TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/29 94/14/0093

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Veröffentlicht am 29.11.1994
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §18 Abs1 Z3 litc;
EStG 1988 §18 Abs1 Z3 litd;
EStG 1988 §18 Abs3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. Mai 1994, Zl. 44/9-5/Ae-1994, betreffend Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat gemeinsam mit seiner Ehefrau 1990 Teile eines landwirtschaftlichen Anwesens gemietet, und zwar eine Wohnung im Obergeschoß und die anschließende Garage sowie ein unausgebautes Dachgeschoß. Der Beschwerdeführer übernahm die Instandsetzung der Wohnung im Obergeschoß, den Umbau des im Obergeschoß angrenzenden Raumteiles in einen Vorraum der Wohnung und den Ausbau des Dachgeschoßes in eine Wohnung. Die Vermieter und Eigentümer des Gebäudes nahmen beim Land ein Wohnhaussanierungsdarlehen auf, aus dem ein Teil der dem Beschwerdeführer durch die Sanierung und den Um- bzw. Ausbau entstehenden Ausgaben gedeckt wurde. Der Beschwerdeführer übernahm die Bürgschaft für das Darlehen und verpflichtete sich gegenüber den Vermietern, die laufenden Zahlungen aus dem Darlehen zu tragen. Der Mietvertrag wurde auf 20 Jahre abgeschlossen. Nach ihm sollen bei Beendigung des Mietverhältnisses nach 20 Jahren "die jetzigen Verbesserungen am Mietobjekt entschädigungslos in das Eigentum der Vermieter" übergehen.

Der Beschwerdeführer machte für das Jahr 1990 Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c und d EStG 1988 für seine Instandsetzungsaufwendungen und die Darlehensrückzahlungen für solche Instandsetzungsaufwendungen jeweils hinsichtlich der von ihm im Obergeschoß gemieteten Wohnung geltend. Er behauptete, daß sich diese Instandsetzungsaufwendungen schon deshalb von den Aufwendungen für die Schaffung neuen Wohnraumes, die das Dachgeschoß beträfen, trennen ließen, weil 1990 nur Aufwendungen für Instandsetzungen der Wohnung im Obergeschoß erfolgt seien.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde die Anerkennung dieser Sonderausgaben mit der Begründung, die bereits durchgeführten bzw. in weiterer zeitlicher Folge noch durchzuführenden baulichen Maßnahmen müßten als Gesamtheit betrachtet werden. Sie stellten überwiegend und schwerpunktmäßig keine Instandhaltung (Reparatur) des alten Gebäudebestandes dar, sondern eine Neuherstellung unter Einbeziehung der alten Baustruktur. Laut Baubeschreibung, Baubewilligungsbescheid und Bauplan seien derart umfassende Baumaßnahmen gesetzt worden, die keine begünstigte Wohnraumsanierung erkennen ließen. Insbesondere sei die durch Grundrißumbildung bzw. Vergrößerung von Wohnraum eintretende Veränderung der Wohnraumfläche, das Abtragen von Wänden und Neuerrichtung derselben, keine Sanierungsmaßnahme. Der Aufwand müßte daher in seiner Gesamtheit als Wohnraumschaffung und somit als Errichtungskosten eines Eigenheimes beurteilt werden. Der Sanierungseffekt sei vernachlässigbar. Da es sich um Errichtungskosten handle, erfülle der Beschwerdeführer als Mieter und Nichteigentümer der Liegenschaft nicht den Tatbestand eines Errichters im Sinne des § 18 Abs 1 Z. 3 lit. b EStG 1988. Das Förderungsdarlehen sei nicht dem Beschwerdeführer als Mieter, sondern den Vermietern als Grundeigentümern zuerkannt worden. Es sei nicht dem Beschwerdeführer zugeflossen. Besondere Bedeutung sei dem Umstand beizumessen, daß der formelle Mietvertrag vom 20. Dezember 1990 rückwirkend auf den 1. Jänner 1990 geschlossen worden sei. Da nach 20 Jahren die Verbesserungen entschädigungslos in das Eigentum der Vermieter übergingen, der vereinbarte monatliche Mietzins nur etwa ein Fünftel des üblichen für vergleichbare Wohnungen ausmache, würden die Kosten der baulichen Maßnahmen letztendlich nicht vom Mieter getragen, sondern von den Vermietern und vom Mieter nur für diese bevorschußt.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Geltendmachung der Absetzbarkeit von Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c und d EStG 1988 hinsichtlich eines Betrages von S 90.000,-- für Wohnraumsanierung im Jahre 1990 verletzt. Er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sonderausgaben für die Rückzahlung von Darlehen, die für die Sanierung von Wohnraum aufgenommen wurden, sowie für Zinsen für derartige Darlehen, wurden im Grunde des § 18 Abs 1 Z. 3 lit. d EStG 1988 von der belangten Behörde zu Recht nicht als Sonderausgaben des Beschwerdeführers anerkannt, weil dem Beschwerdeführer kein solches Darlehen gewährt worden ist. Das Darlehen wurde den Vermietern gewährt. Der Beschwerdeführer hat lediglich dessen Rückzahlung übernommen. Der Beschwerdeführer zahlt daher ein fremdes Darlehen zurück. Erforderlich für die Sonderausgabeneigenschaft der Rückzahlung von Darlehen ist aber, daß der Steuerpflichtige oder ein Angehöriger des begünstigten Personenkreises zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist, oder daß der Steuerpflichtige von seinem Rechtsvorgänger, der seinerzeit das Darlehen zur Wohnraumsanierung aufgenommen und verwendet hat, die Rückzahlungsverpflichtung übernommen hat (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 77 zu § 18). All dies trifft beim Beschwerdeführer auch nach seinem Vorbringen in der Beschwerde nicht zu.

Im übrigen erweist sich die Beschwerde als berechtigt:

Der Beschwerdeführer hat von sich aus Sonderausgaben für Schaffung neuen Wohnraumes nicht geltend gemacht, sondern sein Begehren auf die Instandsetzungsaufwendungen oder Herstellungsaufwendungen für die Wohnung im Obergeschoß beschränkt. Aufwendungen für Wohnraumsanierung - darunter fallen sowohl Instandsetzungsaufwendungen als auch Herstellungsaufwendungen - sind unabhängig vom Rechtstitel, unter dem die Benützung des Wohnraums erfolgt, also auch vom Mieter als Sonderausgaben absetzbar (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 68 zu § 18).

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid "Instandhaltung (Reparatur) des alten Gebäudebestandes" von der Neuherstellung, worunter sie offenbar die Neuschaffung von Wohnraum versteht und nicht Herstellungsaufwendungen iSd § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988, abgrenzt, liegt schon darin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Gerade Instandhaltungsaufwendungen sind nämlich vom § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 überhaupt nicht erfaßt. Anhaltspunkte dafür, daß die Aufwendungen des Beschwerdeführers in die Wohnung im Obergeschoß lediglich Instandhaltung betroffen hätten, hat die Aktenlage nicht ergeben.

Entscheidungswesentlich war daher nur die Abgrenzung zwischen Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen einerseits und Neuschaffung von Wohnraum (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 71 zu § 18) andererseits.

Die belangte Behörde hat die Rechtsansicht vertreten, die baulichen Maßnahmen an der vom Beschwerdeführer angestrebten Wohnung, dürften nur in ihrer Gesamtheit - also einheitlich - beurteilt, also entweder zur Gänze als Wohnraumsanierung oder als Wohnraumschaffung eingestuft werden.

Diese Ansicht findet im Gesetz keine Stütze. § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 spricht von Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum und nicht von Ausgaben zur Sanierung von Wohnungen. Eine einheitliche Betrachtung für die Wohnung ist durch das Gesetz daher nicht geboten.

Einer getrennten Betrachtung steht daher solange nichts im Wege, als sich die Aufwendungen dieser verschiedenen Kategorien tatsächlich trennen lassen. Daß eine solche Trennung hier nicht möglich wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Nur im Falle der Untrennbarkeit könnte aber davon gesprochen werden, daß die Sanierung in der Neuschaffung von Wohnraum aufgehe. Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer besonders hervorgehoben, daß bereits der zeitliche Ablauf der Maßnahmen die Trennbarkeit der Aufwendungen begründe. Eine Unrichtigkeit dieser Behauptung hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Sollten bereits 1990 im Obergeschoß Aufwendungen erfolgt sein, die die Schaffung des neuen Vorraums betrafen, wäre zu prüfen gewesen, ob sich diese Aufwendungen vom Sanierungsaufwand trennen lassen. Der Verwaltungsgerichtshof kann auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht erkennen, daß deren rechtliche Schlußfolgerung, der Sanierungseffekt sei vernachlässigbar, zutrifft. Die ursprüngliche Wohnung im Obergeschoß umfaßte nämlich vier Zimmer mit Vorraum, WC und Bad und stellt den bei weitem überwiegenden Teil der nach der Sanierung im Obergeschoß gelegenen Wohnräume dar, wobei lediglich ein Vorraum von 16,15 m2 als Wohnraum neu geschaffen wurde. Daß aus zwei Zimmern durch Entfernung einer Wand ein großer Raum für Essen und Kochen gewonnen wurde, stellte eine Veränderung an der Bausubstanz vorhandenen Wohnraumes, also Herstellungsaufwand und damit Wohnraumsanierung iSd § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 dar (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Tz 71 zu § 18).

Der Feststellung der belangten Behörde, der Mietvertrag sei rückwirkend geschlossen worden, steht die bisher unwiderlegte Aussage des Punktes XI der Mietvertragsurkunde vom 20. Dezember 1990 entgegen, in der es lautet: "Bemerkt wird jedoch, daß bereits ein mündlicher Vertrag vorausgegangen ist."

Die belangte Behörde durfte daher auch einer angeblichen "Rückwirkung" keine "besondere Bedeutung" beimessen.

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht entnehmbar, welche Art von Mietobjekten die belangte Behörde ihrem Mietzinsvergleich und damit ihrer Feststellung, "Mieten in dieser Wohngegend ... werden üblicherweise im fünffachen Ausmaß der gegenständlichen Miete vereinbart und auch gezahlt", zugrundegelegt hat, ob bereits in ordnungsgemäßen Zustand versetzte, zeitgemäßen Anforderungen entsprechende Wohnungen, oder desolate Objekte, die erst saniert und ausgebaut werden müssen wie das gegenständliche. Dieser Begründungsmangel ist aber unwesentlich, weil es für die Sonderausgabeneigenschaft von Sanierungsaufwendungen des Mieters im Sinne des § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 nicht darauf ankommt, ob der Mieter einen angemessenen Mietzins zahlt und ob seine Sanierungsaufwendungen nach Ablauf des Mietvertrages entschädigungslos an den Vermieter fallen.

Die belangte Behörde hat daher hinsichtlich der vom Beschwerdeführer für das Jahr 1990 behaupteten Aufwendungen für Wohnraumsanierung im Sinne des § 18 Abs 1 Z. 3 lit. c EStG 1988 die Rechtslage verkannt und solcherart den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt.

Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs 2 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994140093.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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