TE Vwgh Beschluss 1994/11/29 94/05/0315

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Veröffentlicht am 29.11.1994
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauRallg;
B-VG Art132;
ROG OÖ 1994 §36 Abs3;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache 1) des J in Linz, 2) der M in Linz, und 3) der R in Linz, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Leonding wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer machen in ihrer am 21. Oktober 1994 beim Gerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde geltend, mit Eingabe vom 18. März 1994 bei der Stadtgemeinde Leonding die Umwidmung ihres Grundstückes Nr. 720 des Grundbuches über die Kat. Gem. X von Grünland in Bauland begehrt zu haben. Für den Fall, daß der Gemeinderat dieser Stadtgemeinde die begehrte Umwidmung nicht beschließen sollte, hätten die Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 36 Abs. 3 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 ausdrücklich eine bescheidmäßige Erledigung beantragt. Das Stadtamt Leonding habe den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 7. Juli 1994 lediglich mitgeteilt, daß auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 23. Juni 1994 ihrem Ansuchen nicht stattgegeben werde, und betont, daß diese Mitteilung keinen Bescheid im Sinne des AVG darstelle. Die Urgenz der Beschwerdeführer, in dieser Angelegenheit einen - gegebenenfalls auch zurückweisenden - Bescheid zu erlassen, habe das Stadtamt Leonding mit Schreiben vom 27. September 1994 mit der Mitteilung beantwortet, daß eine bescheidmäßige Erledigung des Ansuchens der Beschwerdeführer nach dem OÖ Raumordnungsgesetz 1994 nicht vorgesehen sei. Gemäß Art. 132 B-VG und § 27 VwGG werde daher an den Verwaltungsgerichtshof der Antrag gestellt, über den Antrag der Beschwerdeführer "vom 18. 3. 1994 selbst in der Sache" zu "erkennen".

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Zufolge § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114/1993, haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind

1.

bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2.

wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1.

öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder

2.

diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

3.

Interessen Dritter nicht verletzt werden.

(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen gemäß Abs. 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.

..."

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist der wiedergegebene Abs. 3 nicht so zu verstehen, daß der vom Gemeinderat auf Grund von Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes zu fassende Beschluß darüber, ob die Voraussetzungen für eine derartige Änderung gegeben sind, Gegenstand eines Bescheides zu sein hat, welcher gegenüber demjenigen zu erlassen ist, welcher die Anregung zur Änderung des Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes gegeben hat. Diese Bestimmung verpflichtet den Gemeinderat vielmehr nur dazu, innerhalb von sechs Monaten nach dem Einlangen einer Anregung zur Planänderung in Beschlußform darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 dieser Gesetzesstelle gegeben sind, und bejahendenfalls das im Raumordnungsgesetz für diesen Fall vorgesehene Verfahren einzuleiten. Da im Gesetz ausdrücklich nur von "Anregungen" auf Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes die Rede ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daß etwa einem Grundeigentümer das Recht eingeräumt werden sollte, einen Antrag auf Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes zu stellen, auf dessen bescheidmäßige Erledigung der Einschreiter einen Rechtsanspruch haben soll. Der Gerichtshof teilt daher nicht die Auffassung der Beschwerdeführer, daß sie "ein subjektives Recht auf behördliche (bescheidmäßige) Entscheidung, und auch ein Rechtsschutzbedürfnis" besitzen, "gegen Untätigbleiben der Behörde einzuschreiten".

Mit dem Hinweis auf den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, können die Beschwerdeführer für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil darin ausgesprochen worden ist, daß ein Antragsteller gemäß Art. 132 B-VG beschwerdeberechtigt ist, der als PARTEI im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, auch wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann. Die Beschwerdeführer haben nämlich entsprechend den vorstehenden Erwägungen in dem die Erlassung einer Verordnung betreffenden Verfahren gemäß § 36 Abs. 3 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 keine Parteistellung und daher nicht einmal einen Rechtsanspruch auf eine allfällige Zurückweisung ihrer bloßen "Anregung".

Damit ist aber eine Prozeßvoraussetzung des § 27 VwGG nicht gegeben, weshalb sich die vorliegende Säumnisbeschwerde als unzulässig erweist. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zur Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Kassatorische Entscheidung Formalentscheidung Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050315.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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