TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/25 94/19/1226

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Veröffentlicht am 25.11.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1993, Zl. 4.342.223/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Ghanas, die am 11. Oktober 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. Oktober 1992, mit dem ihr Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin hat bei ihrer Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 15. Oktober 1992 angegeben, sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Togo und Nigeria aufgehalten zu haben. Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin und damit die Versagung von Asyl, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, ausschließlich darauf gestützt, daß die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Aufenthaltes in diesen beiden Ländern bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb ausgehend von § 2 Abs. 2 Z. 3 des im Beschwerdefall gemäß seinem § 25 Abs. 2 anzuwendenden Asylgesetzes 1991 die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme. Die belangte Behörde befaßte sich hiebei näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit", wobei sie im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und insbesondere dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die Beschwerdeführerin hat aber in der Beschwerde geltend gemacht, die Staaten Togo und Nigeria arbeiteten eng mit der Polizei in Ghana zusammen. Wäre die Beschwerdeführerin in einem dieser Staaten aufgegriffen worden oder hätte sie einen Asylantrag gestellt, hätte man sie - ihren Ausführungen zufolge - insbesondere auch deshalb nach Ghana abgeschoben, weil sie als politische Straftäterin gegolten habe.

Mit diesen Ausführungen bringt die Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen aber nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - die Beschwerdeführerin bereits in diesen Staaten, die Mitglieder der Genfer Flüchtlingskonvention seien, Verfolgungssicherheit erlangt habe und nichts dafür spreche, daß diese Staaten die sich aus ihrer Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in Artikel 33 dieser Konvention verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässigten.

Die Beschwerdeführerin hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihr im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb ihre Rüge, es lägen in dieser Hinsicht Verfahrensverletzungen vor, berechtigt ist. Daraus ergibt sich weiters, daß die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuwisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalsatz für den Schriftsatzaufwand enthalten und ein darüber hinausgehender Ersatz von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994191226.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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