnahme der "T-Alm" in W in die von der Sennereigenossenschaft W gemäß § 71 Abs. 4 MOG 1985 zu führende Almliste und auf Befreiung von der Entrichtung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages gemäß § 71 Abs. 3 MOG 1985 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die von der belangten Behörde angewendeten und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen des § 71 MOG 1985, in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988, lauten auszugsweise:
"(3) Ein zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag ist nicht zu entrichten für Milch und Erzeugnisse aus Milch, die auf einer Alm und auf der Futtergrundlage dieser Alm - ausgenommen bei Vorliegen eines Elementarereignisses - erzeugt werden. Ein allgemeiner Absatzförderungsbeitrag ist ferner nicht zu entrichten für Butter, die auf Almen erzeugt wird und für die von derselben Alm eine entsprechende Menge an Käse übernommen wird. Als Almen gelten Grünlandflächen,
1.
die infolge ihrer Höhenlage und klimatischen Verhältnisse nur im Sommer und getrennt von den Heimgütern der auf ihnen gehaltenen Milchkühe bewirtschaftet werden und
2.
von denen die Lieferung von Milch und Erzeugnissen aus Milch unmittelbar an den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder eine Sammelstelle erfolgt oder Milch und Erzeugnisse aus Milch unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden.
Der Zeitraum der Lieferung von Milch und Erzeugnissen aus Milch einschließlich deren Abgabe unmittelbar an den Verbraucher darf während einer Alpperiode 120 Tage nicht überschreiten. Beginnt die Lieferung von Milch und Erzeugnissen aus Milch einschließlich deren Abgabe unmittelbar an den Verbraucher nach dem 30. Juni, so darf dieser Zeitraum den 15. Oktober nicht überschreiten. ...
(4) Die Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe haben eine Liste der Almen ihres Einzugsgebietes zu führen, dem Milchwirtschaftsfonds auf Verlangen Einsicht zu gewähren und den in Betracht kommenden Milchlieferanten darüber Auskunft zu erteilen, ob sie in die Liste aufgenommen sind. Änderungen in den Listen sind dem Milchwirtschaftsfonds nur mit Wirkung vom Beginn des Wirtschaftsjahres an vorzunehmen, das auf die Feststellung des Milchwirtschaftsfonds folgt, daß die Voraussetzungen gemäß Abs. 3 nicht oder nicht mehr vorliegen. Die Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe können milcherzeugende Betriebe in die Liste der Almen nur mit vorherigem Bescheid des Milchwirtschaftsfonds aufnehmen."
Hinsichtlich des Beschwerdehinweises, die "T-Alm" sei in das Tiroler Almbuch eingetragen, ist vorweg festzuhalten, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 90/17/0386, eingehend dargelegt hat - aus einer landesgesetzlich vorgesehenen Almanerkennung eine Bindung für den Vollzugsbereich des Marktordnungsgesetzes nicht besteht.
Es ist weiters klarzustellen, daß die belangte Behörde nicht darauf abgestellt hat, die almmäßige BLOßE SOMMERBEWIRTSCHAFTUNG der "T-Alm" habe ihre Ursache in der Höhenlage und den klimatischen Verhältnissen.
Für den Beschwerdefall ist vielmehr entscheidend, ob die von der belangten Behörde im Ergebnis vertretene Rechtsauffassung zutreffend ist, es komme nicht bloß auf das Faktum der getrennten Bewirtschaftung an, sondern (überdies) darauf, daß eine gemeinsame Bewirtschaftung der in Rede stehenden Grünlandflächen mit dem Heimgut infolge ihrer Höhenlage und klimatischen Verhältnisse nicht möglich sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom 21. April 1994 ausgeführt hat, sind Grünlandflächen, die aus anderen betriebswirtschaftlichen Erwägungen als jenen, die in Höhenlagen und klimatischen Verhältnissen ihren Grund hätten, nur im Sommer und getrennt von den Heimgütern der auf ihnen gehaltenen Milchkühe bewirtschaftet würden, keine Almen im Sinne des § 71 Abs. 3 dritter Satz MOG 1985. Der Verwaltungsgerichtshof ist damit davon ausgegangen, daß es (auch) hinsichtlich der getrennten Bewirtschaftung nicht auf das bloße Faktum einer solchen ankommt. Es ist vielmehr entscheidend, daß diese getrennte Bewirtschaftung ihren Grund ausschließlich in der Höhenlage und den klimatischen Verhältnissen hat.
Im Hinblick auf die Seehöhe der in Rede stehenden Grünlandfläche von bloß 800 m und den unbestrittenen Umstand, daß diese Grünlandfläche an Flächen ganzjährig bewirtschafteter Betriebe anschließt, kann die von der belangten Behörde vorgenommene Würdigung des Sachverhaltes, daß die getrennte Bewirtschaftung der "T-Alm" ihre Ursache nicht ausschließlich in deren Höhelage und klimatischen Verhältnissen habe, nicht als unschlüssig, d.h. den Denkgesetzen und dem Erfahrungswissen widersprechend, beurteilt werden; dies auch nicht vor dem Hintergrund der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe sich mit den klimatischen Verhältnissen überhaupt nicht auseinandergesetzt. Wird doch in der Beschwerde nicht in konkretisierter Form dargetan, weshalb bei der gegebenen Höhelage der Grünlandfläche von bloß 800 m eine getrennte Bewirtschaftung in den klimatischen Verhältnissen - anders als bei den angrenzenden Flächen ganzjährig bewirtschafteter Betriebe - ihren Grund habe.
Konnte die belangte Behörde aber in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise davon ausgehen, daß eine getrennte Bewirtschaftung nicht ausschließlich in der Höhenlage und den klimatischen Verhältnissen ihren Grund hat, so war es nicht mehr entscheidend, ob faktisch eine getrennte Bewirtschaftung erfolgt oder nicht. Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, die belangte Behörde hätte aus dem Umstand, daß im Jahre 1984 gewisse Kultivierungen vorgenommen worden seien, unzulässigerweise den Schluß gezogen, es sei der Heuproduktion und nicht mehr dem Weidegang der Vorrang eingeräumt worden. Gleiches hat für die Beschwerderüge zu gelten, bei der von der Behörde herangezogenen Verbringung des auf der "T-Alm" gewonnenen Heues zum Heimgut habe es sich um eine einmalige Ausnahme gehandelt, die überdies nur eine geringe Heumenge betroffen habe, weshalb noch nicht auf eine gemeinsame Bewirtschaftung geschlossen werden könne.
Ebenso kommt der in der Beschwerde geltend gemachten Verletzung des Parteiengehörs hinsichtlich der Stellungnahme der Landesstelle Tirol des Milchwirtschaftsfonds vom "4.9.1989" (richtig wohl: 11. September 1989), die sachverhaltsmäßig auf eine Produktionsumstellung abstellt, keine Entscheidungswesentlichkeit zu.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtwidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Aufwandersatz war dem Bund als jenem Rechtsträger zuzusprechen, in dessen Namen die belangte Behörde in der Beschwerdesache gehandelt hat. Durch das AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376, hat sich, soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung, daran nichts geändert (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. April 1994).
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991170058.X00Im RIS seit
27.04.2001