TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/29 94/05/0117

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Veröffentlicht am 29.11.1994
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §134 Abs7;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr.Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B & Co. GmbH in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. März 1994, Zl. MD-VfR-B XXIII-84/93, betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 16. November 1993, Zl. MA 37/23-X-Straße 287/7060/92, wurde der Anneliese H. und der Sylvia G. als "Eigentümer des Hauses und der Liegenschaft 23. Bezirk, X-Straße ONr. 287, EZ. 3194 der Kat.-Gem. I" unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides "die dem Konsens nicht entsprechenden Gebäude, und zwar das teilweise unterkellerte, zweigeschoßige Betriebs- und Wohngebäude, das Lagergebäude, das Flugdach (Lagerschuppen), den Brunnen, die Rampe, die Hauskanalanlage sowie die befestigten Flächen im Vorgarten und das Flugdach beim Betriebsgebäude, zu beseitigen".

Mit Bescheid derselben Behörde, gleichfalls vom 16. November 1993, wurde "der Antrag der Firma B & Co Bauges.m.b.H. auf Zustellung des Bescheides vom 16. 11. 1993, Zl. MA 37/23 - X-Straße 287/7060/93, abgewiesen".

Diese Entscheidung wurde mit der mangelnden Parteistellung der Beschwerdeführerin begründet.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. März 1994 wurde die gegen den letztgenannten Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und dieser erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die Berufungsbehörde wies in der Begründung ihres Bescheides darauf hin, daß die Beschwerdeführerin an jenem Verfahren, welches zur Erlassung des Auftrages vom 16. November 1993 geführt habe, als Beteiligte teilgenommen habe, sodaß es ihr möglich gewesen sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie habe dabei nichts vorgebracht, was der Annahme der Behörde erster Instanz entgegenstünde, daß die vom Bauauftrag erfaßten Baulichkeiten wegen der mangelnden Übereinstimmung mit den erteilten baubehördlichen Bewilligungen zu beseitigen seien. Die Frage, wem der Beseitigungsauftrag zu erteilen gewesen sei, sei offen geblieben, da sowohl die Grundeigentümerinnen als auch die (Beschwerdeführerin als) Bestandnehmerin das Eigentum an den Baulichkeiten beansprucht hätten. Die Frage, wer Eigentümer dieser Baulichkeiten sei, könne als zivilrechtliche Frage von der Baubehörde nicht entschieden werden. Sie könnte als Vorfrage gemäß § 38 AVG beurteilt werden, doch enthalte die Bauordnung für Wien im § 129b Abs. 2 eine Regelung, die in bestimmten Fällen die baubehördliche Auftragserteilung auch ohne die Beurteilung der Eigentumsverhältnisse zulasse. Nach einer Wiedergabe des Wortlautes dieser Bestimmung meinte die Berufungsbehörde sodann, daß der Liegenschaftseigentümer seiner Verpflichtung zur Angabe des (richtigen) Bauwerkseigentümers nicht nachgekommen sei, wenn er auf Anfrage der Behörde einen Dritten fälschlich als Eigentümer von Baulichkeiten angegeben habe und sich der Dritte erfolgreich gegen einen ihm erteilten Auftrag mit der Begründung gewehrt habe, er sei in Wahrheit nicht Eigentümer. Die Angabe eines falschen Eigentümers sei der Nichtangabe eines Eigentümers gleichzuhalten. In Fällen dieser Art könne die Behörde daher gemäß § 129b Abs. 2 dritter Satz der Bauordnung für Wien ihren Bescheid an den Liegenschaftseigentümer richten. Die Bescheidzustellung habe zwar keinen Einfluß auf die Eigentumsverhältnisse, bestimme jedoch jene Person, die gegenüber der Baubehörde für die bauordnungswidrigen Zustände auf der Liegenschaft verantwortlich sei. Bezeichne sich der Liegenschaftseigentümer selbst als Eigentümer der auf seiner Liegenschaft vorhandenen Baulichkeiten, und sei diese Erklärung richtig, dann ergebe sich für die baubehördliche Auftragserteilung kein Problem. Sei die Erklärung aber unrichtig, dann habe dies die gleiche Folge wie die unrichtige Bezeichnung eines Dritten als Bauwerkseigentümer. Der baubehördliche Auftrag dürfe dem Liegenschaftseigentümer erteilt werden, weil die Erteilung einer falschen Auskunft über die Eigentumsverhältnisse der Verweigerung der Auskunft gleichkomme. In dem Fall, in dem der Liegenschaftseigentümer behaupte, auch Eigentümer der Baulichkeiten auf seiner Liegenschaft zu sein, sei die Baubehörde somit unabhängig von der Richtigkeit der Auskunft berechtigt, den Auftrag zur Beseitigung bauordnungswidriger Zustände an den Liegenschaftseigentümer zu richten. Die Frage, ob der Liegenschaftseigentümer durch eine falsche Auskunft gegenüber der Baubehörde und die nachfolgende Erlassung und allfällige Vollstreckung eines baubehördlichen Auftrages gegenüber dem wahren Bauwerkseigentümer schadenersatzpflichtig werde, sei von der Baubehörde nicht zu beantworten. Am Rande sei bemerkt, daß die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsmittel zwar eine Korrespondenz und zwei Gerichtsurteile nachgereicht habe, diese Unterlagen aber eine eindeutige Beantwortung der Eigentumsfrage noch nicht zuließen. Insbesondere fehle noch eine gerichtliche Feststellung des Eigentums in einem Urteilsspruch. Gelegentliche Ausführungen in den Entscheidungsgründen seien einer solchen Feststellung nicht gleichzuhalten. Der Umstand, daß bau- und gewerbebehördliche Bescheide an die Beschwerdeführerin als Antragstellerin ergangen seien, sei hier bedeutunglos. Die Antragslegitimation in diesen Verfahren setze das Eigentum an den Baulichkeiten nicht voraus. Der Auftrag vom 16. November 1993 sei somit zu Recht an die Liegenschaftseigentümer gerichtet worden und nur diese seien gemäß § 134 Abs. 7 der Bauordnung für Wien Parteien des Auftragsverfahrens. Die Beschwerdeführerin habe mangels Parteistellung in diesem Verfahren auch keinen Anspruch auf Zustellung eines Bescheides.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Liegenschaftseigentümerinnen haben bei der im Gegenstande am 12. Oktober 1993 stattgefundenen Verhandlung erklärt, Eigentümerinnen der "konsenslos errichteten Gebäude" zu sein, weshalb der unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 16. November 1993 erlassene Beseitigungsauftrag - nur - an Anneliese H. und Sylvia G. "als Haus- und Liegenschaftseigentümer" zugestellt worden ist. Für die Baubehörden bestand kein Grund zu der Annahme, daß sich die von diesem baupolizeilichen Auftrag erfaßten Gebäude - entgegen der von den Liegenschaftseigentümerinnen anläßlich der erwähnten Verhandlung abgegebenen Erklärung - im Eigentum der Beschwerdeführerin befinden, zumal sie ihre diesbezügliche Behauptung in der Bauverhandlung in keiner Weise begründet haben. Auch aus dem in der Beschwerde besonders hervorgehobenen, zwischen den Liegenschaftseigentümerinnen und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Pachtvertrag ergibt sich nicht, daß die Beschwerdeführerin Eigentümerin der in Rede stehenden Gebäude ist, weil es danach der Pächterin "gestattet ist, auf dem Grundstück NACH EINGEHOLTER GENEHMIGUNG DER BEHÖRDE Bauten aller Art aufzuführen, die aber natürlich nicht in das Eigentum der Verpächter übergehen, sondern im Eigentum der Pächterin bleiben". Gerade das Erfordernis der behördlichen Genehmigung wird aber hinsichtlich der vom erwähnten Beseitigungsauftrag erfaßten, nach dem Spruch des erwähnten Bescheides vom 16. November 1993 "dem Konsens nicht entsprechenden", also durch eine Baubewilligung nicht gedeckten Gebäude nicht erfüllt. Im übrigen ist nicht zu erkennen und wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt, inwiefern sich aus den "als Broschüren dieser Beschwerde beigelegten Urkunden" ergeben sollte, daß sie Eigentümerin der vom erwähnten Beseitigungsauftrag erfaßten Gebäude ist. Die Baubehörden sind daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Beseitigungsauftrag den Liegenschaftseigentümern zu erteilen war. Der bei der Bauverhandlung abgegebenen Erklärung der Beschwerdeführerin, Eigentümerin der Gebäude zu sein, wurde daher von der belangten Behörde berechtigterweise keine entscheidende Bedeutung beigemessen, zumal sich die Beschwerdeführerin geweigert hatte, die Rechtsgrundlage für die Richtigkeit ihrer Behauptung anzugeben. Dem von der Beschwerdeführerin als "schwerwiegenden Begründungsmangel" relevierten Umstand, daß die diesbezüglich "ausdrücklich aufgestellte Behauptung ... weder im Bescheid (in der Begründung) zitiert, noch einer rechtlichen Beurteilung unterzogen" worden sei, kommt angesichts der vorstehenden Erwägungen des Gerichtshofes keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zu. Im übrigen wurde bereits in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich erwähnt hat, auch die Bestandnehmerin, also die Beschwerdeführerin, habe das Eigentum der in Rede stehenden Baulichkeiten beansprucht.

Der Beschwerdeführerin ist daher in dem Verfahren über die Erlassung des baubehördlichen Beseitigungsauftrages in Ermangelung eines aus der Bauordnung ableitbaren Rechtsanspruches oder rechtlichen Interesses im Sinne des § 8 AVG keine Parteistellung zugekommen, weshalb durch die Abweisung des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Antrages auf Zustellung des diesbezüglichen Bescheides keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden sind. Die sohin unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Abschließend wird bemerkt, daß die Beschwerdeführerin, sollte sie tatsächlich Eigentümerin der Baulichkeiten sein, in der Lage ist, eine Vollstreckung des Auftrages in ihr Eigentum im Rahmen eines allfälligen Vollstreckungsverfahrens zu verhindern.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050117.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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