TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/25 94/02/0070

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Veröffentlicht am 25.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §13a;
AVG §39 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. Dezember 1993, Zl. MA 64-PB/183/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. April 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten ersten Wiener Gemeindebezirk in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 19.00 Uhr geltenden Kurzparkzone (höchstzulässige Parkdauer eineinhalb Stunden) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 StVO abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof dieser hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse eines Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

Der Beschwerdeführer begründete sein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Verwaltungsverfahren damit, daß er das Fahrzeug in Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit mehrmals am Tag zum Warentransport (Schlüsselrohlinge einholen sowie Stahl- und Metallwaren abholen) benötige. Die Parkzeit bzw. die Zeit für den Warentransport sei individuell verschieden und richte sich nach dem Bedarf der unbedingt notwendigen Einholung von Rohlingen zur Anfertigung von Schlüsseln im Gewerbe des Schlüsseldienstes sowie nach dem Bedarf der unbedingt notwendigen Einholung von Ersatzteilen für die Reparatur von Messern und Scheren im Gewerbe eines Messerschmiedes. Im Zeitraum von ca. drei Monaten seien hiefür 14 Fahrten notwendig gewesen.

Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß es eine Überspannung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers sei, wenn die Behörde die Auffassung vertrete, daß er alle anspruchsbegründenden Umstände bekannt geben habe müssen, andernfalls eine Ausnahmebewilligung nicht erteilt werden könne. Die belangte Behörde hätte vielmehr durch geeignete Manuduktion das entsprechende Vorbringen seinerseits bewirken müssen.

Dem ist zu entgegnen, daß im Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen hat, was zur Begründung seines Standpunktes tauglich ist; die Manuduktionspflicht der Behörde gemäß § 13a AVG bezieht sich nicht auf inhaltliches Vorbringen.

Der Beschwerdeführer meint ferner, seine Gewerbeberechtigungen seien der belangten Behörde zur Verfügung gestanden und schon daraus hätte erkannt werden können, daß er die Gewerbe im vollen Umfang ausübe. Er schleife unter anderem Schnitteile diverser Stahlmaschinen, insbesondere Rasenmäher, die auch zum Aufsitzen und Selbstfahren ausgerüstet seien, aber auch gewerbliche Großwurstschnittmaschinen. Für gewerbliche Betriebe schleife er in die Hunderte gehende Ganituren von Bestecken und liefere Stahlwaren verschiedenster Gewichts- und Größenklassen aus. Aufgrund der Lage seines Geschäftes sei er gezwungen, seinen Kundenkreis durch persönliche Abholung und Zustellung zu betreuen, ansonsten er diesen verlieren würde. Es ergebe sich aus der Natur der Sache, daß etwa eine Großwurstschnittmaschine mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht abgeholt oder zugestellt werden könne. Da er oft Postarbeiten auszuführen habe, müsse er das Auto stets zur Verfügung haben, um einer Reparaturaufforderung sofort entsprechen zu können.

Auch mit diesem Vorbringen tut der Beschwerdeführer nicht dar, daß wirtschaftliche Interessen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung rechtfertigten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in Auslegung der Bestimmung des § 45 Abs. 2 StVO 1960 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung von derartigen Ausnahmebewilligungen ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 leg. cit. ist daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279). Dabei muß die Möglichkeit, einen in angemessener Entfernung gelegenen Abstellplatz in einer Parkgarage zu mieten, jedenfalls ausgeschöpft werden. Dem Beschwerdeführer wäre es damit auch möglich, jederzeit über sein in Nähe seines Geschäftslokales abgestelltes Autos zu verfügen und für "Postarbeiten" in Betrieb zu setzen. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, daß ihm die Anmietung eines Stellplatzes "wirtschaftlich nicht erträglich" sei, unterläßt er es, dies näher darzulegen. Daß die Beladung des Fahrzeuges innerhalb der in der Kurzparkzone höchstzulässigen Parkdauer nicht möglich wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Für die Abholung und Lieferung von Kleinteilen ist der Beschwerdeführer schließlich darauf zu verweisen, daß ihm bei Anwendung des von der Rechtsprechung geforderten "strengen Maßstabes" auch die Verwendung von Taxis oder öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist.

Da die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer angestrebte Ausnahmebewilligung zu Recht versagt hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020070.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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