TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/29 94/20/0036

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Veröffentlicht am 29.11.1994
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 4. März 1994, Zl. Wa-80/94, betreffend Entziehung des Waffenpasses und der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten entzog dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 9. Februar 1994 gemäß § 20 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Waffengesetz, BGBl. Nr. 443/1986 (im folgenden: WaffG), den am 9. Juni 1992 für zwei Faustfeuerwaffen ausgestellten Waffenpaß (Duplikat) Nr. 127472 sowie die am 25. November 1976 für zwanzig Faustfeuerwaffen ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. 087503.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß die bezogenen Gesetzesstellen "§ 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 und 3 des Waffengesetzes 1986, BGBl. Nr. 443" zu lauten hätten. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer besitze die waffenrechtliche Verläßlichkeit nicht mehr, weil er am 6. Oktober 1993 eine Faustfeuerwaffe (in ungeladenem Zustand, aber mit angestecktem Magazin) auf dem Dach seines Geländewagens abgelegt habe, sodaß es in weiterer Folge während der Fahrt mit diesem Fahrzeug geschehen konnte, daß diese Waffe vom Dach fiel und am 7. Oktober 1993 von einer anderen Person in Aschbach auf der Fahrbahn der B 122 gefunden werden konnte. Des weiteren habe der Beschwerdeführer am 6. Oktober 1993 einen Koffer, in dem sich eine Faustfeuerwaffe befunden habe, auf dem Parkplatz der Schießstätte des Feuerschützenvereines 1864 in Amstetten zurückgelassen. Ein LKW-Fahrer habe am 7. Oktober 1993 diesen Koffer samt der darin befindlichen Faustfeuerwaffe aufgefunden. Bei diesen vorerwähnten Ereignissen habe der Beschwerdeführer seine Sorgfaltspflicht im Umgang und bei der Verwahrung von Faustfeuerwaffen gröblichst verletzt. Die vom Beschwerdeführer dargelegten Umstände, wie es zum Verlust dieser Faustfeuerwaffen gekommen sei, seien nicht geeignet, ihn zu entschuldigen. Des weiteren könne aufgrund fehlender positiver Tatsachen im Zusammenhalt mit dem Umstand, daß der Beschwerdeführer mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Amstetten vom 23. März 1990 wegen des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z. 4 und 5 WaffG rechtskräftig bestraft worden sei, die Annahme, er werde Waffen nicht an Personen überlassen, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind, nicht aufrecht erhalten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht "seinen Waffenpaß sowie seine Waffenbesitzkarte weiter innezuhaben bzw. künftig Waffen zu besitzen und zu benützen" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer gesteht ausdrücklich zu, daß ihm an dem Vorfall vom 6. Oktober 1993 "zweifelsfrei ein Versehen" anzulasten sei. Er wirft der belangten Behörde aber vor, sie habe die näheren Umstände, insbesonders, daß die Waffe ungeladen gewesen und der Beschwerdeführer abgelenkt worden sei, nicht berücksichtigt. Die bisherige Tätigkeit des Beschwerdeführers - er sei als Sportschütze gewohnt, mit Faustfeuerwaffen umzugehen und er sei in seinem Schießverein für Sicherheitsfragen zuständig - zeige, daß er an sich verläßlich sei. Eine Entziehung seiner waffenrechtlichen Urkunden erscheine daher als zu rigorose Maßnahme. Der Hinweis auf die Strafverfügung vom 23. März 1990 müsse ins Leere gehen, weil auch aus dieser nicht ersichtlich wäre, daß der Beschwerdeführer eine unzuverlässige Person sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen und eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 leg. cit. Eine Person ist danach als verläßlich im Sinne des WaffG anzusehen, wenn Tatsachen unter anderem die Annahme rechtfertigen, daß sie mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird (§ 6 Abs. 1 Z. 2 leg. cit.). Bei der Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung in § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0327, und die dort zitierte Judikatur). Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von OBJEKTIVEN Momenten ab.

Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt betreffend die Art und Weise des Umganges bzw. der Verwahrung und den Vorgang, der zum Verlust der Waffe führte, darzutun. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, daß der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen - d.h. insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umgangs bzw. sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, dann ist die Behörde schon aufgrund der Tatsache des Verlustes zu der Annahme berechtigt, daß der Berechtigte die beim Umgang mit bzw. der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1993, Zl. 92/01/0234).

Von diesen Grundsätzen ausgehend erweist sich der von der belangten Behörde aus dem - auch vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Verlust der beiden Faustfeuerwaffen gezogene Schluß, der Beschwerdeführer habe die objektiv gebotene Sorgfalt bei der Verwahrung von Waffen nicht eingehalten, aber nicht als rechtswidrig. Die im konkreten Einzelfall vom Beschwerdeführer gewählte Art und Weise des Umganges mit seinen Faustfeuerwaffen, nämlich die eine auf dem Dach seines Fahrzeuges und die andere in einem auf dem Parkplatz verbliebenen Koffer zurückzulassen, kann aus objektiver Betrachtung jedenfalls nicht als sorgfältig bzw. eine den konkreten Umständen nach angemessene Verwahrungsart angesehen werden, weil dadurch nicht gewährleistet ist, daß die Waffen nicht in die Hände unberufener Personen gelangen.

Die in der Beschwerde ins Treffen geführte Ablenkung durch andere Ereignisse vermag dem Standpunkt des Beschwerdeführers nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil damit zugestanden wurde, daß der Beschwerdeführer der Verwahrung seiner Waffen nicht genügend Aufmerksamkeit (Sorgfalt) gewidmet und auch sonst keine Vorkehrungen gegen einen Verlust dieser Waffen getroffen hat. Die vom Beschwerdeführer vermißte Auseinandersetzung mit "näheren Umständen dieses Vorfalls" erweist sich daher - schon mangels eines tauglichen Vorbringens, welches geeignet gewesen wäre, die Annahme der belangten Behörde zu erschüttern - als entbehrlich.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, daß die Waffe ungeladen gewesen sei, ist ihm zu erwidern, daß der Gebrauch von dem Zugriff zugänglichen Waffen durch Unbefugte nicht dadurch verhindert wird, daß die Waffen ungeladen oder durch Entfernen etwa des Magazins nicht gebrauchsfähig sind. Denn der ungehinderte Zugriff zu den Waffen ermöglicht es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Laden bzw. Ergänzung fehlender Teile verwendungsfähig zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/01/0191). Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG abgesprochen hat. Daran vermag auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer Sportschütze und in seinem Verein für Sicherheitsfragen zuständig ist, nichts zu ändern.

In Ansehung der dem Beschwerdeführer auch im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 WaffG abgesprochenen Verläßlichkeit beschränken sich die Beschwerdeausführungen darauf, die aus der Bestrafung mit der rechtskräftig gewordenen Strafverfügung vom 23. März 1990 von der belangten Behörde gezogenen Schlußfolgerungen zu bestreiten. In der Beschwerde wird aber nicht dargelegt, warum gerade aus dem dieser Strafverfügung zugrunde liegenden Sachverhalt ersichtlich sein sollte, daß der Beschwerdeführer "keinesfalls eine unzuverlässige Person im Sinne des Waffengesetzes" sei, weshalb diese Ausführungen nicht nachvollziehbar sind.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200036.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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